
„Ich bestelle online, um mehr Zeit mit meinem Zweijährigen zu verbringen und weniger mit Einkaufen.“ Anne Klemkow aus Potsdam, 32 Jahre, berufstätige Mutter © Adam Sevens
Kein Lieferdienst für Lebensmittel schneidet im Test gut ab. AmazonFresh vermasselt es sich beim Datenschutz. Viele kühlen die Ware schlecht.
Testergebnisse für 10 Lebensmittel-Lieferdienste 10/2018
Anne Klemkow bestellt abends Lebensmittel im Internet. Da schläft ihr kleiner Sohn. Wenn sie ihn nach der Arbeit von der Kita abholt, möchte sie nicht noch mit ihm durch Geschäfte hetzen. Rentnerin Sieglinde Brück kauft online ein, seit sie Probleme mit dem Laufen hat und nicht mehr viel tragen kann. Anne Kliem, 24 Jahre, besitzt kein Auto und ließ sich zuletzt einen Großeinkauf für eine Party vor die Wohnung bringen.
Junge Leute, Familien, computerbewanderte Senioren geben den Online-Supermärkten in Deutschland Auftrieb. 2017 steigerten sie ihren Umsatz um 21 Prozent – allerdings beträgt ihr Anteil am gesamten Lebensmittelumsatz nur etwa 1 Prozent. Die meisten kaufen lieber noch vor Ort selbst ein. Ob auf Lieferdienste Verlass ist, haben wir geprüft, darunter etwa AmazonFresh, Bringmeister, Food.de und Rewe Lieferservice. Von zehn Online-Supermärkten ließen wir je fünf Bestellungen in Testhaushalte bringen, zum Beispiel Schweres wie Mineralwasser und Druckempfindliches wie Eier oder Erdbeeren. Die meisten Einkäufe kamen zum verabredeten Termin und waren richtig zusammengestellt. Größte Herausforderung: die Kühlkette.
Unser Rat
- MyTime.de
- liegt im Test vorn: mit der Note befriedigend. Der Dienst liefert Lebensmittel deutschlandweit in Paketen, allerdings mit viel Transportmüll. Bringmeister und Rewe Lieferservice, die Nächstplatzierten, tragen weniger Müll ins Haus, haben aber mehr Probleme mit gekühlter Ware. Bei AmazonFresh läuft am meisten glatt, der Dienst vermasselt sich Platz eins durch sehr deutliche Mängel in der Datenschutzerklärung.
136 von 245 Kühlwaren zu warm

Viel zu warm. Das Hähnchenbrustfilet dürfte höchstens 4 Grad Celsius haben, der Testhaushalt maß 15,4 Grad. © Stiftung Warentest
Hähnchenbrust, Räucherlachs, Mozzarella, Schlagsahne, Salat-Mix oder vergleichbare Alternativen – von 245 kühlpflichtigen Produkten waren 136 bei der Anlieferung zu warm – das entspricht 56 Prozent. AllyouneedFresh, Food.de und Natur.com hatten die Kühlkette gar nicht im Griff. Im Extrem schnellten die Thermometer, mit denen die Tester in den Haushalten die Produkttemperatur prüften, auf mehr als 20 Grad. Frischfleisch wie Hähnchen darf laut Verpackungsangaben und einer Din-Norm eine Höchsttemperatur von 4 Grad nicht überschreiten, Räucherlachs keine 7 Grad.

Erdbeeren. 15 von 35 Lieferungen waren lädiert. © Stiftung Warentest
Wenn die Kühlkette unterbrochen ist, können sich Keime vermehren und die Lebensmittel vorzeitig verderben. Schlimmstenfalls machen sie krank. Verbraucher sollten zu warme Produkte direkt beim Händler reklamieren, etwa per Telefon oder E-Mail. Wer die Lebensmittel nicht wegwerfen möchte, sollte sie komplett durcherhitzen und möglichst schnell verzehren. Das Mindesthaltbarkeitsdatum gilt nun nicht mehr.
Viele Erdbeeren mit Druckstellen

„Seit ich nicht mehr gut laufen kann, kaufe ich Lebensmittel im Internet. Ich habe extra dafür einen PC angeschafft.“ Sieglinde Brück aus Düsseldorf, 85 Jahre, Rentnerin © Frank Beer
Bei 12 der 50 Lieferungen rochen die Tester das Waschpulver. Es war nicht ideal, aber zumindest oft getrennt von Duftemfindlichem verpackt. Von den leicht zerdrückbaren Produkten bereiteten den Händlern nur die Erdbeeren Probleme: 43 Prozent kamen mit Druckstellen, zermatscht oder schimmelig an. Alles andere blieb meist unversehrt. Nur 1 der 536 gelieferten Eier war zerbrochen, nur 2 von 63 Tüten enthielten krümelige Chips, nur ein Sahnebecher lief aus. Diese Testergebnisse decken sich mit Erfahrungen von Sieglinde Brück. „Ich bin zufrieden mit dem Zustand der Lebensmittel, vor allem bei Obst und Gemüse.“
Im Test fehlte hin und wieder etwas oder war ausgetauscht: Erdbeeren zum Beispiel gegen Blaubeeren. Oft erhielten die Kunden vorher Bescheid. 19 der insgesamt mehr als 700 Artikel kamen nicht an, beispielsweise ein Kasten Wasser von Real.
Pünktlichkeitsquote von 82 Prozent
Auf die Pünktlichkeit der Händler war Verlass. Da geht es nicht um die Minute, sondern um das angekündigte Zeitfenster. Es reicht von einer Stunde bis zu mehreren Tagen. Die Pünktlichkeitsquote lag im Schnitt bei 82 Prozent. Für die berufstätige Mutter Anne Klemkow ist das ein entscheidender Punkt: „Mein Tag ist durchgetaktet, langes Warten auf den Lieferdienst verursacht Stress.“
Auf den Websites waren vorgeschriebene Produktangaben überwiegend vorhanden. Seit 2014 regelt die Lebensmittelinformationsverordnung, dass Online-Supermärkte so informieren müssen wie Anbieter vor Ort, etwa über Nährwerte und Allergene.
Vier liefern ins hinterste Dorf

„Ich habe kein Auto und wohne im vierten Stock ohne Aufzug. Den Großeinkauf für eine Party habe ich online geordert.“ Anne Kliem aus Berlin, 24, Jahre, Redakteurin, Stiftung Warentest © Benjamin Pritzkuleit
Anne Klemkow und Anne Kliem wohnen in Potsdam und Berlin – sie können alle geprüften Onlinedienste nutzen, weil dort alle vertreten sind. Wer auf dem Land wohnt, kann oft nur bei vier Diensten ordern: AllyouneedFresh, Amorebio, MyTime.de und Natur.com liefern bis ins hinterste Dorf. Sie bringen die Waren von einem Zentrallager über Paketdienste wie DHL als Paket auf den Weg. Nachteil: Die Pakete erreichen die Kunden frühestens einen Tag nach der Bestellung. Das macht ausgefeilte Kühlkonzepte notwendig – und die Kunden müssen dafür meist Zuschläge zahlen (Testergebnisse, „Lieferkosten“ und „Aufschläge“).
Die Paketversender bürden ihnen und der Umwelt auch viele Kartons, Papier, Luftpolsterfolien und Styropor auf. Dafür gab es im Test Minuspunkte (Verpackungsmüll).AllyouneedFresh schneidet in diesem Punkt besser ab. Der Ableger von DHL liefert die Einkäufe in vielen Regionen – darunter auch an unsere Testhaushalte – in Tüten und Mehrwegboxen. Das reduziert den Müll zumindest ein bisschen.
Mehr Komfort bei Großstadthändlern

Kartoffelchips. Nur 2 von 63 Tüten enthielten Bruch. Eier. Nur 1 von 536 gelieferten Eiern war kaputt. © Stiftung Warentest
Regionale Anbieter haben logistische Vorteile: Die Warenlager oder Supermarkt-Filialen, in denen sie die Onlinebestellungen zusammenpacken, liegen oft nicht weit von der Lieferadresse entfernt. Das verschafft Kunden Komfort: Sie erhalten den Einkauf im schnellsten Fall schon 90 Minuten nach der Bestellung und können zwischen vielen Lieferterminen wählen.
Bringmeister, Rewe und Food.de fahren die Einkäufe meist mit eigenen Wagen aus. Stromaggregate und Kühlpads zum Beispiel sollen Produkte kühl halten. Kühlzuschläge gibt es nicht. Boten bringen die Waren in Tüten und nehmen meist auch Pfandgut wieder mit. „Das ist praktisch“, sagt Anne Kliem.
Liegt die Zukunft im Kofferraum?
Die Online-Supermärkte befinden sich mit vielem noch in der Experimentierphase. Kunden in Deutschland achten stark auf Preise und haben selten lange Wege zum nächsten klassischen Supermarkt. Die Onlinebranche muss eins draufsetzen und tüftelt an schlauen Konzepten für die Lieferung, zum Beispiel in den Autokofferraum oder direkt in den Kühlschrank mithilfe smarter Schlösser. Ob das der Bringer ist, wird die Zukunft zeigen.
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@qmetheus: Ihre Nachfrage nehmen wir gerne als Testwunsch auf und leiten ihn an das zuständige Planungsgremium weiter. Ob und wie schnell sich diese Anregung realisieren lässt, können wir Ihnen leider nicht genau sagen. Auf jeden Fall haben wir Ihren Wunsch registriert.
Liebe Stiftung Warentest,
In den letzten vier Jahren hat sich einiges getan, gerade Corona hat bekannterweise einen signifikanten Einfluss auf auf Lieferdienste und die Bereitschaft, noch mehr online zu bestellen gehabt.
Insofern wäre es doch mal wieder Zeit für einen aktualisierten Test, oder?
Schöne Grüße
Hallo,
Ich denke es wäre an der Zeit für eine Neuauflage von diesem Test.
Meine eigenen subjektiven Erfahrungen in diesem Jahr haben speziell für Real gezeigt, dass sich hier scheinbar vieles zum positiven entwickelt hat. Ich persönlich würde dem Lieferdienst eine Wesentlich bessere Note geben und viele Kritikpunkte konnte ich nicht nachvollziehen.
Deswegen würde mich ein erneuter Test sehr interessieren.
Ein sicher nicht repräsentativer persönlicher kurzer Erfahrungsbericht: Aus coronatechnisch gegebenen Anlass versuchte ich mich an Lebensmittel-Lieferdiensten. Obwohl in einer Großstadt wohnend möchten nur Getnow, Rewe und Real liefern.
Rewe hat die nächsten drei Wochen keinerlei Lieferfenster. Getnow hätte wieder in einem Monat. Real innerhalb weniger Tage. Also fällt die Wahl auf Real.
Das komplette Supermarktangebot inkl. günstiger Eigenmarke steht zur Auswahl. Auch Getränke(kisten) und TK-Artikel.
Geliefert wird mit Liefery. 30 min vor Ankunft eine SMS, man sei gleich da. Und das stimmt. Pünktlich im Lieferfenster kommt der Bote. Nett, hilfsbereit ... er hat sich sein Trinkgeld verdient.
Trotz Erlaubnis zum Austausch wird kein Brot geliefert. Schade, aber noch OK. Alles andere kommt in bester Qualität, unbeschädigt und TK-Artikel in Styroporboxen, aus denen das Trockeneis zwar mittlerweile verdunstet ist, aber das Eis ist noch immer gefroren.
Real --> in meinem Fall top!
Ich nutze aus gesundheitlichen Gründen,seit vielen Jahren die verschiedenen Lieferdienste.Früher Kaiser`s jetzt EDEKA.Beide unter dem Namen Bringmeister,nach dem Ende von Kaiser`s hat Edeka das System von Kaiser`s übernommen.Auch meine Daten,Gutschriften und die Bezahlart wurden übernommen.Auch bei REWE bin ich schon lange Kunde im Onlineshop.Ich nutze beide Lieferdienste im Wechsel,und bin voll zufrieden damit.Ich möchte dieses Angebot nicht mehr missen !