
Über seinen Fall hatte die Stiftung Warentest im Jahr 2012 berichtet: Finanztest-Leser Norbert Nienaber
Kunden von Lebensversicherern können in der Regel nicht nachvollziehen, nach welchen Kriterien sie an Bewertungsreserven beteiligt werden. Die Stiftung Warentest hatte dies am Beispiel eines Kunden des Lebensversicherers LVM aufgezeigt. LVM wollte das per Gerichtsurteil verbieten lassen. Doch das Unternehmen scheiterte mit seiner Klage vor dem Oberlandesgericht Hamburg.
Versicherer LVM zieht Berufung zurück
Die Stiftung Warentest darf weiterhin Kritik an Lebensversicherern üben, die Kunden bei ihrer Beteiligung an den Bewertungsreserven im Dunkeln lassen. Der Lebensversicherer LVM scheiterte mit einer Klage gegen die Stiftung Warentest. Das Landgericht Hamburg wertete die Berichterstattung in Finanztest und auf test.de bereits 2012 als „zulässige Meinungsäußerungen“ und wies die Klage der LVM ab (Az. 324 O 469/12). Im Finanztest-Special Kunden an Reserven beteiligen war unter anderem der Fall des LVM-Kunden Norbert Nienaber (Bild oben) geschildert worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg hat die LVM nun ihre Berufung zurückgenommen – wegen mangelnder Erfolgsaussicht.
Regeln für Beteiligung an Reserven inzwischen geändert
Bewertungsreserven (oder auch „stille Reserven“) entstehen, wenn der Marktwert einer Kapitalanlage des Versicherers über dem Anschaffungspreis liegt – wenn also etwa der Wert seiner Immobilien, Aktien oder Zinspapiere gestiegen ist. Von den Gesamtreserven standen den Kunden 2008, als Norbert Nienabers Vertrag fällig wurde, noch die Hälfte zu. Dies ist seit August 2014 anders: Nun können die Lebensversicherer ihren Kunden jegliche Beteiligung an Reserven aus festverzinslichen Wertpapieren verweigern – das betrifft immerhin rund 85 Prozent des von den Versicherern angelegten Kapitals (Details finden Sie in unserem Special Reform der Lebensversicherung: Was sich ändert und was bleibt).
Für den Kunden nicht nachvollziehbar
Die LVM hatte in ihrem Geschäftsbericht für 2008 Bewertungsreserven in Höhe von 129 Millionen Euro ausgewiesen. Norbert Nienabers Lebensversicherung wurde im Oktober 2008 fällig. An Bewertungsreserven wurde er jedoch nicht beteiligt. Finanztest hatte dies angesichts der hohen Reserven im Geschäftsbericht der LVM als „merkwürdig“ bezeichnet. Die LVM berief sich darauf, dass die Reserven monatlich ermittelt würden und daher „erheblichen Schwankungen“ unterlägen. In dem für Nienabers Vertrag maßgeblichen Monat habe es gar keine Reserven, sondern stille Lasten gegeben. Für einen Kunden ist dies jedoch kaum durchschaubar. Das darf die Stiftung Warentest weiterhin kritisieren.