
Erst musste Lebensversicherer Ergo vielen seiner Kunden Geld nachzahlen, weil die Berechnungen nicht stimmten. Nun zeigt sich: Auch die Nachzahlungen sind nicht stets korrekt. Ein Finanztest-Leser hatte Zweifel, ging der Sache nach – und kann sich nun über eine Nachzahlung freuen. Dabei war die Ergo äußerst hartleibig.
350 000 Verträge falsch berechnet

Carl Ditges hat energisch und erfolgreich nachgehakt.
Für die Ergo Lebensversicherung war es eine peinliche Enthüllung: Im Jahr 2015 wurde bekannt, dass sie in 350 000 Fällen die Auszahlung von Lebens- und Rentenversicherungen falsch berechnet hatte (siehe Meldung Fehlerhafte Auszahlungen bei Ergo). Mal zahlte sie zu viel, mal zu wenig aus. Betroffen davon waren auch Riester-Verträge. Immerhin: Wurde an Kunden zu viel ausgezahlt, hat Ergo die zu hohen Gutschriften nicht zurückgefordert. Und Kunden, die zu wenig bekommen hatten, erhielten Jahre nach Ablauf ihrer Versicherung einen Nachschlag. Doch jetzt zeigt sich: Auch die Nachzahlung stimmt nicht immer. Jedenfalls nicht im Fall von Carl Ditges. Im Jahr 2015 hatte ihm Ergo mitgeteilt, dass man ihm 2009, als seine Lebensversicherung fällig wurde, aufgrund eines „Berechnungsfehlers“ zu wenig ausgezahlt habe. 1 113 Euro betrug die Nachzahlung.
Kunde lässt sich nicht beschwichtigen
Doch Ditges hakte nach. Er bat den Versicherer, ihm die Berechnung der Auszahlung zu erläutern. Doch die Ergo lehnte ab: Kunden gewähre man „keinen Einblick“. Sie bat Ditges, ihren „Nachberechnungen zu vertrauen“. Damit aber gab sich der Kunde nicht zufrieden. Er beschwerte sich bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Die Folge: Die Ergo musste der staatlichen Aufsicht ihre Kalkulation offenlegen. Das Ergebnis: Es kam heraus, dass auch die Nachzahlung tatsächlich falsch berechnet worden war. Der Versicherer hatte bei der Nachberechnung einen Schlussüberschussanteil nicht berücksichtigt.
Erfolgreiche Beschwerde bei der Aufsicht
Für Carl Ditges hat sich die Hartnäckigkeit gelohnt: Im Mai 2016 bekam er 698 Euro nachgezahlt. Er ist sich sicher, „dass auch andere Versicherte noch einen Anspruch haben und diesen nach der ersten Nachzahlung nicht angefordert haben“.
Tipp: Zahlreiche Leser haben uns ihre Vertragsdaten offen gelegt. Die Zahlen sind ernüchternd. In unserem Special Wie Versicherer Rente und Kapitalauszahlung kürzen erklären wir, wie Vorsorgesparer ihre Auszahlung trotzdem noch optimieren können.
Die Computer waren überfordert
Die Ergo entstand 1997 aus der Fusion der Versicherer Victoria und Hamburg-Mannheimer. Bei der Zusammenführung der Datensätze in ein einheitliches System gab es offenbar Probleme. „Mit der Komplexität steigt wie bei jedem IT-System solcher Art auch die Möglichkeit, dass sich Fehler einschleichen können“, so eine Ergo-Sprecherin. Das Unternehmen habe den „Anspruch, jeden Fehler zu lösen. Hierbei gilt das Leitmotiv: Sorgfalt vor Geschwindigkeit.“ Im Fall Ditges arbeitete Ergo aber nicht sorgfältig genug.
Tipp: Haben Sie als Kunde Zweifel, ob die Leistung Ihrer Kapitallebens- oder Rentenversicherung korrekt berechnet ist, sollten Sie zunächst beim Versicherer nachhaken. Im Falle einer unbefriedigenden Antwort sollten Sie sich bei der Bafin beschweren.
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