
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hat die Position von Verbrauchern gestärkt, die bestimmte Lebensversicherungen rückabwickeln wollen. Das Gericht klärte, welche Kosten die Versicherung bei der Rückerstattung der Beiträge einbehalten darf – und welche nicht. test.de erklärt das Urteil und sagt, was Kunden tun können, die aus ihrem Lebensversicherungsvertrag aussteigen wollen.
Fehlende Widerspruchsbelehrung
Der Bundesgerichtshof stärkt erneut die Position von Verbrauchern mit Lebensversicherungen. Es geht um Verträge nach dem sogenannten Policenmodell aus der Zeit von 1994 bis 2007: Kunden, die beim Abschluss nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt wurden, können möglicherweise auch heute noch widersprechen und so ihre Verträge rückabwickeln. Beim Policenmodell hatten die Kunden die Widerspruchsbelehrung teilweise erst mit dem Versicherungsschein erhalten.
Abschluss- und Verwaltungskosten muss Versicherung tragen
Der BGH hat in seinem Urteil vom 29. Juli 2015 nun zusätzlich entschieden, dass die Kunden nach Widerspruch auch die Abschluss- und Verwaltungskosten erstattet bekommen müssen. Die Versicherung Aachen Münchener hatte im aktuellen Fall diese Kosten bei der Rückzahlung abgezogen. Das geht nicht, entschieden die Richter.
Genossener Versicherungsschutz muss bezahlt werden
Abziehen dürfen die Versicherungen bei der Rückabwicklung nur die Kosten für den „genossenen Versicherungsschutz“. Außerdem muss der Kunde Kapitalertragssteuern und Soli-Zuschläge selbst zahlen, die die Versicherung bei Auszahlung des Rückkaufwertes an das Finanzamt abführt.
Mehr Geld zurück
Fazit: Hat der Kunde erfolgreich widersprochen, muss die Versicherung ihm seine eingezahlten Beiträge plus erwirtschafteter Zinsen zurückzahlen. Abziehen darf sie dabei nur Kosten für den „genossenen Versicherungsschutz“ und die Abgaben an das Finanzamt für die Auszahlung.
Eigene Rückerstattung prüfen
Kunden, die entsprechenden Lebensversicherungsverträgen bereits widersprochen haben und denen Geld ausgezahlt wurde, sollten jetzt prüfen, ob bei ihnen Abschlussprovisionen und Verwaltungskosten abgezogen wurden. Ist dies der Fall, sollten sie diese bei der Versicherung mit Hinweis auf das Urteil einfordern.
Tipp: Sie möchten raus aus Ihrem Lebensversicherungsvertrag und haben diesen zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen? Sie können bei der Verbraucherzentrale Hamburg prüfen lassen, ob in Ihrem Fall ein Widerspruch Aussicht auf Erfolg hat (Kosten: 70 Euro).
Weitere Informationen zum Thema Lebensversicherung rückabwickeln erhalten Sie auch in unseren FAQ Lebensversicherung rückabwickeln.