Manche merken schnell, manche erst spät, dass ihre Lebens- oder Rentenversicherung nicht das Gelbe vom Ei ist. Was können sie machen?
Im kommenden Jahr geht es wieder abwärts. Von jetzt noch 2,25 auf 1,75 Prozent sinkt der Garantiezins für Lebens- und Rentenversicherungen, die nach 2011 abgeschlossen werden. Auch die Überschüsse für laufende Verträge verringern sich seit Jahren branchenweit. Der Trend nach unten verunsichert Lebensversicherungskunden.
Ob klassisch verzinste Police oder Vertrag mit Fondsinvestment: Von unseren Lesern wissen wir, dass die Kunden sich zunehmend fragen, ob sie überhaupt weiter Beiträge einzahlen sollen. In unserer Online-Umfrage im März 2011 waren nur knapp 20 Prozent von rund 600 Teilnehmern mit ihrem Vertrag zufrieden.
Knapp ein Drittel plant, ihre Police zu ändern. Die meisten davon wollen künftig kein Geld mehr einzahlen. Viele von ihnen haben sogar vor, ihre Versicherung komplett zu kündigen. Finanztest zeigt an einigen Beispielen, wie Kunden die richtige Entscheidung treffen und wann es sinnvoll ist, einen neuen Vertrag zu beginnen.
Auch die 49-jährige Malerin Caroline Weihrauch ist unzufrieden mit ihrer Police. Die alleinerziehende Mutter von 13-jährigen Zwillingen aus Berlin hat für Altersvorsorge kaum Geld. Wenigstens eine Riester-Rente wollte sie haben. 2007 schloss sie eine ab.
Jetzt ärgert sich die freischaffende Künstlerin, denn die Riester-Fondspolice der Nürnberger bietet ihr nur eine minimale feste Rentenzusage.
Wie sie ausgerechnet zu diesem Vertrag kam, kann sich Caroline Weihrauch gar nicht mehr erklären. Ein Finanzberater, der ihr empfohlen wurde, riet ihr dazu, weil das „mehr bringe“. Daran erinnert sie sich noch. Heute kann sie ihn nicht mehr erreichen.
Verträge mit Fondsinvestment könnten mehr erwirtschaften als klassische Policen mit Garantiezins, wenn es an den Börsen aufwärts geht. Doch hohe Kosten für den Versicherungsmantel verhindern meist den Aufschwung. Oder der Vertrag läuft schon etwas länger und hat sich von den Crashs der Vergangenheit noch nicht erholt.
Ungeförderte Fondspolicen können sogar im Minus enden. Bei fondsgebundenen Rentenversicherungen mit Riester-Förderung wie der von Weihrauch sind dagegen wenigstens alle Einzahlungen zum Vertragsende garantiert. Wegen dieser Mindestzusage hält die Malerin an ihrem Vertrag fest.
Vermittler raten zum Umstieg
Die Reue nach dem Abschluss ist bei langlaufenden Verträgen ein verbreitetes Phänomen. Rund zwei Drittel aller ansparenden Lebens- und Rentenversicherungen werden nicht bis zum Ende durchgehalten.
Reue stellt sich ein, wenn die Verträge anders laufen als erwartet. Die meisten Kunden sind schlecht aufgeklärt und wissen nicht, dass ein gutes Ende möglich ist, wenn sie einen sehr langen Atem haben.
Sind Kunden einmal unzufrieden, empfehlen Vermittler ihnen nicht selten einen Vertragswechsel, der den Verkäufern eine neue Provision sichert. Das Neugeschäft läuft bei Lebensversicherungen zurzeit schleppend. Bestandskunden abzugrasen, erscheint manchem Vertreter als Ausweg.
In unserer Online-Umfrage wurde gut 8 Prozent der Teilnehmer ein Wechsel nahegelegt. Lohnt sich das manchmal doch?
Später Wechsel selten sinnvoll
Wir haben ermittelt, wie sich ein Kunde mit einer teuren Rentenversicherung stellt, wenn er nach zwei oder nach fünf Jahren Laufzeit zu einem günstigeren Anbieter wechselt (siehe Tabelle „Umsteigen lohnt sich nur in der Anfangszeit“). Ausgegangen sind wir von einem klassischen Vertrag der Barmenia, die wir aus unseren Tests als vergleichsweise teuren Anbieter kennen.
Für einen neuen Vertrag haben wir klassische Rentenversicherungen des Direktanbieters Europa – ohne Außendienst– und der mit Außendienst arbeitenden Debeka ausgewählt. Angebote dieser Unternehmen waren unter den drei Testsiegern in unserem jüngsten Rentenversicherungstest. Bewertet wurden dort vor allem Rentenzusage und Anlageerfolg.
Ergebnis: Läuft der alte Vertrag schon fünf Jahre, bringt ein Umstieg nichts mehr. Der Kunde hat die Abschlusskosten bei der Barmenia dann schon komplett bezahlt. Dieses Geld bekommt er nicht zurück. Außerdem gilt für den alten Vertrag aus dem Jahr 2006 noch ein Garantiezins von 2,75 Prozent. Für neue Verträge sind es überall nur 2,25 Prozent. Mit diesem Zins wird das Kundengeld verzinst, das nach Abzug der Kosten bleibt.
Beispiel: Eine heute 40-jährige Frau zahlt seit 2006 bei der Barmenia jährlich 1 200 Euro in eine private Rentenversicherung ein. Die Barmenia garantiert ihr dafür in 25 Jahren 187 Euro Anfangsrente pro Monat. Mit einem Neuabschluss bei der Europa kommt sie in 25 Jahren nur auf 138 Euro monatlich.
Nach der Kündigung bei der Barmenia erhält die Kundin aber noch knapp 4 000 Euro Rückkaufswert ausgezahlt, den sie versteuern muss. Davon könnte sie 2 000 Euro in ihren Neuvertrag einzahlen – das ist die maximale Zuzahlung, die bei der Europa möglich ist. Auch damit käme sie aber nur auf 150 Euro Garantierente monatlich.
Anders als die Europa erlaubt die Debeka, die vollen 4 000 Euro einzuzahlen. Dennoch gelingt es nicht mehr, den schwachen Altvertrag zu überholen.
Rasche Reue kann sich rechnen
Anders geht die Rechnung nach nur zwei Vertragsjahren aus: Dann kann ein Umstieg von der teuren Barmenia noch rentabel sein.
Eine dann 39-jährige Kundin, die kündigt und bei der Europa einen zwei Jahre kürzeren Vertrag, ebenfalls bis 67, abschließt, steht dort mit 165 Euro garantierter Rente im Monat trotz kürzerer Laufzeit am Ende minimal besser da. Mit der Debeka bleibt sie nur knapp hinter der Rente der Barmenia.
Zusätzlich hat sie noch den Rückkaufswert von der Barmenia. Das sind rund 1 600 Euro bei Kündigung nach zwei Jahren.
Zahlt die Kundin den Rückkaufswert in ihren neuen Vertrag ein, lohnt sich der Wechsel in beiden Fällen. Für einen Mann ist die positive Folge mit der Europa etwas deutlicher. Das liegt auch an der unterschiedlichen Sterbestatistik für Männer und Frauen.
Mit unserem kostenlosen Rechner „Lebensversicherung - fortführen, kündigen oder stillegen“ können Interessierte die Rendite einer Kapitallebens- oder Rentenversicherung prüfen. Sie können damit auch herausfinden, wie viel eine andere Versicherung abwerfen müsste, um den bestehenden Vertrag zu schlagen.
Das ist hilfreich für Leute, die in ihre ältere klassische Lebensversicherung partout nicht mehr einzahlen wollen. Oft wird sich allerdings zeigen, dass sie eine ebenso sichere Zusage, wie sie ihre schon viele Jahre laufende Police ihnen bietet, anderswo nicht mehr erreichen werden.
Fondspolicen sind riskanter
Ähnliche Analysen wie für klassische Verträge haben wir für Fondspolicen gemacht. Die Resultate gehen in die gleiche Richtung: Nur in den ersten Jahren kann sich ein Vertragswechsel ausnahmsweise lohnen. Eine zusätzliche Rolle spielt die Entwicklung der ausgewählten Fonds. Gar keinen Sinn hat es, eine klassische Police aufzugeben, um eine fondsgebundene zu beginnen und umgekehrt. Die Produkte sind so unterschiedlich, dass eine Vergleichsrechnung von vornherein hinkt.
Klassische Police heißt Sicherheit durch den Garantiezins, wenn auch auf niedrigem Niveau. Bei nichtgeförderten Fondspolicen kann dagegen am Ende sogar weniger herauskommen, als der Sparer über die Jahre mit seinen Beiträgen einzahlte.
Nur bei Riester-Verträgen sind immer mindestens die Einzahlungen und die staatlichen Zulagen zum Rentenbeginn garantiert – auch bei Fondsprodukten. So kann die Malerin Weihrauch zumindest keinen Verlust machen, wenn sie weiter einzahlt.
Krasser Fall von Falschberatung
Die 41-jährige Danuta Khedimi aus Nürnberg wurde Opfer einer Fehlberatung. Zwei „Finanzberater“ statteten der alleinerziehenden Mutter von zwei Kindern Mitte 2010 einen Besuch ab. Sie veranlassten sie, ihren Riester-Fondssparplan in eine Riester-Fondsversicherung umzuwandeln.
Auf Anraten der „Berater“ stellte die gebürtige Polin ferner ihre zehn Jahre alte Fondspolice bei der Nürnberger „beitragsfrei“. Sie zahlte keine Beiträge mehr und schloss stattdessen eine neue Police beim Liechtensteiner Versicherer Prisma Life ab.
Khedimi gab damit einen Steuervorteil auf. Die Auszahlung aus dem alten Vertrag der Nürnberger bekommt sie später einmal steuerfrei, die Erträge aus der neuen Police werden dagegen steuerpflichtig sein.
Die Steuerfrage sollte bei der Entscheidung über einen Wechsel immer eine Rolle spielen. Verträge, die vor 2005 geschlossen wurden, sind steuerfrei, wenn sie auf einen Schlag ausgezahlt werden. Bei Verträgen ab 2005 sind die Erträge steuerpflichtig. Ist der Kunde bei Auszahlung bereits 60 Jahre alt und lief der Vertrag mindestens zwölf Jahre lang, ist die Hälfte der Erträge steuerpflichtig, sonst alles.
Den Steuervorteil eines älteren Vertrags sollte man nicht aufgeben. Vermittler, die ohne Rücksicht auf diesen Vorteil zum Ausstieg oder zur Beitragsfreistellung eines älteren Vertrags raten, machen sich verdächtig.
Abschlusskosten extra
Die Vermittler hatten Khedimi auch dazu gebracht, bei der Prisma Life einen Monat lang mehr einzuzahlen als bisher. Als der Beitrag später nicht – wie vereinbart – automatisch sank, wurde sie misstrauisch.
Zunächst versuchte die Kundin vergeblich, die Vermittler zu erreichen. Schließlich nahm sie Kontakt mit dem Versicherer auf. Letztendlich kündigte sie den Vertrag.
Khedimi hatte jedoch unwissentlich in eine „Kostenausgleichsvereinbarung“ eingewilligt. Auf dieser Grundlage forderte Prisma Life sie nach der Kündigung auf, sofort 1 900 Euro Abschlussgebühren zu zahlen.
In ihrer Not wandte sich die Frau an den Versicherungsmakler Jürgen Hartenstein aus Limburg. Hartenstein bietet in einem Internet-Versicherungsforum seine Hilfe an. Der Makler erwirkte die Rückabwicklung der beiden neuen Verträge und das Wiederaufleben der bisherigen.
Alte Riester-Police behalten
Kürzlich beriet dieser Makler auch Jürgen Jungert. Ein Vermittler der Vermögensberatung DVAG wollte den 46-Jährigen zu einem Wechsel überreden. Jungert hat bisher bei der AachenMünchener eine klassische Riester-Rentenversicherung, bei der allein die Überschüsse in Fonds fließen. Nun sollte er eine reine Riester-Fondspolice ohne Garantiezins abschließen. Das lohne sich mehr.
Jungert fragte bei Hartenstein nach, den er über eine Freundin kannte. Dem Makler standen die Haare zu Berge: Mit dem Wechsel hätte Jungert nicht nur seinen mit 3,25 Prozent noch recht hohen Garantiezins im laufenden Vertrag aufgegeben. Er hätte künftig auch einen „Unisex-Tarif“ gehabt, der für ihn als Mann von Nachteil ist.
Bei Riester-Verträgen ist es seit 2006 nicht mehr erlaubt, Männern aufgrund ihrer statistisch niedrigeren Lebenserwartung mehr Rente zu garantieren als Frauen. Doch Jungerts alter Vertrag läuft schon seit 2002.
Außerdem hätte er viel Geld durch Übertragungs- und neue Abschlusskosten verloren. Hartenstein riet ab und beschwerte sich in Jungerts Namen bei der DVAG über die unvorteilhafte Empfehlung. Prompt wurde ihm eine Unterlassungserklärung wegen unlauteren Wettbewerbs zugeschickt. Jungert bleibt seinem alten Vertrag treu.
Einfach weiterzahlen oft am besten
Auch Bettina Otto ändert lieber nichts, sondern zahlt weiter. Sie hat vor zehn Jahren eine Police mit Garantie und begrenztem Fondsinvestment beim britischen Versicherer Standard Life abgeschlossen. „Toll“ findet sie nicht, was ihr in den jährlichen Standmitteilungen als Zwischenwert angekündigt wird und auch schwer verständlich. Deshalb wandte sie sich an Finanztest.
Wir haben uns Bettina Ottos Vertrag angesehen. Ergebnis: Steigt die 43-Jährige aus und nimmt den Rückkaufswert zu einer kostengünstigeren, klassischen Rentenversicherung mit, steht sie später schlechter da, als wenn sie ihre Police fortführt. Die Abschlusskosten dort hat sie voll bezahlt. Beim neuen Anbieter fallen erneut welche an.
Auch für Bettina Otto ist die Steuerfrage wichtig. Die Sozialarbeiterin hat ihren Vertrag vor 2005 geschlossen. Die Auszahlung als einmalige Summe kann sie später vollständig steuerfrei bekommen. Kündigt sie jetzt, zahlt sie auf die Überschüsse im Rückkaufswert 25 Prozent Abgeltungsteuer.
Am Ziel vorbei
In einer Zwickmühle befindet sich Stephan Scherfenberg. Der 34-jährige Familienvater muss sich wahrscheinlich mit Verlust von seiner Rentenversicherung trennen.
Scherfenberg suchte 2006 eine sichere, flexible Geldanlage, um für einen späteren Immobilienkauf zu sparen. Die Beraterin der Deutschen Bank, seiner Hausbank, verkaufte ihm eine fondsgebundene Rentenversicherung ihrer Versicherungstochter Deutscher Herold. Doch die Fonds darin sind keine wertsichernde Investition und zudem – verpackt in eine Rentenversicherung – unflexibel. Scherfenberg kommt heute an sein Geld nur mit gut 3 000 Euro Verlust heran.
Hätte der junge Vater die 8 575 Euro, die er inzwischen beim Deutschen Herold einzahlte, mit 2,5 oder 3 Prozent Zins angelegt, könnte er jetzt deutlich über 9 000 Euro für seinen Immobilienkauf verwenden.
Dennoch sollte Scherfenberg lieber jetzt mit Verlust kündigen und den Rückkaufswert von 5 400 Euro nehmen. Dann kann er dieses Geld und seinen Monatsbeitrag von 125 Euro in die Immobilienfinanzierung stecken. Das bringt ihm 4 bis 5 Prozent sichere Rendite nach Steuern, weil er weniger Kredit braucht. Mit der Police hat er kaum eine Chance auf einen solchen Ertrag.
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