Vorsorgesparer können die Auszahlung ihrer Lebensversicherung optimieren. Finanztest zeigt sechs Chancen.
Erst waren es 326 Euro, später 309 Euro, jetzt noch 295 Euro. Mit der privaten Monatsrente von Angelika Dohle geht es in den letzten Jahren bergab. Seit 2011 bezieht sie ihre Rente aus der R+V Versicherung. Vor Beginn der Auszahlung wurde sie gefragt, ob sie eine „dynamische Überschussrente“ oder eine „Sofortüberschussrente“ beziehen wollte. „Ich hatte damals keine Ahnung, was für mich besser gewesen wäre“, sagt die 65-Jährige heute, die damals der Beraterin bei ihrer Hausbank vertraute, bei der sie die Versicherung abgeschlossen hatte. Diese riet ihr zu der anfangs höheren Sofortüberschussrente.
Heute ärgert sich Dohle: „Dass ich innerhalb von fünf Jahren schon 372 Euro weniger im Jahr bekomme, hätte ich auch nicht gedacht. Der garantierte Rentenanteil bleibt ja konstant, aber die nicht garantierte Überschussrente schmilzt ganz schön dahin. Irgendwann kriege ich vielleicht nur noch die Garantierente. Das wären 241 Euro.“
Selbst kurz vor Auszahlungsbeginn haben Versicherte aber noch Chancen, ihre Auszahlung zu optimieren.
Chance 1: Auszahlung wählen
Die erste Frage bei privaten Rentenversicherungen: Kapital oder monatliche Rente? Wer seine laufenden Kosten aus anderen Einkünften wie gesetzlicher oder Betriebsrente begleichen kann, sollte sich gut überlegen, ob er eine weitere Rente benötigt. Eine Rentenversicherung sichert vor allem das „Langlebigkeitsrisiko“ ab, sie zahlt auch, wenn das eingezahlte Kapital eigentlich schon aufgebraucht ist. Damit gehen Kunden aber eine Wette auf ein langes Leben ein. Je nach Verzinsung muss der Versicherte bis zu 90 Jahre alt werden, bis er sein eingesetztes Kapital garantiert wieder raus hat.
Wer nicht bei bester Gesundheit ist, sollte von der Rentenzahlung eher absehen. Stirbt er wenige Jahre nach Beginn der Rente, beschert er vor allem dem Versicherer und der Versichertengemeinschaft einen Gewinn.
Seine Hinterbliebenen gehen leer aus, wenn kein Zusatzschutz für sie besteht. Ausgezahltes Kapital kann dagegen an sie vererbt werden.
Steuern mitdenken
Versicherte sollten bei der Auszahlung auch die Steuern beachten. Wie viel fällig werden, hängt vom Abschlussjahr ab.
Verträge vor 2005: Ein großer Vorteil älterer Verträge ist die steuerliche Behandlung bei Kapitalauszahlung. Sie ist steuerfrei, wenn diese Bedingungen erfüllt sind:
- Laufzeit mindestens zwölf Jahre,
- Beitragszahlung mindestens fünf Jahre,
- vereinbarte Todesfallsumme mindestens 60 Prozent der gesamten Beitragszahlung.
Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, werden 25 Prozent Abgeltungsteuer auf die Kapitalerträge fällig, nachdem der Sparerpauschbetrag berücksichtigt wurde. In der Steuererklärung können Versicherte die Günstigerprüfung beantragen. Wenn ihr persönlicher Steuersatz unter der Abgeltungsteuer liegt, dann gilt dieser.
Verträge ab 2005: Für sie gelten andere Regeln. Die Differenz zwischen Kapitalauszahlung und eingezahlten Beiträgen ist zur Hälfte steuerpflichtig, wenn folgende Voraussetzung erfüllt sind:
- Laufzeit mindestens zwölf Jahre,
- Auszahlung frühestens mit 60 Jahren (62, wenn der Vertrag seit 2012 abgeschlossen wurde),
- bei Verträgen ab 1. April 2009 muss die vereinbarte Todesfallsumme mindestens 50 Prozent der gesamten Beitragszahlung betragen.
Chance 2: Auszahlung verschieben
Eine Stellschraube, mit der Sparer ihre Auszahlung steuerlich optimieren können, ist die Aufschuboption in einigen Verträge. Damit können sie die Auszahlung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, der steuerlich günstiger ist. Das ist sinnvoll, wenn das Geld versteuert werden muss und vor dem Rentenalter ausgezahlt würde. Während der Rente fällt der persönliche Steuersatz meist viel geringer aus als im Erwerbsleben.
Beispiel: Eine Kundin will ihre private Rentenversicherung, die sie 2005 abgeschlossen hat, 2017 auf einen Schlag ausgezahlt haben. Ihr Sparerpauschbetrag ist schon anders ausgeschöpft. 80 000 Euro hat sie eingezahlt und 100 000 Euro sollen ausgezahlt werden. Sie muss die Hälfte der Erträge, also 10 000 Euro, mit ihrem persönlichen Steuersatz versteuern. Liegt dieser im letzten Jahr ihres Erwerbslebens bei 35 Prozent, bleiben von der Auszahlung netto 96 500 Euro. Wartet sie ein Jahr, bis sie in Rente ist, beträgt der Steuersatz nur noch 20 Prozent, ihr bleiben netto 1 500 Euro mehr.
Wichtig: Bei der Auszahlung führt der Versicherer auf den vollen Ertrag Abgeltungsteuer ab. Die Korrektur auf die Hälfte der Erträge und den persönlichen Steuersatz geschieht über die Steuererklärung.
Monatliche Renten steuergünstig
Relativ wenig Steuern nimmt sich der Staat von denjenigen Sparern, die sich für eine monatliche Rentenzahlung entscheiden. Egal, wann der Vertrag abgeschlossen und wie lange er bespart wurde. Je älter der Sparer bei der ersten Rentenzahlung ist, desto geringer ist der Teil der Rente, der versteuert wird. Mit 60 Jahren sind es 22 Prozent, bei Beginn mit 67 sind es nur 17 Prozent.
Ein Aufschub der Rentenzahlung hat hier einen doppelten Effekt: Zum einen steigt die monatliche Rente, wenn der Versicherte später mit der Auszahlung beginnt, da der Versicherer dann mit einer geringeren Zahlungsdauer kalkuliert. Zum anderen führt der vielleicht geringere Steuersatz im Rentenalter zu geringeren Steuerzahlungen.
Beispiel: Ein Kunde bezieht mit 65 im letzten Jahr vor seinem Renteneintritt eine private Rente von 500 Euro. Versteuern muss er davon 18 Prozent, also 90 Euro. Sein persönlicher Steuersatz liegt bei 35 Prozent. Er zahlt in diesem Jahr also knapp 31,50 Euro Steuern auf seine monatliche Rente.
Der Kunde hätte aber auch seine Aufschuboption nutzen können und dann mit der Auszahlung gewartet, bis er mit 66 in Rente geht. Zum einen wäre seine Auszahlung aufgrund des späteren Einstiegs höher gewesen: Die Rente betrüge dann 52 0 Euro. Davon müsste er jedoch jetzt und in den Folgejahren nur 17 Prozent, also 88,40 Euro versteuern. Sein Steuersatz läge dann nur noch bei 20 Prozent. Er würde in diesem Jahr also nur 17,68 Euro Steuern auf seine monatliche Rente zahlen.
Chance 3: Rentenform wählen
Kunden, die sichergehen wollen, dass ein einmal erreichtes Rentenniveau garantiert bestehen bleibt, sollten die „volldynamische Auszahlung“ wählen – anders als es Angelika Dohle getan hatte. Damit starten sie mit einer geringeren Rente, müssen aber keine Kürzungen fürchten, falls die Überschüsse einbrechen. Verfolgt der Versicherer eine solide Anlagestrategie, kann die Rente im Laufe der Jahre kontinuierlich steigen, denn jedes Jahr wird die Auszahlung anhand der erzielten Überschüsse neu festgelegt.
Möglich wäre auch eine „flexible“ Rente, deren Auszahlung eher konstant verläuft, aber je nach Überschuss auch fallen kann. Sie liegt anfangs zwischen fallender und steigender Rente. Jedoch bieten nicht alle Versicherer alle Auszahlsysteme an.
Chance 4: Kosten senken
Was viele Verträge zusätzlich zur abnehmenden Überschussbeteiligung unattraktiv macht: Die hohen Kosten belasten die Rendite. Es gibt jedoch Kosten, die auch noch im Verlauf des Vertrages vermeidbar sind.
Häufig werden Verträge von Lebensversicherungen mit automatischer Beitragserhöhung abgeschlossen, „Dynamik“ genannt. Das bedeutet, dass die Beiträge, die in die Versicherung gezahlt werden, jedes Jahr steigen. Die Dynamik klingt beim Abschluss häufig sehr sinnvoll: Mit der jährlichen Steigerung der Beiträge, so wird argumentiert, sichert sich der Versicherte gegen die Inflation ab. Auch aus einem anderen Grund kann eine vereinbarte dynamische Beitragszahlung gewünscht sein: Ohne erneute Gesundheitsprüfung erhöht sich durch die höheren Beiträge die Versicherungsleistung im Todesfall. Das lassen sich die Versicherer allerdings gut bezahlen: Die Unternehmen behandeln die zusätzlichen Beiträge wie einen neuen Vertrag und berechnen für jede Beitragserhöhung neue Abschlusskosten.
Minus vorprogrammiert
Durch diese Kosten fließt nicht der komplette Beitrag in den Sparvertrag. Je höher die Kosten, umso länger dauert es, bis das Vertragsguthaben wieder den eingezahlten Beiträgen entspricht. Der Sparer sollte in den letzten Jahren seines Vertrags der Erhöhung widersprechen. Das ist mit einem Brief an den Versicherer schnell erledigt.
Beispiel: Eine Kundin hat eine Rentenversicherung aus dem Jahr 2005, die mit einem garantierten Zinssatz von 2,75 Prozent verzinst wird. Bei ihrer automatischen Beitragserhöhung fallen Abschlusskosten von 4 Prozent auf alle künftigen Beiträge an sowie laufende Verwaltungs- und Risikokosten von 10 Prozent. In diesem Fall würde es 13 Jahre dauern, bis ihr garantiertes Kapital die eingezahlten Beiträge übersteigt.
Chance 5: Zinsen voll mitnehmen
Häufig bezahlen Kunden die Beiträge für ihre Lebensversicherung nicht jährlich, sondern monatlich. Das ist angenehm, da sie die Raten nicht zum Jahresanfang komplett zahlen müssen. Diese Zahlungsart hat aber einen teuren Nachteil: Im Jahr der Einzahlung werden die meisten Beiträgen nur für einen Teil der Monate verzinst, nicht für das ganze Jahr. Dadurch sinkt die Höhe der Auszahlung des Vertrags. Je nach Laufzeit und Verzinsung kann das hunderte bis tausende Euro kosten.
Chance 6: Zusatzschutz streichen
Viele Kapitallebensversicherungen haben Zusatzversicherungen im Vertrag. Einige davon sind überflüssig: Ein Klassiker, der meistens gestrichen werden kann, ist die Extra-Versicherung des Unfalltodes. Hierbei erhalten Hinterbliebene die doppelte Todesfallsumme, wenn der Versicherte bei einem Unfall stirbt.
Doch warum sollten Hinterbliebene mehr Geld bekommen, wenn der Versicherte nicht auf natürlichem Weg, sondern durch einen Unfall stirbt? Raus mit dem Extra-Schutz, wenn es keine guten Gründe für ihn gibt! Die Beiträge fließen in den Risikoschutz und nicht in den Sparanteil und schmälern so die Beitragsrendite. Streichen Kunden den Unfalltodschutz, zahlen sie weniger für ihre Lebensversicherung und können die frei werdenden Mittel in andere Anlageformen stecken.
Das hätte Angelika Dohle im Rückblick mit ihrem Geld am liebsten von Anfang an gemacht: „Hätte ich damals schon Finanztest gelesen, hätte ich anders investiert.“ Jetzt muss sie hoffen, dass ihre Rente lange einigermaßen stabil bleibt. Ändern kann sie am Vertrag nichts mehr.
-
- Kunden mit einer privaten Rentenversicherung oder eine Lebensversicherung mit Garantiezins legen Wert auf Sicherheit. Dies ist wichtig für die Planung ihrer...
-
- Die vielen Antworten auf unseren Leseraufruf zeigen: Die Auszahlung kann viel geringer sein als noch kurz zuvor vom Versicherer angekündigt. Was tun?
-
- Die Allianz Lebensversicherung führt seit 2018 keine Gewinne mehr an die Allianz Deutschland ab, wie jüngst bekannt wurde. Im Jahr 2017 hatte der Lebensversicherer...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Harryken: Ob der Versicherer richtig gerechnet hat, ist sehr schwer nachzuvollziehen. Daher auch der Rat, sich für eine Überprüfung des Vertrags an die Verbraucherzentrale Hamburg zu wenden. In Ihrem Fall gilt die die ganz normale Verjährung. Wenn Ihnen mehr zusteht, als Ihnen den Versicherer von sich aus ausgerechnet hat, haben Sie ab Ende des Jahres, in dem abgerechnet wurde, drei Jahre Zeit. Schneller sollte es möglichst gehen, wenn Sie einen der Verträge mit fehlerhaften Informationen zu Ihren Rechten und Pflichten vorliegen haben und Sie deshalb noch widerrufen oder widersprechen können. Diesen Umstand sollten Sie ebenfalls von der Verbraucherzentrale prüfen lassen. (TK9
Hallo liebes Stiftung-Warentest-Team,
Mein Vertrag einer Kapital-Lebensversicherung, welcher jetzt 41 Jahre gelaufen ist, kommt am 30. 09. 2020 zur Auszahlung.
Nun ist meine Frage, kann ich diesen Vertrag jetzt noch prüfen lassen, oder ist das schon zu spät, da dieses ja bei der Verbraucherzentrale 4 Monate dauert.
Ich muss jetzt den Vertrag, zur Versicherung zurück senden, mit Angabe meiner Konto-Verbindung. Sind mit der Auszahlung dann alle Ansprüche erloschen, wenn da noch welche wären?
In den Unterlagen kann ich das alles nicht so recht nachvollziehen, ob die Rendite plausibel ist.
Den Antrag habe ich bereits runtergeladen, und ausgefüllt!
Bitte um Antwort, wie ich mich jetzt verhalten soll.
Mit freundlichem Gruß
Harryken
@silversmith: Ob Sie aus Ihrem Vertrag den BU-Schutz herauskündigen können, müssten Sie bitte bei Ihrem Versicherer erfragen. Es kommt auf die Versicherungsbedingungen an. Bedenken Sie aber, dass Sie dann den BU-Schutz nicht mehr haben und dass Sie für einen neuen Vertrag je nach Gesundheitszustand und Alter evtl. viel zahlen oder überhaupt keinen Vertrag mehr bekommen werden. Ob Sie durch eine solche Kündigung höhere Leistungen erwarten dürfen, können wir nicht beurteilen. Das kommt auf den Vertrag an. Normalerweise führt eine solche Teilkündigung nur zur Reduzierung der Beiträge. Dass Ihr Versicherer eine Erhöhung des Sparanteils im laufenden Vertrag und damit eine Anlage der ersparten Risikoprämie zu 4% zulässt, ist eher nicht zu erwarten. Bitte lassen Sie sich vor einer Vertragsänderung auf jeden Fall bei der Verbraucherzentrale Ihres Bundeslands beraten. www.verbraucherzentrale.de (PH)
Bei einer Kapitallebensversicherung mit 4 % Garantiezins und jährlichem Beitrag iH des pauschal besteuerten Höchstbetrags (1.752 EUR, Abschluss vor 2005) ist eine BU-Versicherung inkludiert.
Wäre diese aktuell steuerunschädlich kündbar? Kann typischerweise der Versicherer (AZ) eine solche partielle Kündigung auch verweigern?
Würde mir das im Falle einer möglichen Kündigung überhaupt transparent zusätzliche Leistung bei Ablauf der Kapitallebensversicherung bringen? Oder sind dann auch nur 4 % Mindestverzinsung zu erwarten, wenn die Überschussbeteiligungen am Ende sowieso eingeschmolzen werden?
Danke für jeglichen Hinweis.
@BR118: Dies ist nicht der Ort für eine individuelle Rechtsberatung. Beim Versicherer selbst können Sie sich natürlich beschweren und danach auch den (kostenfreien) Weg zum Ombudsmann der Versicherung gehen. Der Weg vor Gericht sollte auf jedem Fall aufgrund des damit verbundenen Prozesskostenrisikos gut überlegt sein. Kommt es vor Gericht auf den Zugang des Kündigungsschreibens an, obliegt die Beweislast für den Zugang des Schreibens demjenigen, der sich darauf beruft, wenn die Gegenseite den Zugang des Schreibens bestreitet. (maa)