Mehr als 16 Millionen Tonnen Verpackungsmüll produzieren die Deutschen jährlich. Als Gegenmaßnahme setzen findige Einzelhändler jetzt wieder auf Altbewährtes: Wie früher im Tante-Emma-Laden verkaufen sie ihre Ware teilweise oder komplett ohne Verpackung. Für einen verpackungsfreien Supermarkt, der im Spätsommer in Berlin eröffnen soll, spendeten tausende Unterstützer insgesamt mehr als 100 000 Euro.
Crowdfunding sichert Finanzierung
2014 scheint das Jahr des unverpackten Einkaufens zu werden – erst im Februar eröffnete die gebürtige Französin Marie Delaperrière in Kiel ihren Supermarkt mit dem Namen „Unverpackt“, der sämtliche Waren ohne Verpackung anbietet. Im Mai folgte das Ehepaar Deinet aus Duisburg dem Trend, sie tauften ihren Laden „Freikost“. In Berlin bieten die Geschäfte „Dr. Pogo“ und „Biosphäre“ schon seit Längerem einen Teil ihrer Ware verpackungslos an. Mit dem Supermarkt „Original Unverpackt“ der Unternehmerinnen Sara Wolf und Milena Glimbovski soll nun auch in der Hauptstadt der erste Supermarkt völlig ohne Einwegverpackungen eröffnen. Die Gründerinnen wollen Müll in der kompletten Lieferkette – vom Erzeuger bis zum Verbraucher – vermeiden. Für die Finanzierung sammelten Sie unter anderem über eine Crowdfunding-Plattform im Internet mehr als 100 000 Euro ein. Ein erster Laden ist gesichert, weitere Filialen sollen folgen.
Creme wird abgezapft, Käse von Verkaufspersonal geschnitten
Umfrage verpackungsfreier Supermarkt
Würden Sie in einem Supermarkt einkaufen, in dem die Ware ohne Verpackung angeboten wird?
Und so gehts: Aus großen Vorratsbehältern mit Nudeln, Müsli, Shampoo oder Spülmittel füllen Kunden sich die Ware ab, an der Kasse wird abgewogen. Getränke sind entweder in Mehrweg-Flaschen oder zum Abzapfen erhältlich. Auch Cremes sollen Kunden abzapfen können. Behältnisse können sie teils vor Ort kaufen, leihen oder mitbringen. Lebensmittelrechtlich ist das zulässig. „Die Betreiber müssen nur sicherstellen, dass die Ware durch eigene Behälter der Kunden nicht hygienisch beeinträchtigt wird“, sagt Andreas Tief vom Bundesverbraucherministerium. Eine Sprecherin von „Original Unverpackt“ sagte test.de, dass von Kunden mitgebrachte Behältnisse für Lebensmittel wie etwa Butter oder Käse vor der Benutzung vor Ort gereinigt werden. Außerdem soll Hygiene etwa dadurch gewährleistet werden, dass Kunden Butter und Käse nicht selbst abschneiden, sondern es dafür Verkaufspersonal geben wird.
Tipp: Eine Übersichts von Lebensmittel-Tests und Reports finden Sie auf der Ressort-Seite Essen und Trinken.
Tiefkühlware und Fisch wird es nicht geben
Ob die Idee massentauglich ist, bleibt allerdings fraglich. So müssen Verbraucher, die in verpackungsfreien Supermärkten einkaufen, auf manches verzichten, wie zum Beispiel Tiefkühlware und Fisch. Für zukünftige Läden ist allerdings eine Fleischtheke geplant. Außerdem müssen Kunden Zeit für das Abwiegen mitbringen: Mitgebrachte Behältnisse müssen sie vor dem Einkaufen für das spätere Tarieren selbst wiegen, die eingekauften Waren wiegt eine Kassiererin ab. Erfreulich: Die losen Waren sollen im Vergleich zu Verpacktem gleich teuer oder gar günstiger sein, versprechen die Betreiber.