
Gerd Kommer. Seinen neuen ETF präsentiert der Finanzautor mit großem Selbstbewusstsein. © laif / Thomas Dashuber
Der bekannte Finanzbuchautor Gerd Kommer bietet seit kurzem einen eigenen ETF an. Unsere Analyse zeigt: Das Konzept hat viele Pluspunkte, franst aber aus.
Ein Verfechter der ETF-Anlage
Der ehemalige Investmentbanker Gerd Kommer hat sich vor allem als Vermögensverwalter und Buchautor einen Namen gemacht. Von Lesern und Followern auf Youtube wird er gefeiert und fast schon mit Weihrauch besprengt. In seinen Büchern streicht Kommer, ganz in unserem Sinne, die Vorteile der ETF-Anlage heraus. Auch manche Leser haben sich bei uns schon nach Gerd Kommers Weltportfolio-Konzept erkundigt. Dieses besteht aus einem Renditebaustein mit Aktien-ETF, Immobilien und Rohstoffen sowie einem Sicherheitsbaustein aus Euro-Staatsanleihen – ähnlich wie das von uns entwickelte Pantoffel-Portfolio mit Beimischungen.
Der perfekte Renditebaustein?
Im Juni 2023 hat Kommer nun einen Aktien-ETF auflegen lassen, der es ermöglichen soll, den Renditebaustein seines Welt-Portfolios mit nur einem Fonds abzubilden, den L&G Gerd Kommer Multifactor Equity ETF (Isin IE000FPWSL69).
Auf der Webseite von Gerd Kommer wird mit Superlativen nicht gegeizt. Der Gerd-Kommer-ETF sei einzigartig, ja sogar revolutionär. Der Fonds sei günstig, einfach handelbar, habe keine Klumpenrisiken und sei auch noch nachhaltig ohne Kompromisse bei der Diversifikation.
Wir haben den ETF zwar schon in unserem Fondsfinder, eine reguläre Fondsbewertung erhält der Fonds aufgrund seiner jungen Historie aber noch nicht. Wir schauen uns daher in diesem Beitrag die Anlagestrategie und die Portfoliozusammensetzung des ETF genauer an, und werfen auch einen Blick auf den bisherigen Kursverlauf. Der folgende Chart zeigt die Wertentwicklung des ETF seit Auflage im Vergleich zu globalen Aktien-Indizes.
Tipp: Durch Klick auf die Legendeneinträge können Sie filtern.
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Transparenz leidet unter der Vielzahl von Kriterien
Während sich die Zusammensetzung klassischer Aktienindizes meist nach dem Börsenwert richtet, zieht der Gerd-Kommer-ETF mehrere Kriterien heran. Der Börsenwert ist eins davon. Daneben kommen auch Faktoren wie Value oder Momentum und auch Ausschlusskriterien in puncto Nachhaltigkeit zum Tragen. Das Gewichtungsverfahren ist zu komplex, als dass es für Normalanleger im Detail nachvollziehbar wäre. Wer ETF-Anlagen auch aufgrund ihrer Transparenz schätzt, erlebt hier eine kleine Enttäuschung.
Kampf dem Klumpenrisiko
Für Anlegerinnen und Anleger viel wichtiger ist ohnehin eine andere Maßnahme: Der maximale Anteil jeder Einzelaktie beträgt 1 Prozent, im Bedarfsfall wird er bei der vierteljährlichen Anpassung auf diesen Wert gekappt. Jedes Klumpenrisiko wird auf diese Weise im Keim erstickt. Aktuell summieren sich die zehn größten Aktien im Gerd-Kommer-ETF auf nur 8 Prozent gegenüber fast 17 Prozent im MSCI World Index.
Die Begrenzung auf 1 Prozent Gewicht für jede Aktie kann aber auch Nachteile haben, nämlich wenn Dickschiffe wie Apple und Microsoft stärker steigen als der breite Markt. Genau das ist in den vergangenen Jahren passiert. Wenn solche Trendaktien immer wieder auf 1 Prozent Gewicht zurückgesetzt werden, profitiert man weniger von ihrer überdurchschnittlichen Entwicklung: Weitere 20 Prozent Gewinn sind halt weniger wertvoll, wenn die Aktie nur ein Prozent Gewicht hat statt vier. Wenn Apple und Co aber schlechter als der Markt laufen sollten, können sich Besitzer des Gerd-Kommer-ETF freuen, da sie unterproportional in die Toptitel investiert sind.
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US-Anteil deutlich geringer als im MSCI World
Für alle jene, denen der hohe US-Anteil in den gängigen Weltaktienindizes ein Dorn im Auge ist, bietet Gerd Kommer ein reizvolles Konzept, denn in seinem ETF wird auf Länderebene jeweils hälftig nach dem Börsenwert und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) gewichtet. Diese Kombination war uns bisher von anderen Indizes oder Finanzprodukten nicht bekannt. Eine Gewichtung allein nach dem BIP ist dagegen bei manchen Fonds und Robo Advisors zu finden. Die Kombimethode bewirkt, dass der US-Anteil im Gerd-Kommer-ETF aktuell bei nur 45 Prozent liegt, während er im MSCI World Index 69 Prozent beträgt (Stand 30. Juni 2023).
China in Schranken halten
Mit seiner Gewichtungsmethode umgeht Kommer ein Problem, das sich bei einer nur am BIP orientierten Ländergewichtung ergeben würde. Aktien aus Schwellenländern hätten dabei einen Anteil von etwa 40 Prozent, China allein fast 20 Prozent. Das wäre in Anbetracht der politischen Risiken in Schwellenländern aus unserer Sicht zu waghalsig. Tatsächlich hat der Gerd-Kommer-ETF mit rund 20 Prozent einen vertretbar hohen Anteil an Schwellenländern.
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Nachhaltigkeit wird klein geschrieben
Gerd Kommer bezeichnet seinen Nachhaltigkeitsfilter ehrlicherweise als „leichten ESG-Filter“. Wir würden ergänzen „sehr leicht“. Ein vergleichbarer Index von MSCI, der auch geächtete Waffenanbieter und Firmen mit Verstößen gegen UN-Prinzipien (United Nations Global Compact principles) ausschließt, kommt in Bezug auf seinen Mutterindex MSCI All Country Word Index (ACWI, 2 935 Aktien) auf 31 Ausschlüsse – das entspricht nur einem Prozent der Aktien. Der Gerd-Kommer-ETF schließt zusätzlich Kohle aus, aber nur die Spitze des Eisberges bei fossilen Energieträgern – Exxon Mobil und Chevron schafften es Ende Juni sogar in die Top 10. Bezüglich anderer ethisch-ökologischer Kriterien werden Firmen nur bei schweren Verstößen ausgeschlossen. So bleiben am Ende laut Gerd Kommer nur rund 300 von rund 5 000 aus ethisch-ökologischen Gründen unberücksichtigt. Für Anleger, die es auch ernst mit ihrem Anspruch an eine nachhaltige Aktienauswahl meinen, ist der ETF also eher nichts.
Renditevergleich: Gerd-Kommer-Index hinter MSCI ACWI
Der Index, auf den sich der Gerd-Kommer-ETF bezieht, wurde erst 2023 von Solactive gestartet, aber bis Juli 2017 zurückgerechnet. Er hat über die vergangenen sechs Jahre, also von Ende Juli 2017 bis Ende Juli 2023, ein Plus von 46 Prozent erzielt. Diese Angabe bezieht sich auf den Net Return Index in US-Dollar.
Der folgende Vergleich mit anderen Indizes zeigt: Der Gerd-Kommer-Index lag hinter dem MSCI World und auch hinter dem MSCI All Country World (ACWI). Das muss in Zukunft nicht so sein, sollte aber die Erwartungen von Anlegern an eine zukünftige Outperformance dämpfen. Zumal Rückrechnungen mit Vorsicht zu genießen sind – häufig laufen optimierte Indizes nach der Einführung relativ schlechter als in der zurückgerechneten Periode.
Aggregierte Wertentwicklung über sechs Jahre, in US-Dollar, Stand 31. Juli 2023:
- Gerd-Kommer-Index: 46 Prozent
- MSCI World: 73 Prozent
- MSCI ACWI: 65 Prozent
- MSCI Emerging Markets: 14 Prozent
- MSCI USA: 100 Prozent
Langfristiger Wertentwicklungsvergleich: Faktoren und alternative Gewichtungen schwächeln
Da es den Gerd-Kommer-ETF selbst erst seit Juni 2023 gibt und uns auch zum zurückgerechneten Gerd-Kommer-Index keine Renditezeitreihen vorliegen, können wir keinen langfristigen Chartvergleich anstellen.
Wir schauen daher auf Indizes, die Teilkonzepte des Gerd-Kommer-ETF umsetzen beziehungsweise ähneln und vergleichen sie mit dem MSCI World Index:
- MSCI World Index: Die klassische Benchmark für weltweites Aktieninvestment. Deckt mittlere und große Titel aus Industrieländern ab. Siehe auch unser MSCI-World-Spezial.
- MSCI All Country World Index (ACWI): Investiert in mittlere und große Aktientitel weltweit, aus Industrieländern und Schwellenländern, gewichtet klassisch nach Größe der Börsentitel.
- MSCI ACWI GDP weighted: Investiert in die gleichen Titel wie der Mutterindex MSCI ACWI, gewichtet aber nach Bruttoinlandsprodukt (BIP, in englisch GDP).
- MSCI ACWI Equal weighted: Gewichtet die Titel im Aktienuniversum gleich. Dieser Index zeigt was passiert, wenn man große Titel unter- und kleine Titel übergewichtet. Zum Vergleich: Der Gerd-Kommer-ETF gewichtet nicht alle Titel gleich, beschneidet aber das maximale Gewicht eines Titels auf 1 Prozent und untergewichtet damit große Titel.
- MSCI Div. Multi-Factor: Wählt die Titel entsprechend ihrer Faktorzugehörigkeit aus. Berücksichtige Faktoren sind: Quality, Momentum, High Dividend Yield, Enhanced Value und Minimum Volatility. Die Faktoren werden im MSCI Index gleichgewichtet. Zum Vergleich: Der Gerd-Kommer-ETF berücksichtigt gleichgewichtet die Faktoren Value, Quality, Momentum, Size und Investment.
Der folgende Chart zeigt die langfristige Wertentwicklung der Indizes im Vergleich.
Tipp: Durch Klick auf die Legendeneinträge können Sie filtern.
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Was der obige Chart Ihnen sagt:
- Der MSCI World und der MSCI ACWI laufen ähnlich. Die Beimischung von Schwellenländern bringt mal leichte Vorteile, mal Nachteile.
- Die BIP-Gewichtung schien früher vorteilhaft gewesen zu sein.
- Langfristig liegen der Multi-Factor-Index und der gleichgewichtete Index deutlich vorn (bevor Sie nun ein Fazit ziehen, schauen Sie sich bitte noch den nächsten Chart an).
Outperformance gab es früher
Lohnt es sich also, auf Faktoren und alternative Gewichtungsformen zu setzen, wie es der Gerd-Kommer-ETF tut? Der langfristige Chart oben suggeriert das. Es lohnt sich aber ein Blick auf den folgenden Outperformance-Chart. In diesem stellen wir die kummulierte Outperformance der alternativen globalen Indizes im Vergleich zum MSCI World dar.
So interpretieren Sie einen Outperformance-Chart:
- Steigt eine Linie, läuft der entsprechende Index besser als der MSCI World
- Läuft eine Linie seitwärts, laufen der entsprechende Index und der MSCI World gleich
- Fällt eine Linie, läuft der entsprechende Index schlechter als der MSCI World.
Was Sie am folgenden Chart erkennen können:
- Der gleichgewichtete Index und der BIP-gewichtete Index laufen seit 2010 schlechter als der MSCI World.
- Der Multi-Faktor-Index läuft seit 2010 eher parallel zum MSCI World und seit 2018 schlechter.
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Fazit: Streuung gut, Outperformance ungewiss
Mit Kosten von 0,5 Prozent ist der Gerd-Kommer-ETF etwas teurer als übliche Welt-ETF, aber im akzeptablen Bereich. Wie hoch die Handelskosten im Fonds sein werden, ist noch nicht klar.
Unsere bisherige Analyse zeigt: Die Berücksichtigung von mehreren Faktoren sowie alternativen Gewichtungsformen brachte seit einigen Jahren keine Outperformance mehr. Es ist ungewiss, ob der ETF mit seinem Sonderweg künftig auf lange Sicht ein besseres Rendite-Risiko-Verhältnis haben wird als ETF, die klassische Weltindizes nachzeichnen. Wer ein breit gestreutes, weltweites Investment sucht, ist auch weiterhin bei unseren globalen -ETF gut aufgehoben, egal ob klassisch oder nachhaltig.
Anlegerinnen und Anleger, die sich jedoch an der hohen US-Gewichtung in den Weltindizes stören und bei Apple oder Microsoft bereits Klumpenrisiken wittern, finden in dem Gerd-Kommer-ETF eine mögliche Lösung. Er ist mit aktuell etwa 2 000 Aktien gut diversifiziert und auch bei Schwellenländern gut aufgestellt.
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