
Der Deutschen liebste Vorsorgeform lohnt sich kaum noch. Jetzt schnell den Vertrag kündigen oder behalten?
Es ist ein wahrer Abgesang auf die Lebensversicherung. Journalisten finden dramatische Worte: von „Existenzkrise“ über „finalen Niederschlag“ bis „Todesstoß“. Auch der oberste Versicherungsaufseher der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Felix Hufeld, sieht großen Handlungsbedarf.
Was ist passiert? Mehr als fünf Jahre nach Beginn der Finanzkrise strapazieren die Niedrigzinsen die Lebensversicherer mehr denn je. Sie tun sich schwer, mit dem Geld der Kunden ordentliche Überschüsse zu erwirtschaften und die klassischen Lebensversicherungen attraktiv zu verzinsen. Was heißt das für die Millionen von Bürgern, die mit solchen Verträgen für ihr Alter vorsorgen? Jetzt schnell kündigen oder bleiben? Und kommt ein Neuabschluss überhaupt noch infrage?
Abschluss bis Ende 2004: Halten

Aller Untergangsrhetorik zum Trotz – die Lebensversicherer stehen nicht vor dem Gesamtkollaps. „Wir schlagen keinesfalls Alarm und spekulieren nicht über mögliche Insolvenzen“, beschwichtigt die Bafin auf Nachfrage. Gerade für ältere Verträge gilt: Nicht zu früh das Handtuch werfen. Auch wenn Kunden enttäuscht sind, dass die Gesamtverzinsung niedriger ausfällt, als es die Versicherer bei Vertragsabschluss vorhergesagt haben. Sie besteht aus zwei Teilen: den garantierten Zinsen und den darüber hinausgehenden Überschüssen. Für Verträge bis Ende 2003 liegt die garantierte Verzinsung in der Regel bei mehr als 3 Prozent auf den Sparanteil der Beiträge. Wer ab Juli 1994 bis Juli 2000 einen Vertrag abgeschlossen hat, bekommt einen Garantiezins von bis zu 4 Prozent. Eine vergleichbar sichere und hohe Verzinsung ist derzeit woanders nicht zu haben.
Allerdings fließt nicht der gesamte Kundenbeitrag in die Sparanlage. Zuvor zweigt der Versicherer Geld für Abschlussprovisionen, Verwaltung und Risikoversicherung, etwa den Todesfallschutz, ab. Den Garantiezins auf den Sparanteil aber kann keiner senken. Für den Rest der Laufzeit gilt, was bei Abschluss vereinbart wurde. Ändert sich der Garantiezins, gilt der neue immer nur für neue Kunden.
Neben dem hohen Garantiezins profitieren Sparer, die ihren Vertrag vor dem Jahr 2005 abgeschlossen haben, auch von sehr günstigen Steuerregeln. Sie können ihre Beiträge großteils als Sonderausgaben absetzen. Und wenn sie sich das Kapital später auf einen Schlag auszahlen lassen, müssen sie die Erträge nicht versteuern. Das sind Vorteile, die sogar einen hohen Zins in den Schatten stellen können. Allerdings müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Unter anderem muss die Vertragsdauer mindestens zwölf Jahre betragen haben.
Tipp: Läuft der Vertrag noch keine zwölf Jahre, sollten Sie mit einer Kündigung auf jeden Fall noch warten.
Abschluss ab 2005: Prüfen
Kunden mit Verträgen ab 2005 stecken in der Zwickmühle. Sie profitieren nach Gesetzesänderungen nicht mehr von den attraktiven Steuerregeln, und ihr Garantiezins liegt teils deutlich unter 3 Prozent.
Mit einer Kündigung fahren sie unter Umständen aber noch mieser. Wenn es schlecht läuft, bekommen sie in den ersten Jahren nach Abschluss nur knapp die Hälfte ihrer eingezahlten Summe zurück. Zu Beginn sind hohe Abschlusskosten fällig, die Versicherten bei einer Kündigung nicht erstattet werden: die Provision für den Vermittler. Die Kosten können bei 4 Prozent und mehr der Beitragssumme liegen. Wer etwa plant, 25 Jahre lang insgesamt 100 000 Euro zu investieren, zahlt in den ersten fünf Jahren von seinen Beiträgen 4 000 Euro Vermittlerprovision.
Hinzu kommen laufende Verwaltungskosten: je nach Versicherer 1 bis 10 Prozent der Beiträge. Auch den Teil des Beitrags, der als Risikoprämie zum Beispiel für Hinterbliebene oder einen Unfallschutz abgezweigt wird, sehen Kunden bei einer Kündigung nicht wieder.
Dennoch kann in manchen Fällen ein Ausstieg oder das Einstellen der Beitragszahlung die bessere Alternative sein. Das gilt besonders bei teuren Policen und schlecht wirtschaftenden Unternehmen oder für jene Kunden, die ihre Lebensversicherung nur zum Vorsorgesparen haben und einen teuren eingebauten Hinterbliebenenschutz gar nicht brauchen.
Tipp: Ob Kündigen oder Halten besser ist, hängt vor allem von der Qualität des Vertrags ab. Für Verbraucher ist die aber oft schwer zu beurteilen. Unser kostenloser Rechner Lebensversicherung hilft bei der Einschätzung.
Neuabschluss: Finger weg
Die Aussichten auf lange Laufzeiten mitgarantierten Magerzinsen sind auf jeden Fall ein Grund, von einem Neuabschluss erst einmal die Finger zu lassen.
Sicherheitsorientierte Anleger stellen sich ohnehin meist besser, wenn sie beim Sparen fürs Alter auf staatliche Förderung setzen. Arbeitnehmer bekommen sie für Betriebsrenten und Riester-Produkte. Selbstständigen greift der Staat bei der Rürup-Rente unter die Arme. Wichtig auch hier: ein kostengünstiger Vertrag.
Tipp: Mehr Informationen und Hilfe beim Planen Ihrer Altersvorsorge finden Sie auf unserer Themenseite Altersvorsorge und Rente.
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...Schlaue kaufen Lebensversicherer-Aktien. Der Marktzins zwischen 1990 und 2008 hätte für heute fällige Lebensversicherungen durchaus eine Rendite mit einer 6 vor dem Komma zugelassen. Stattdessen wird der Kunde mit knapp der Hälfte davon abgespeist. Sehen Sie sich doch mal den Renditeverlauf einer X-beliebigen Kapitallebensversicherung an. Dann wissen Sie, warum dieses Produkt niemals Fett ansetzen kann. Wenn der Versicherungswert nach ca. 5 Jahren überhaupt erst die aufgelaufene Prämiensumme übersteigt, hat man noch eine relativ "gute" Police erwischt. Der Grund sind die enormen Kosten: Abschlußprovisionen, Bestandsprovisionen, Verwaltungskosten, Glaspaläste, Lustreisen und nicht zuletzt Dividenden für die Aktionäre. 2014 wird der Marktführer Allianz eine Dividende pro Aktie von 5,30€ zahlen, das ist 18% mehr als im Vorjahr. Woher ich das weiss? - na weil ich schlau bin ;-)