Wir haben 13 Neutrallaufschuhe auf einen Testmarathon geschickt. Modelle von Adidas und Nike erreichten als Erste die Ziellinie. Probleme gab es bei der Haltbarkeit.
Barfußlaufen, sagen Orthopäden, ist natürlich und gesund. Für längere Strecken gilt das aber nur auf einem dämpfenden Untergrund, wie Waldboden, Sand oder Gras. Die Zivilisation hat uns jedoch harte, ebene Böden beschert – Asphalt, Beton, planierte Wege. Um auch darauf gesund laufen zu können, ist schützendes Schuhwerk erforderlich. Mit immer neuen Systemen und Materialien versucht die Industrie seit Jahrzehnten, Füße und Körper beim Laufen zu entlasten. Die Dämpfung der Schuhe wurde stärker und ausgefeilter. Meilensteine dieser Entwicklung waren zum Beispiel Laufschuhe mit einer Zwischensohle aus Ethylenvinylazetat, kurz EVA genannt, die Brooks 1974 herausbrachte, das Air-System von Nike und die Gel-Dämpfung von Asics (1984).
Dämpfung: Flacher
Neuerdings zeichnet sich eine leichte Gegenbewegung ab. So enthalten einige aktuelle Laufschuhe deutlich weniger Dämpfungsmaterial und sind damit flacher. Von Fachleuten werden sie auch als Low-Profile-Schuhe bezeichnet. In unserem Testfeld könnte man den Puma Complete zu dieser neuen Schuhgeneration zählen.
Neutrallaufschuhe: Für wen geeignet
Wir haben 13 aktuelle Herrenmodelle getestet, und zwar Neutrallaufschuhe, auch Cushionschuhe genannt, für leichte bis schwerere Läufer, die keine oder kaum Fußfehlstellungen oder sonstige orthopädische Probleme haben. Der Handel bietet außerdem Schuhe mit mehr Stabilität und solche mit Bewegungskontrolle für sogenannte Überpronierer an.
Jeder Schuh: 180 Kilometer gelaufen
Als Pronation wird die natürliche Dämpfungsbewegung des Fußes im unteren Sprunggelenk bezeichnet, die sich in einem Einknicken nach innen zeigt. Bei einer Überpronation knickt der Fuß zu stark ein, sodass Fußinnenrand, Sehnen, Gelenke und Bänder stark belastet werden. Das hat nicht nur für den Fuß negative Auswirkungen, sondern kann auch zu Knie- und Hüftschmerzen führen. Das Laufen über den Außenrand des Fußes nennt man Supination.
Im Rahmen der praktischen Prüfung haben wir 20 erfahrene Läufer auf eine neun Kilometer lange Teststrecke geschickt, und zwar mit jedem Schuh der Auswahl, also insgesamt 260 Mal. Die Testläufer erhielten die Schuhe im Institut nach dem Zufallsprinzip und füllten nach dem Rundkurs einen Fragebogen aus. Nach dem Abschluss des Lauftests hatte jeder Schuh so 180 Kilometer auf dem Buckel.
Favoriten der Testläufer waren die beiden Adidas-Modelle („würde ich sofort kaufen“) und der Mizuno Wave Precision 7. Weniger anfreunden konnten sie sich mit dem New Balance 755 und dem Reebok Premier Aero, für die es am häufigsten negative Kommentare bezüglich Druck- und Scheuerstellen gab.
Sensoren: Messen Druckverteilung
Das subjektive Urteil der Tester allein ist aber noch nicht sehr aussagekräftig. Denn dabei können persönliche Vorlieben eine Rolle spielen, auch neigen Läufer mitunter dazu, Schuhe wegen einer Kleinigkeit radikal abzuwerten. Deshalb führen wir im Anschluss an den Lauftest umfangreiche biomechanische Tests durch, um die Qualität der Schuhe mittels physikalischer Messungen zu bestimmen. Außerdem beurteilen zwei Experten die orthopädischen Eigenschaften.
Im Biomechanik-Labor wurden bei 20 Läufern winzige Drucksensoren an der Fußsohle, Beschleunigungsmesser am Schienbein und elektronische Winkelmesser an der Fersenkappe des Schuhs befestigt. Damit liefen die Versuchspersonen über eine Messplattform. Dort wurden die biomechanischen Parameter bei einer konstanten Laufgeschwindigkeit von 12 Kilometern pro Stunde gemessen.
Nike Air Vomero: Beste Biomechanik
Die gemessenen Werte erlauben Rückschlüsse darauf, wie die Schuhe harte Stöße dämpfen, wie der Fuß gestützt wird und wie sich der Druck über die Fußfläche verteilt. Das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Pronation kann zwar nicht direkt gemessen werden, die Winkelmessung (Achillessehnenwinkel zur Vertikalachse Fersenkappe) gilt in der Biomechanik aber als aussagekräftiger Parameter dafür. Jeder Schuh durchlief insgesamt 100 Messdurchgänge.
Nach der Auswertung der Datenflut stand fest: Spitzenreiter im Labor war der Nike Air Vomero. Er liegt sowohl bei der Stoßdämpfung als auch bei der Druckverteilung vorn, was unter anderem auf die nachgiebige Struktur seines Fersenpolsters zurückgeführt werden kann. Relativ hart und wenig gedämpft ist der Puma Complete Concinnity, dessen schräge Schnürung ins Auge fällt. Die stärkste Pronationskontrolle bieten der Asics Gel-Nimbus und der New Balance 755, die geringste der New Balance 1061.
Haltbarkeit: Automatische Dauertests
Erstmals haben wir einen automatischen Dauertest durchgeführt, bei dem die Schuhe mit einem Stempel im Fersenbereich bearbeitet werden. Das imitiert Druckbelastungen über eine Laufstrecke von etwa 1 000 Kilometern. Bei einigen Modellen war das Fersenmaterial danach deutlich verändert. Auf die Laufeigenschaften scheint sich das aber nicht negativ auszuwirken. Die Biomechanik war bei den Modellen, die nach dem Dauertest geprüft wurden, nicht viel schlechter.
Zwei andere Dauertests brachten aber Schwächen ans Licht. Bei der Prüfung der Scheuerbeständigkeit des Fersenfutters und der Biegefestigkeit der Sohlen schwächelten drei Schuhe: Beim Puma war das Fersenfutter deutlich angescheuert, New Balance 755 und Reebok hatten Risse in der Sohle. Erfreulicher fiel das Ergebnis bei der Schadstoffsuche aus. Bis auf geringe Spuren bei zwei Schuhen war nichts Schädliches nachweisbar.
Schuhkauf: Jeder Fuß ist anders
Anfänger sollten auf dem Laufband im Fachgeschäft oder bei einem Orthopäden überprüfen lassen, welcher Läufertyp sie sind, und spezielle Schuhe auswählen. Am wichtigsten ist die Passform. Der Schuh muss genau sitzen und darf an keiner Stelle drücken. Frauen brauchen speziell für sie konstruierte Modelle. Sie können sich dabei aber an den Herrenschuhen orientieren. Bei unserem letzten Test schnitten die Laufschuhe für Frauen und Männer jedenfalls meist ähnlich ab. Dann kann es auch schon losgehen: Erst warmmachen und dehnen, dann langsam ohne übersteigerten Ehrgeiz loslaufen.
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