Vermieterneugier
Die ärgste Wohnungsknappheit ist in Deutschland zwar inzwischen vorbei, die Vermieter sind aber unverändert neugierig gegenüber Wohnungsbewerbern. Doch auch wenn die Verhöre peinlich sind: Lügen sind verboten, wenn die Fragen Bezug zum Mietvertrag haben. Aus diesem Grund halten die Gerichte viele unangenehme Fragen für erlaubt.
Fragen darf der Vermieter nach den Vermögensverhältnissen (Landgericht LG Wuppertal, Az: 16 S 149/98) und nach dem aktuellen Arbeitgeber (LG Köln, Az: 1 S 73/83). Den Vermieter darf auch interessieren, ob die Mieter verheiratet sind (LG Landau in der Pfalz, Az: 1 S 226/84). Wer in diesen Fällen lügt, kann durch Anfechtung oder fristlose Kündigung seine Wohnung verlieren.
Doch wer den Vermieter belogen hat, muss nicht ewig zittern. Ein Mieter hatte angegeben, gegen ihn seien in den letzten fünf Jahren keine Räumungsklagen eingeleitet worden. Das war zwar gelogen. Trotzdem durfte dem Mieter nicht mehr gekündigt werden, als das zwei Jahre später herauskam. Da er die Miete die ganze Zeit über verlässlich gezahlt hatte, ließ das LG Wuppertal eine Kündigung nicht mehr zu (Az: 16 S 149/98).
Wie Pinocchio lügen, bis die Nase wächst, dürfen Mieter dagegen auf Fragen nach der Aufenthaltsberechtigung (Amtsgericht AG Wiesbaden, Az: 98 C 251/92), nach laufenden Ermittlungsverfahren (AG Hamburg, Az: 49 C 88/92) sowie nach der Art der Beendigung des vorigen Mietvertrags und Vorstrafen (AG Rendsburg, Az: 3 C 241/90). Gleiches gilt bei Fragen nach Kinderwunsch, Tierliebe, Musikgeschmack und Mitgliedschaft im Mieterverein. Erfährt der Hausherr später die Wahrheit, darf er wegen der Lügen weder kündigen noch den Mietvertrag anfechten.
Ehrlich zur Versicherung
Selbst der freundliche Herr Kaiser von Ihrer Versicherung wird böse, wenn man ihn belügt. Deshalb währt auch hier ehrlich am längsten. Das Versicherungsvertragsgesetz schreibt vor, dass der Kunde beim Abschluss einer Versicherung alle ihm bekannten Umstände angeben muss, die für den Versicherungsvertrag relevant sind. Welche das sind, hängt von der jeweiligen Versicherung ab.
Ein Magengeschwür kann beispielsweise für eine Berufsunfähigkeitsversicherung bedeutsam sein, während es in Bezug auf eine Lebensversicherung unerheblich ist (Oberlandesgericht OLG Hamm, 20 U 162/95). Verallgemeinern lässt sich wohl die Definition, die der Bundesgerichtshof (BGH) bezogen auf Lebensversicherungen und Gesundheitsschäden gewählt hat. Danach sind alle Beeinträchtigungen anzugeben, die nicht für jeden offenkundig belanglos sind oder alsbald vergehen (Az: IV ZR 99/93). Dass allein der Antragsteller sie für harmlos hält, ist egal (OLG Frankfurt am Main, Az: 19 U 44/94).
Wer auf solche relevanten Fragen bewusst lügt, riskiert den Verlust seines Versicherungsschutzes: Der Versicherer kann dann entweder den Vertrag anfechten oder von ihm zurücktreten. Bei unverschuldeten Täuschungen ist der Rücktritt zwar ausgeschlossen. Die Versicherung kann dann aber den Vertrag mit Wirkung für die Zukunft kündigen.
Die Folgen einer Lüge können noch schmerzhafter werden. Die Versicherung muss nämlich nicht zahlen, wenn die unterschlagene Tatsache Einfluss auf den Versicherungsfall hatte: So wollte eine vom Fahrrad gestürzte Frau von ihrer Unfallversicherung mehr als 15.000 Mark erstattet bekommen. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Frau bei der Unfallmeldung eine schon vorher bestehende Zuckerkrankheit verschwiegen hatte, lehnte die Versicherung eine Zahlung jedoch ab. Zu Recht, befand das OLG Nürnberg (Az: 8 U 2871/97), denn die Zuckerkrankheit der Frau könnte den Heilungsprozess verlängert haben.
Ausnahmen von diesem Recht zur Leistungsverweigerung gibt es nur dann, wenn der Betroffene schuldlos die Unwahrheit gesagt hat oder die Lüge keinerlei Einfluss auf den Versicherungsfall hatte (LG Itzehoe, Az: 2 O 143/97).
TiPP:
Auch wenn der Versicherungsvertreter Ihnen sagt, die Angaben seien nicht wichtig schreiben Sie alles auf. Was Sie dem Vertreter als "Auge und Ohr" der Versicherung mitgeteilt haben, muss diese zwar gegen sich gelten lassen (BGH, Az: IV ZR 15/99), doch mündliche Absprachen lassen sich schwer beweisen.
-
- Was können Mitarbeiter tun, die eine Weiterbildung absolvieren möchten? Einen Anspruch darauf können Tarifverträge oder andere Vereinbarungen sichern. Weitere Regeln.
-
- Arbeitgeber müssen unter bestimmten Bedingungen einen Yogakurs als Bildungsurlaub anerkennen – das entschied das Berliner Landesarbeitsgericht (Az. 10 Sa 2076/18)....
-
- Corona, Finanzen und Recht: Hier lesen Sie, welche Hilfen es für Privatleute und Unternehmer in Nöten noch gibt und was für gekaufte Tickets und laufende Verträge gilt.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.