
Einige Verbraucherorganisationen fordern sie schon lange, nun wollen die großen Lebensmittel- und Getränkehersteller Coca-Cola, Nestlé, Mars, PepsiCo, Mondelez und Unilever für ihre Produkte die Lebensmittelampel einführen: eine farbliche Markierung der Nährwertangaben, die etwa vor viel Zucker, Fett oder Salz in Lebensmitteln warnt. Wir erklären, warum Verbraucherschützer den Vorstoß kritisieren und was die Ampel auf der Packung dem Verbraucher wirklich bringt.
Rot heißt: Vorsicht, ungesund!
Das Prinzip der Ampelkennzeichnung funktioniert so: Die Nährwertangaben für Energie, Zucker, Fett und Salz sind auf der Verpackung farblich unterlegt – Grün steht für niedrige Gehalte, Gelb für mittlere, Rot für hohe Gehalte. Als Bezugsgröße wollen die sechs Konzerne eine Portion angeben. Hier setzt die Kritik von Verbraucherschützern an, darunter auch die Stiftung Warentest: Hersteller definieren die Größe der Portionen individuell, Menschen essen nicht immer gleich viel von einem Lebensmittel. Das macht einen Vergleich der Nährwertgehalte von unterschiedlichen Produkten nahezu unmöglich.
Grünes Licht nur dank Mini-Portion
Zudem kann über die Portionsgröße die Farbgebung gesteuert werden. Gibt der Hersteller zum Beispiel bei einem stark zuckerhaltigen Lebensmittel eine sehr kleine Portionsgröße an, können durch diesen Kniff die Nährwertgehalte noch im grünen oder gelben Ampelbereich liegen. Nimmt man eine realistische und damit größere Portion zum Maßstab, müsste die Ampel auf rot springen.
Modell bietet lediglich grobe Orientierung
Um unterschiedliche Lebensmittel wirklich vergleichen zu können, ist eine einheitliche Berechnungsgrundlage notwendig. Die Stiftung Warentest und andere Verbraucherschützer halten 100 Gramm beziehungsweise 100 Milliliter als Bezugsgröße für sinnvoll. Eine farbliche Unterlegung der Nährwertangaben kann hilfreich sein, die Farben können aber nur eine grobe Orientierung geben, um das Produkt in die Gesamternährung einzuordnen. Zudem werden günstige Nährstoffe wie etwa Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe, Spurenelemente oder sekundäre Planzenstoffe von dem Modell nicht erfasst. Gar nicht taugt die Ampel für sogenannte Monoprodukte, die überwiegend oder ganz aus einer Zutat bestehen – dazu gehören beispielsweise Speiseöle, Honig, Milch, Fleisch, Fruchtsäfte oder Butter.
Die Ampel allein genügt nicht
In Europa haben die Briten schon Erfahrung mit der Ampelkennzeichnung gemacht: 2013 führte die Lebensmittelbehörde Food Standard Agency (FSA) ein einheitliches System dafür ein. Die britische Ampel orientiert sich oft an den Guideline Daily Amount (GDA), einer Richtlinie für die tägliche Zufuhr, die von der Lebensmittelindustrie entwickelt wurde. Die GDA-Standards sind umstritten: weil sie etwa den maximalen empfohlenen Zuckerverzehr sehr hoch ansetzen, wie Kritiker bemängeln. Um Fehlernährung zu vermeiden und ihre Folgen bekämpfen zu können, brauchen Verbraucher umfassende Aufklärung über eine gesunde Lebensweise. Die Lebensmittelampel allein genügt da nicht.
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