Lohnersatzleistungen Kein Geld verschenken

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Arbeitnehmer sollten Steuerklassen und Freibeträge prüfen, um mehr Kurzarbeiter-, Arbeitslosen-, Eltern- oder Krankengeld zu erhalten.

Wie viel Geld Väter, Mütter, Kurzarbeiter, Arbeitslose und Langzeitkranke erhalten, hängt vom letzten Nettolohn ab. Viele bekommen mehr, wenn sie eine neue Steuerklasse oder einen Freibetrag in die Lohnsteuerkarte eintragen lassen. Sie müssen nur den Zeitpunkt richtig wählen (siehe Tabelle).

Freibetrag eintragen lassen

Ein Freibetrag bringt Arbeitnehmern gleich netto mehr Lohn und später meist auch mehr Kranken-, Elterngeld und einen höheren Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Sie können fast alle Ausgaben in die Steuerkarte eintragen lassen, mit denen sie in der Steuererklärung für 2010 Steuern sparen.

Beispiel: Isabell Stein verdient 2 900 Euro brutto im Monat. Seit Januar weiß sie, dass sie im Herbst nach einer Operation einige Monate krank sein wird. Gleich am Jahresanfang hat Stein beim Finanzamt einen Freibetrag von 2 400 Euro beantragt.

Seitdem versteuert der Arbeitgeber jeden Monat 200 Euro weniger Lohn und zahlt netto 65 Euro mehr aus. Das Krankengeld für Stein wird 1 708 Euro im Monat betragen – 58 Euro mehr als ohne Freibetrag.

Steuerklasse wechseln

Ehepaare können oft mit neuen Steuerklassen mehr Eltern-, Kurzarbeiter-, Arbeitslosen- oder Krankengeld bekommen. Auch der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld steigt.

Das meiste Geld bringt die Steuerklasse III. Die ist beim Finanzamt für Partner sinnvoll, die brutto mindestens 60 Prozent vom gemeinsamen Jahreslohn verdienen. Das sind oft die Männer, während die Frauen die Steuerklasse V haben. Paare sollten die Steuerklassen tauschen, wenn der Partner mit Steuerklasse V demnächst Lohnersatzleistungen bezieht.

Beispiel: Max Huhn hat 2 700 Euro Bruttolohn im Monat und die Steuerklasse III. Lena Huhn verdient mit Steuerklasse V 1 500 Euro brutto. Ende Februar 2011 erwartet sie die Geburt ihrer Tochter. Lena hat deshalb dieses Jahr schon zum 1. Juli die Steuerklasse III genommen. Sie wird später für 99 Tage insgesamt 3 950 Euro Mutterschaftsgeld samt Zuschuss erhalten. Das sind über 1 089 Euro mehr als in Steuerklasse V. Die Leistung steigt um 270 Euro.

Max Huhn nimmt im Gegenzug die Steuerklasse V. Die hat den Nachteil, dass ab September rund 550 Euro zu viel Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag von seinem Gehalt abgehen. Zu hohe Abzüge zahlt das Finanzamt aber zurück, wenn Huhns für 2010 eine Steuererklärung abgeben. Elterngeld, das sie durch eine ungünstige Steuerklasse einbüßen, ist dagegen für immer verloren.

Vorteile und Nachteile abwägen

Verkraftet die Haushaltskasse die hohen Lohnsteuerabzüge in Steuerklasse V nicht, können Ehepaare statt der Steuerklassen III und V auch beide die Steuerklasse IV nehmen. Die Lohnsteuer ist dann moderater und die Lohnersatzleistungen sind wenigstens etwas höher als in Steuerklasse V.

Für den Lohnsteuerabzug sind die Steuerklassen IV für Ehepartner sinnvoll, wenn beide etwa gleich viel verdienen. Geht der Verdienst auseinander, können beide auch die Steuerklasse IV + Faktor eintragen lassen und so den Lohnsteuerabzug optimieren.

Auch mit der Steuerklasse IV oder IV + Faktor verzichten Verheiratete aber auf Geld, wenn sie Eltern-, Kurzarbeiter-, Arbeitslosen-, Krankengeld oder Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld beziehen. Die Steuerklasse III ist günstiger.

Mit Nachzahlungen rechnen

Haben Arbeitnehmer Lohnersatzleistungen über 410 Euro im Jahr, verlangt das Finanzamt von ihnen eine Steuererklärung. Einige erhalten danach Geld zurück. Andere müssen Steuern nachzahlen.

Eltern-, Kurzarbeiter-, Arbeitslosen-, Krankengeld und Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld sind zwar steuerfrei. Dennoch erhöhen sie den Steuersatz für das Einkommen, das im Steuerbescheid versteuert werden muss. Das Ganze heißt „Progressionsvorbehalt“.

Beispiel: Der alleinstehende Walter Freund hat 2009 das ganze Jahr kurzgearbeitet. Sein Bruttolohn beträgt 24 000 Euro, sein Kurzarbeitergeld 5 063 Euro. Für den Lohn hat das Finanzamt nach Steuerklasse I 2 945 Euro Lohnsteuer erhalten. Im Steuerbescheid gehen nur die üblichen Freibeträge und Pauschalen vom Bruttolohn ab. Das zu versteuernde Einkommen beträgt anschließend 20 684 Euro. Die Einkommensteuer dafür ist genauso hoch wie die Lohnsteuer, die der Arbeitgeber überwiesen hat. Trotzdem fordert das Finanzamt von Freund noch 777 Euro:

Progressionsvorbehalt I:

Zu versteuerndes Einkommen: 20 684 Euro
Kurzarbeitergeld: + 5 063 Euro
Summe: 25 747 Euro
Dafür Steuern nach Grundtabelle: 4 634 Euro
Steuersatz: 17,9982 Prozent
(4 634 x 100 : 25 747)

Einkommensteuer: 3 723 Euro
(für 20 684 Euromit 17,9982 Prozent Steuersatz)
Lohnsteuer: - 2 945 Euro
Nachzahlung: 777 Euro

43 Euro (5,5 Prozent) kommen als Solidaritätszuschlag dazu.

Steuererstattungen mitnehmen

Manchmal gibt es aber auch Geld zurück. Beispiel Daniela Warth war 2009 ab September arbeitslos. Sie hat 3  868 Euro Arbeitslosengeld I und 21  000 Euro Bruttolohn bezogen. Dafür hat das Finanzamt 3 365 Euro Lohnsteuer in Steuerklasse I erhalten.

Im Steuerbescheid gehen die üblichen Freibeträge und Pauschalen vom Bruttolohn ab. Danach muss Warth 17  791 Euro versteuern. Dazu kommt das Arbeitslosengeld:

Progressionsvorbehalt II:

Zu versteuerndes Einkommen: 17 791 Euro
Arbeitslosengeld: + 3 868 Euro
Summe: 21 659 Euro
Dafür Steuern nach Grundtabelle: 3 392 Euro
Steuersatz: 15,6609 Prozent
(3 392 x 100 : 21 659)
Einkommensteuer: 2 786 Euro
(für 17 791 Euromit 15,6609 Prozent Steuersatz)
Lohnsteuer: - 3 365 Euro
Erstattung: 579 Euro

Daniela Warth erhält 579 Euro zurück – plus Solidaritätszuschlag. Das Arbeitslosengeld erhöht zwar den Steuersatz. Das Finanzamt hat aber zuvor zu viel Lohnsteuer kassiert.

In Prozess zum Elterngeld einklinken

Dass Lohnersatz die Einkommensteuer erhöht, ärgert viele Arbeitnehmer. Eltern sind deshalb vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Sie wollen, dass die ersten 300 Euro Elterngeld im Monat für das Finanzamt tabu sind. Mütter und Väter, die vor der Geburt nicht gearbeitet haben, erhalten nämlich 300 Euro Mindestelterngeld. So viel sei deshalb bei allen eine Sozialleistung.

Tipp: Rechnet das Finanzamt Elterngeld im Steuerbescheid voll an, können Sie innerhalb eines Monats Einspruch einlegen und auf die Beschwerde 2 BvR 2604/09 verweisen. Es gibt Geld zurück, wenn das Urteil später günstig ausfällt.

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LottaMotta am 28.06.2021 um 07:51 Uhr

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