Leitzinsen und Anleihenmärkte Euro-Anleihen: Auswirkungen der Zins­erhöhung

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Leitzinsen und Anleihenmärkte - Euro-Anleihen: Auswirkungen der Zins­erhöhung

EZB. Die Europäische Zentral­bank hat den Leitzins um 0,75 Prozent­punkte erhöht. Wir zeigen die Folgen. © Getty Images / Westend61 / Werner Dieterich

Die Leitzins­erhöhung der EZB wirkt sich auf die Anleihenmärkte aus. Wir analysieren die Zins- und Wert­entwick­lung von Anleihenindizes verschiedener Euroländer.

Die Europäische Zentral­bank EZB hat den Leitzins um 0,75 Prozent­punkte erhöht – einen so großen Zins­schritt gab es noch nie seit Einführung des Euro-Bargelds. Dies wird auch Auswirkungen auf die Anleihenzinsen haben und damit auf die Wert­entwick­lung von Anleihen-Fonds und -ETF.

Wir werfen in der folgenden Chart-Analyse zunächst einen Blick auf den historischen Verlauf der Leitzinsen aus dem Euroraum, den USA und dem Vereinigten Königreich. Wir betrachten dann die Zins- und Wert­entwick­lung von Anleihenindizes verschiedener Euroländer, sowohl kurz­fristig über das vergangene Jahr als auch lang­fristig seit Anfang 2000.

Leitzinsen im Rück­spiegel

Die EZB hat lange gewartet mit einer Erhöhung des Leitzinses. Von 2016 bis Juli 2022 lag der Leitzins im Euroraum bei Null. In den USA und im Vereinigten Königreich hatten die Zentral­banken die Zinsen früher erhöht.

Wussten Sie schon?

  • Die EZB, Zentral­bank des Euroraums, legt drei Zins­sätze fest. Der wichtigste Zins­satz zur Steuerung der Geldmenge ist der Leitzins, zudem sich Banken an fest­gelegten Terminen Geld von der Zentral­bank leihen können. Diesen Zins nennt man auch „Zins­satz für das Haupt­refinanzierungs­geschäft“. Bei der EZB gibt es außerdem noch den „Zins­satz für die Spitzenre­finanzierung“ zur kurz­fristigen Über­nacht­finanzierung. Haben die Banken statt Liquiditäts­bedarfs hingegen gerade Geld über, achten sie auf den „Zins­satz für Einlagen“, zu dem sie über Nacht über­schüssiges Zentral­bank­guthaben anlegen können. Nach Entscheidung der EZB vom 08. September 2022 wird der Leitzins am 14. September auf 1,25 Prozent, der Spitzenre­finanzierungs­atz auf 1,5 Prozent und der Einlagenzins auf 0,75 Prozent steigen.
  • In den USA legt die Federal Reserve Bank, die amerikanische Zentral­bank, auch Fed genant, die „Federal Funds Rate“ fest. Das ist der Zielzins­satz, zudem sich Banken gegen­seitig kurz­fristig Geld leihen dürfen. Statt eines exakten Zins­satzes erlaubt die Fed eine Band­breite, aktuell liegt die „Fed Funds Rate“ zwischen 2,25 und 2,5 Prozent. Die Banken können in diesem Rahmen die tatsäch­lichen Zins­sätze unter­einander aushandeln. Den Durch­schnitt der so realisierten Zins­sätze nennt man „Effective Federal Funds Rate“ - das ist der Zins, den wir in unserem Chart unten darstellen. Außerdem setzt die Fed auch noch die „Discount Rate“ fest; das ist der Zins­satz, zudem sich die Banken kurz­fristig direkt von der Fed Geld leihen dürfen. Die „Discount Rate“ ist meist höher als die „Funds Rate“, um Banken zu ermuntern, sich gegen­seitig Geld zu leihen.
  • Im Vereinigten Königreich heißt der Leitzins „Official Bank Rate“. Er wird von der Bank of England bestimmt und definiert den Zins­satz, zudem sich Banken für einen Tag Geld von der Zentral­bank leihen können. Er ist vergleich­bar mit der amerikanischen „discount rate“ oder dem europäischen „Spitzenre­finanzierungs­satz“. Aktuell liegt die „Bank Rate“ bei 1,75 Prozent.

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Höhere Zinsen für Euroländer

Leitzins­änderungen führen nicht 1:1 zu Zins­änderungen am Anleihenmarkt. Mit einem höheren Leitzins erhöht sich jedoch der Druck auf die einzelnen Euro­staaten, für neu emit­tierte Anleihen höhere Zinsen zu zahlen. Das sorgt bei bereits umlaufenden, nied­riger verzinsten Anleihen für einen Kurs­rück­gang.

Die Zinsen für Staats­anleihen aus verschiedenen Euroländern sind unterschiedlich hoch und richten sich nach der Bonitäts­stufe der Länder. Deutsch­land muss beispiels­weise weniger Zinsen für seine Schulden zahlen als Italien mit einer schlechteren Bonitäts­note. Die Bonitäts­stufe wiederum hängt von der Schuldenquote ab.

Daher treffen Zins­erhöhungen die stark verschuldeten Staaten wie zum Beispiel Italien stärker. Nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat betrug die italienische Schuldenquote Ende 2021 rund 150 Prozent des Wirt­schafts­leistung (BIP). Griechen­land war mit 193 Prozent des BIP am stärksten verschuldet, Estland mit 18,1 Prozent am wenigsten. In Spanien betrug die Schuldenquote 118 Prozent, in Frank­reich 113 Prozent und in Deutsch­land 69 Prozent.

Kurs­schwankungen am Anleihenmarkt

Wie die folgende Grafik zeigt, sind die Anleihezinsen in allen Euroländern zuletzt angestiegen. Für Rentenfonds bedeutet das zunächst einmal Minus: Die älteren, noch nied­riger verzinsten Papiere verlieren an Wert, wenn neue höher verzinste Papiere auf den Markt kommen. Der zweite untere Chart zeigt die Wert­entwick­lung der einzelnen Länderindizes Staats­anleihen Deutsch­land, Frank­reich, Spanien, Italien im Vergleich mit einem gemischten Euro-Staatsanleihenindex. Vor Kurs­verlusten bei steigenden Zinsen hatten wir in unserer Zins­analyse im März 2021 gewarnt. Wir haben die Zinswende-Analyse in diesem Jahr aktualisiert und beant­worten dort die Frage, ob sich Anleihen-ETF noch oder wieder lohnen.

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Ende eines langen Anstiegs

Anleger, die schon länger Rentenfonds im Portfolio haben, können sich noch an jahre­lange Kurs­zuwächse erinnern. Der nächste Chart zeigt die Entwick­lung der Anleihezinsen seit Beginn des Jahr­tausends. Gut zu erkennen sind die Verwerfungen, die die Eurokrise mit sich brachte. Damals stiegen die Renditen italienischer und spanischer Anleihen stark an. Die Grafik darunter zeigt die Wert­entwick­lung der verschiedenen Anleihenindizes. Die zuvor seit 2015 erzielten Kurs­gewinne sind bereits abge­schmolzen.

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