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Planungssicherheit ist wichtig für die Altersvorsorge. Doch die Versicherer schmelzen Garantien weiter ab.
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Alle Testergebnisse für Garantien der Lebensversicherer 04/2020Bis Ende 2017 war alles in Ordnung mit der privaten Rentenversicherung von Michael Fuchs aus Passau. Für seinen im Jahr 2009 abgeschlossenen Vertrag bei der Debeka hat er eine Dynamik vereinbart: Alle zwei Jahre erhöht sich sein Beitrag, sodass er später eine höhere Rente bekommt. Wichtig für ihn: Der regelmäßige Erhöhungsbeitrag wurde mit dem bei Vertragsschluss geltenden Garantiezins von 2,25 Prozent verzinst.
Doch das änderte sein Versicherer im Dezember 2017. Für die Erhöhungsbeiträge sollte plötzlich nur noch eine Garantieverzinsung von 0,9 Prozent gelten. Das entspricht der niedrigen Verzinsung, die Neukunden von 2017 an garantiert wird.
Der Versuch, die Garantieleistungen zu beschneiden, passt zum Ergebnis der Debeka in unserer aktuellen Analyse zu den Garantieverpflichtungen der Versicherer. Wir haben bei 79 Lebensversicherungsunternehmen geprüft, ob sie mit ihren Kapitalerträgen die Verzinsung finanzieren können, die sie ihren Kunden garantiert haben. Die Debeka ist eine von 13 Gesellschaften, die dies in drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht geschafft hat (Tabelle Garantien der Lebensversicherer).
Unser Rat
- Vorsorgeplanung.
- Nur die garantierte Leistung Ihrer Lebens- oder Rentenversicherung ist sicher. Planen Sie nur damit. Die bei Vertragsbeginn in Aussicht gestellte Überschussbeteiligung ist ungewiss. Sie hängt davon ab, wie gut der Versicherer kalkuliert und wie gut sein Anlageerfolg für Sie ist.
- Vertrag mit Dynamik.
- Prüfen Sie, ob für Beitragserhöhungen der bei Vertragsschluss vereinbarte oder der aktuelle Garantiezins gilt. Eine Erhöhung lohnt sich wegen der davon abgehenden Kosten nicht, wenn der Erhöhungsbetrag nur mit dem aktuellen Garantiezins von 0,9 Prozent verzinst wird. Je höher die Kosten, umso länger dauert es, bis das Guthaben wenigstens wieder den gezahlten Beiträgen entspricht. Daher sollten Sie auch bei höherem Garantiezins spätestens in den letzten zehn Jahren der Sparzeit der Dynamik widersprechen.
- Alternativen.
- Sie können flexibler mit einem Sparplan Vermögen aufbauen und später gegebenenfalls eine Sofortrente abschließen. Für Selbstständige können freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung interessant sein.
Erst nach Klage lenkt Debeka ein
Debeka-Kunde Fuchs widersprach der verringerten Verzinsung und verlangte, dass alles beim Alten bleibt. Doch die Debeka wiegelte ab: Sie habe ihren langjährigen Kunden lediglich freiwillig bisher „besser gestellt, als es Ihnen aufgrund der vertraglichen Regelungen zugestanden hätte“.
Erst nach einer Klage lenkte der Versicherer ein: Der geänderte Zins von 0,9 Prozent für die Erhöhungsbeiträge sei „eine bedauerliche Fehlinformation unsererseits“, schrieb die Debeka an Fuchs‘ Rechtsanwältin Corinna Weiß, um ihren Mandanten zur Rücknahme der Klage zu bewegen. Dies tat der 52-jährige Ergotherapeut. Und die Erhöhungsbeiträge für seine klassische Rentenversicherung werden nun, nach Abzug der Kosten, weiterhin mit 2,25 Prozent verzinst. Klassisch heißt, dass der Versicherer die Beiträge der Kunden überwiegend festverzinslich anlegt und keine Fonds oder Indexbeteiligungen für sie kauft.
Der Garantiezins ist wichtig für die Kunden mit einer klassischen Police, weil die Versicherer mit ihren Kapitalanlagen angesichts niedriger Zinsen kaum noch Zinsüberschüsse für ihre Kunden erwirtschaften. An den Garantieverpflichtungen ist jedoch nicht zu rütteln.
Aber wie unser Beispiel zeigt, suchen Versicherer Stellschrauben, um selbst in bestehenden Verträgen an der Garantie zu drehen. Bisher liegen uns nur Beispiele der Debeka vor, doch sie zählt zu den Großen am Markt.
Auch Kunden mit einer Riester-Police sind betroffen. Bei Riester-Verträgen sind Beitragserhöhungen in laufenden Verträgen unvermeidbar, um die volle staatliche Förderung zu erhalten. Für diese Förderung muss der Vorsorgesparer inklusive Zulagen 4 Prozent seines Einkommens jährlich sparen. Verdient der Kunde also mehr, muss er auch mehr einzahlen, damit er die volle staatliche Förderung bekommt.
Weniger auch für Riester-Kunden
Die Debeka kürzte auch bei langjährigen Riester-Kunden die Garantieverzinsung für Erhöhungsbeiträge von 2,25 Prozent auf 0,9 Prozent. Dabei geben ihre Versicherungsbedingungen dies nicht her, urteilte das Amtsgericht Bamberg 2018 (Az. 0103 C 1015/17, rechtskräftig).
Der Vertrag „ermöglicht es dem Beklagten nicht, den garantierten Rechnungszins von 2,25 Prozent zu reduzieren“, heißt es im Urteil. „Im Übrigen kann sich der Kläger auch auf Vertrauensschutz berufen, da über einen Zeitraum von über neun Jahren hinweg ohne Einschränkung für sämtliche Beitragserhöhungen der garantierte Rechnungszins von 2,25 Prozent gewährt wurde.“
Die Debeka spricht von einer „Einzelfallentscheidung“. Das Landgericht Köln habe anders entschieden (Az. 26 O 424/16). Hier ging es jedoch um einen Rürup-Vertrag.
Rechtsanwalt Udo Ostermann, der das Bamberger Urteil für seinen Mandanten erstritten hat, sieht für Riester-Kunden und solche mit einer privaten Rentenversicherung gute Chancen, den ursprünglichen Garantiezins auch für Erhöhungsbeiträge durchzusetzen. Aus den Vertragsbedingungen sei „nicht erkennbar“, dass sie „eine Absenkung des bei Vertragsschluss garantierten Rechnungszinses ermöglichen sollen“, sagt Ostermann. Wenn sich die Kunden nicht gegen die niedrige Verzinsung ihrer Erhöhungsbeiträge wehren, bekommen sie später eine geringere Rente. Zehntausende Kunden der Debeka sind davon betroffen.
Weniger garantiert bei Neuverträgen
Für neue Verträge, die von 2021 an geschlossenen werden, soll der Garantiezins sinken – von derzeit 0,9 Prozent auf 0,5 Prozent. Dies hat der Zusammenschluss der Mathematiker in den Versicherungsunternehmen, die Deutsche Aktuarvereinigung, vorgeschlagen. Die Entscheidung trifft das Bundesfinanzministerium.
Weil ihnen die Garantien zu teuer und zu einem Risiko für sie geworden sind, sind viele Versicherer ganz aus dem Geschäft der klassischen Lebens- und Rentenversicherung mit ihrer garantierten Mindestverzinsung ausgestiegen. Es gibt immer weniger klassische Angebote, wie unser jüngster Vergleich der Privaten Rentenversicherungen gezeigt hat.
Auch von der alten klassischen Riester-Rente mit maximalem Garantiezins haben sich viele Anbieter verabschiedet. Wir haben die Versicherer danach gefragt; nur sechs machen noch ein Angebot. Der einstige Verkaufsschlager klassische Riester-Rentenversicherung ist zum Auslaufmodell geworden.
Um es zu retten, hat der Versichererverband GDV vorgeschlagen, die sogenannte Riester-Garantie zu senken. Bisher müssen die Versicherer die gesamten eingezahlten Beiträge plus die Zulagen am Ende der Sparphase für die Rente zur Verfügung halten. Der GDV will nun, dass diese gesetzliche Garantie für Neuverträge auf 80 Prozent der Beiträge und Zulagen gesenkt wird.
Der „vollständige Erhalt der Beiträge und Zulagen zum Rentenbeginn erschwert im andauernden Niedrigzinsumfeld eine chancenreiche Kapitalanlage“, so eine GDV-Sprecherin. Eine abgesenkte Garantie „ermöglicht einen guten Ausgleich von Chancen und Risiken für die Kunden“.
Was wird aus der Riester-Garantie?
Auch bei Riester machen die Versicherer inzwischen das, was sie bei der klassischen Rentenversicherung längst tun: Sie verkaufen Policen, die weniger Garantiezinsen als früher üblich bieten, dafür aber höhere Chancen auf Überschüsse. „Neue Klassik“ nennen sie diese Verträge. Sie müssen bisher aber auch bei diesen Riester-Verträgen zumindest noch alle gezahlten Beiträge plus Zulagen sichern.
Verträge mit abgesenkten Garantien eignen sich nicht als sichere und planbare Altersvorsorge. Höhere Überschüsse – als Ausgleich für weniger Garantien in Aussicht gestellt – sind ungewiss.
In unserem oben erwähnten Test der privaten Rentenversicherungen haben wir für solche „neuen“ Tarife beim Anlageerfolg einmal die Note Sehr gut vergeben, befriedigend und ausreichend sind je ein Tarif. Die anderen sind nur mangelhaft.
Das macht Kunden wenig Hoffnung auf gewaltige Überschussbeteiligungen. Umso wichtiger ist also die garantierte Rente.
Beteiligung an Reserven ungewiss
Doch die Garantien geraten immer weiter unter Druck. Versicherer tun sich schwer, die Garantieverpflichtungen für die Kunden zu erfüllen. Denn in ihren Beständen gibt es noch Millionen Verträge mit Garantiezinsen von 2,25 Prozent, 2,75 Prozent oder mehr.
Um diese Verpflichtung zu stemmen, müssen sie als Absicherung eine Zinszusatzreserve aufbauen. Das kostet Milliarden und schmälert bisher die laufende Überschussbeteiligung. Ungewiss ist, ob die Kunden später etwas von diesen Reserven bekommen – über ihre Garantieleistung hinaus.
Angesichts niedriger Zinsen kann eine Reihe von Unternehmen mit den Kapitalerträgen die Garantieverpflichtungen für die Kunden nicht mehr erfüllen. 31 der 79 von uns analysierten Unternehmen schafften dies in mindestens zwei der drei Jahre von 2016 bis 2018 nicht (Tabelle Garantien der Lebensversicherer). Darunter sind acht Unternehmen, die keine Neukunden mehr nehmen, sogenannte Run-off-Gesellschaften. Die Kennzahlen für 2019 haben die Versicherer noch nicht vorgelegt.
Allein im Jahr 2018 lag der Fehlbetrag je nach Versicherer zwischen 300 000 Euro (Ergo Vorsorge) und knapp 226 Millionen Euro (Debeka). Um die Garantien zu erfüllen, mussten die Unternehmen aus anderen Quellen Geld zuschießen. Dies können Reserven sein oder Überschüsse aus Risikoergebnis und Kostenergebnis (Glossar). Muss ein Versicherer aus diesen beiden Quellen zuschießen, um seine Garantieverpflichtung zu erfüllen, schmälert das die Überschussbeteiligung der Kunden erheblich.
Weil die Versicherer sich seit 2018 mehr Zeit lassen dürfen mit dem Aufbau der Zinszusatzreserve, haben sie etwas Luft bekommen, um ihre Garantieverpflichtungen aus den Kapitalerträgen zu erfüllen. Ob sich dies künftig auf die Überschussbeteiligung der Kunden auswirkt? Wir werden sehen.
Tipp: Haben Sie eigene Erfahrungen oder Hinweise zum Thema? Mailen Sie uns bitte: auszahlung-lv@stiftung-warentest.de
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@winzof: Leider können wir Ihnen nicht mit detaillierten Infos dazu dienen. Vielleicht gibt es bei der britischen Schwester-Organisation which weitere Infos dazu: www.which.co.uk/about-which/contact-us
Eine andere Frage ist, ob Sie es sich leisten können, auf den Berufsunfähigkeitsschutz zu verzichten. Prüfen Sie, ob es für Sie einen (bezahlbaren), Berufsunfähigkeitsschutz gibt, der nicht in Verbindung mit einer Altersvorsorge erworben werden muss: www.test.de/Berufsunfaehigkeitsversicherung-im-Test-4881349-0
Zwischenzeitlich eingetretene Vorerkrankungen können dem Abschluss eines neuen Vertrages entgegenstehen. Unter Umständen macht es dann Sinn, auch an einen Kombi-Vertrag aus KLV + Berufsunfähigkeitsschutz festzuhalten, um den Berufsunfähigkeitsschutz nicht zu verlieren. (maa)
Ich habe vor vielen Jahren eine KLV (mit BUZ) bei der Standard Life abgeschlossen. Diese wie auch andere britische Lebensversicherer werden von Ihnen und auch anderen deutschen Organisationen so gut wie nie getestet - offenbar weil ihr Marktanteil in Deutschland zu gering ist. Wo kann ich (gerne auch englischsprachige) Tests finden?
@ltdeta: Ob es für Sie sinnvoll ist, Ihren Vertrag jetzt noch still zu legen und zu einem anderen Anbieter zu wechseln, können wir von hier aus nicht beurteilen, denn wir kennen ja die Bedingungen nicht. Bedenken Sie aber bitte, dass neue Verträge zumindest nicht besser verzinst sein werden als der Bestehende. Zudem werden Gebühren für einen neuen Vertrag fällig. Wegen des für Ihre derzeitigen Einzahlungen geltenden Rechnungszinses schauen Sie bitte in die Vertragsbedingungen und fragen Sie direkt bei der Debeka nach, es kommt auf Ihren Vertrag an. Prüfen Sie Ihren Vertrag, möglicherweise können Sie ja wie im Artikel beschrieben, auf dem ursprünglich vereinbarten Rechnungszins bestehen. Lassen Sie sich bei der Prüfung der Bedingungen ggf. von der Verbraucherzentrale Ihres Bundeslandes helfen. www.verbraucherzentrale.de (PH)
Hallo,
1. Ich habe seit 2004 eine Rentenversicherung (Tarif PA1 M(5)/A Dynamik) bei der DEBEKA
Im Bericht zur Überschussbeteiligung wurde 2017 letztmalig der garantierte Rechnungszins von 3,25% erwähnt. Seit dem fehlt diese Angabe. Habe ich hier einen Anspruch auf die Information?
2. Für die Jährl. Beitragserhöhung finde ich (auch in den Vertragsbedingungen) keine Information ob der Garantiezins bei Vertragsabschluss oder der aktuelle gilt. Wie komme ich an diese Information?
3. Kann ich die Pensionskasse wechseln oder ist das nicht empfehlenswert bei einem Altvertrag von 2004?
@BernieKHB: Prüfen Sie, ob bei der letzten Beitragserhöhung in Ihrem Vertrag nur ein garantierter Zinssatz von 0,9 % angesetzt wurde. Ist das der Fall, können die Debeka-Kunden die Anwendung des ursprünglich vereinbarten Zinssatzes auf ihre Beitragserhöhung verlangen. Man kann das zuerst auf dem außergerichtlichen Weg versuchen (Widerspruch gegen die Verringerung der Verzinsung gegenüber dem Versicherer, Beschwerde gegen die Nichtberücksichtigung des Widerspruches, Anrufung des Ombudsverfahren). Wie der Fall des im Artikel erwähnten Lesers zeigt, kann es passieren, dass Sie einen Rechtsanwalt brauchen, weil die Debeka erst nach Beschreiten des Gerichtsweges einlenkt. Überprüfen Sie bei der Gelegenheit den Eigenbetrag im Riester-Vertrag. Ist er optimal auf die Förderung ausgerichtet? Zuwenig führt zur Kürzung der Zulagen. Zu viel führt dazu, dass ein Teil der Einzahlung ungefördert bleibt. (maa)