
Dr. Christine Allwang ist Leitende Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum rechts der Isar in München. © Sylvia Willax / Klinikum rechts der Isar
Stress oder Angst erhöhen das Long-Covid-Risiko, sagt Christine Allwang, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
Etwa 10 bis 20 Prozent der mit SARS-CoV-2 infizierten Menschen können Long Covid entwickeln. Was beeinflusst die Entstehung?
Hier wirken verschiedene körperliche und psychosoziale Faktoren zusammen. Man liest öfter, Long Covid sei eine psychosomatische Erkrankung. Dem würde ich widersprechen. Aber es gibt mittlerweile viel Evidenz, dass psychosoziale Belastungen eine große Rolle spielen.
Welche Belastungen sind das?
Große Studien zeigen ein erhöhtes Long-Covid-Risiko für Menschen, die vor der Infektion an Einsamkeit litten, viel Stress oder depressive Symptome hatten. Relevant ist auch die Sorge davor, dass nach einer Corona-Infektion die Beschwerden anhalten. Kommen zwei Punkte zusammen, ist das Long-Covid-Risiko um 50 Prozent erhöht.
Wichtig: Die meisten Betroffenen hatten vorher keine Diagnose für eine psychische oder psychosomatische Erkrankung.
Lässt sich aus den Erkenntnissen ableiten, wie man Long-Covid-Patienten besser behandeln kann?
Wichtig ist, dass sie eine ordentliche Diagnostik erhalten – auf körperlicher und psychosomatischer Ebene. Ärztinnen und Ärzte sollten fragen, ob es eine psychosoziale Belastung, ängstliche oder depressive Symptome gibt. Falls ja, ist psychotherapeutische Hilfe angezeigt. Das gilt auch für andere Erkrankungen: Depressive Symptome nach einem Herzinfarkt gehören ebenso behandelt wie hoher Blutdruck, da beides Risikofaktoren für einen weiteren Herzinfarkt sind.
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Ja, es gibt für verschiedene Therapien noch keine wissenschaftliche Evidenz.
Aber genau so wenig gibt es keine Evidenz, dass es keine Aussicht auf Heilung gibt. Hier bitte extrem vorsichtig sein mit solchen Äußerungen, grade weil viele Betroffene psychisch unter den vielen Symptomen leiden! Es gibt durchaus geheilte Long Covid Patienten, wenn auch nicht in großer Anzahl.
Es wird richtig beschrieben, dass noch zu wenig Erkenntnisse über die Ursachen dieser Krankheit gibt. Wie aber kann man dann behaupten, dass es keine Heilung gibt, wenn doch die Ursachen noch vielfach unbekannt sind?
Im Sinne der Betroffenen, bitte vorsichtig mit solchen Behauptungen!
Übrigens sind die Selbsthilfegruppen nicht für jedermann und jederfrau geeignet, bei mentaler Instabilität kann da der Schuss auch gewaltig nach hinten los gehen. Erfahrung aus dem Verwandtenkreis.