Kurtaxe So viel müssen Sie zahlen – unser Check für 111 Reiseziele

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Kurtaxe - So viel müssen Sie zahlen – unser Check für 111 Reiseziele

Der West­strand auf dem Darß bei Prerow gilt als einer der schönsten Strände. Kurtaxe: 2,00 Euro am Tag. © mauritius images / C. Bäck

Ferien in Deutsch­land sind schön, aber auch recht teuer. Neben Fahrt und Unterkunft zahlen Urlauber vieler­orts Kurtaxe. Finanztest hat 111 Reiseziele verglichen. In der Spitze zahlt ein Ehepaar für 14 Tage Sommer­urlaub rund 100 Euro Kurtaxe – Kosten für Kinder und Hunde können noch dazu kommen. Nur zwei von 111 Urlaubs­orten verlangen keine Kurtaxe. Unsere Tabelle zeigt, wo Sie wie viel bezahlen müssen.*

Sogar für den Hund ist mancher­orts Kurtaxe fällig

Ost- und Nordsee locken mit weit­läufigen Stränden, im Süden rufen die Berge. Deutsch­lands Vielfalt macht Urlaub im eigenen Land attraktiv. Doch neben Fahrt, Unterkunft und Strandkorb belasten häufig Extra­kosten wie die Kurtaxe die Reisekasse. Sie wird in mehr als 350 Kur-, Erholungs- und Fremden­verkehrs­gemeinden kassiert, so die Auskunft des Heilbäder­verbands. Fällt die Taxe am Reiseziel pro Familien­mitglied und sogar für den Hund an, kann es schnell teuer werden.

Zwei Wochen Urlaub zu viert = 182 Euro extra

Eine vierköpfige Familie mit Kindern ab 14 Jahren und Hund zahlt auf der Nord­see­insel Juist beispiels­weise für einen zweiwöchigen Strand­urlaub 182 Euro zusätzlich, in Sellin 152,10 Euro. Hier zahlt die Familie sogar für ihren Hund. Macht dieselbe Familie dagegen Ferien in der Müritz­region in Plau am See, zahlt sie nur 26 Euro. Geht sie wandern in der Lüneburger Heide in Bispingen oder Radfahren an der Mosel in Bern­kastel-Kues, muss sie gar keine Kurtaxe zahlen.

Säumigen drohen Geldbußen

Je nach Ort liegt die Kurtaxe pro Reisendem zwischen 0 und 3,50 Euro am Tag. Wer sie nicht zahlt, dem drohen Geldbußen. Wie groß die Unterschiede bei der Kurtaxe in diesem Sommer sind, wollten wir genau wissen und haben bundes­weit 111 beliebte Urlaubs­ziele abge­fragt. Finanztest gibt eine Über­sicht (Tabelle) und beant­wortet die wichtigsten Fragen.

Teure und güns­tige Kurorte

Wo muss ich als Urlauber am meisten bezahlen?

Die höchsten Kurtaxen verlangen laut unserer Umfrage die ostfriesischen Nord­see­inseln Juist, Borkum und Langeoog. Hier müssen Erwachsene 3,50 Euro pro Tag ins Budget einkalkulieren. Genauso teuer sind das bayerische Bad Kissingen und Baden-Baden in Baden-Württem­berg. Langeoog ist für Familien mit Schul­kindern am teuersten: Kinder ab sechs Jahren zahlen 2,10 Euro und Erwachsene 3,50 Euro pro Reisetag. Mit 3,40 Euro ist die Nord­see­insel Norderney kaum güns­tiger, gefolgt von Bad Nauheim mit 3,30 Euro, dem Surfer­paradies Westerland auf Sylt und dem ostwest­fälischen Bad Salz­uflen mit je 3,20 Euro.

Krumm kalkuliert der hessische Nobel­kur­ort Bad Homburg: Gäste zahlen täglich 3,07 Euro – Ergebnis der Euro-Umstellung. Glatte 3,00 Euro zahlen die Urlauber zum Beispiel in den schleswig-holsteinischen Seebädern Büsum, Dahme, Grömitz, Kellenhusen, Timmen­dorfer Strand und in Wennings­tedt auf Sylt. Im Mittel­feld finden sich die Ostsee­inseln. In Binz auf Rügen zahlen Urlauber 2,60 Euro. Bringen sie einen Hund mit, sind zusätzlich 50 Cent pro Tag fällig. Auf Usedom werden zwischen 1,85 und 2,50 Euro berechnet (Tabelle).

In welchen Orten ist die Kurtaxe am güns­tigsten?

Die bundes­weit nied­rigste Kurtaxe erhebt Bad Wilhelms­höhe: Erwachsene zahlen hier 50 Cent, Kinder nichts. Für Strand­urlauber ist Fehmarn mit 1,80 Euro die preis­werteste Insel, gefolgt von Loddin auf Usedom mit 1,85 Euro. Besonders günstig sind: Plau am See (1 Euro), Isny im Allgäu (1,50 Euro), Waren an der Müritz (1,50 Euro) und Templin (1,50 Euro), Rottach-Egern (1,60 Euro) und Bad Berleburg (1,70 Euro).

In 2 von unseren 111 abge­fragten Orten zahlen Urlauber gar nichts: Bern­kastel-Kues in Rhein­land-Pfalz und Bispingen in Nieder­sachsen. In Bispingen wird die Taxe von ansässigen Unternehmen über­nommen.

Jede Gemeinde kann die Höhe der Taxe selbst fest­legen

Kann es sein, dass ich in zwei Orten auf derselben Insel unterschiedlich viel bezahle?

Ja. Zum Beispiel auf Sylt und Usedom ist die Kurtaxe in den einzelnen Bädern unterschiedlich hoch. Das geht, weil jede Gemeinde die Höhe selbst fest­legen darf. Reisende können also sparen, wenn sie ihren Über­nachtungs­ort aussuchen. Die Unterschiede sind groß. Beispiel Usedom: Macht eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern über 16 Jahren 14 Tage Urlaub in Herings­dorf, zahlt die Familie 130 Euro Kurtaxe. Das ist zwei­einhalb­mal so teuer wie der gleiche Aufenthalt in Zinnowitz (52 Euro). Noch billiger ist Loddin. Hier zahlt die Familie nur 48,10 Euro – eine Ersparnis von fast 82 Euro. An- und Abreisetag gelten in diesen Orten als ein Tag.

Nicht ganz so groß sind die Differenzen auf Sylt. Die Familie zahlt in Wennings­tedt (84 Euro, 14 Zahltage), gefolgt von Westerland (83,20 Euro, 13 Tage) und Hörnum (72,80 Euro, 14 Tage). Das spart 11,20 Euro. Keine Preis­unterschiede macht Amrum, hier kosten alle Orte gleich viel (Tabelle).

Muss ich für den Strand­besuch im Nach­bar­ort noch einmal zahlen?

Ja, die von Ihnen gezahlte Kurtaxe berechtigt Sie nur zur Nutzung der Kurangebote in dem Ort, für den Sie bezahlt haben. Dazu gehört der jeweilige Strand­abschnitt.

Bei Ausflügen in den Nach­bar­ort müssen Sie für diesen Ort eine Tages­karte lösen. Vor allem in der Hoch­saison werden Sie am Strand kontrolliert, zum Beispiel in den Kaiserbädern auf Usedom. In vielen Seebädern müssen Sie an den Strand­zugängen Ihre gültige Kurkarte vorzeigen. In Schleswig-Holstein berechtigt eine Karte zur Nutzung von etwa 50 Urlaubs­orten an der Ostsee, Nordsee und im Binnen­land.

Auch wer nicht über­nachtet, muss zahlen

Muss ich auch als Tages­gast zahlen, wenn ich an den Strand will?

Ja, vor allem die Nord- und Ostseebäder kassieren auch teil­weise von ihren Tages­gästen für die Strandnut­zung. Die Preise können von der Kurtaxe abweichen. Bezahlen können Sie vor Ort an den Strand­zugängen, bei der Kurverwaltung oder an Auto­maten.

Welche Urlaubs­orte sind am familien­freundlichsten?

Die gute Nach­richt: In mehr als der Hälfte der 111 befragten Orte sind Minderjäh­rige von der Kurtaxe befreit. Das familien­freundlichste Bundes­land ist Schleswig-Holstein. Hier zahlen Sie für Ihre Kinder in allen der 17 von uns abge­fragten Orte keine Kurtaxe. Allerdings legen hier Erwachsene drauf: Schleswig-Holstein ist im Schnitt mit 2,73 Euro das teuerste Bundes­land.

Wie viele Orte haben in diesem Jahr ihre Kurtaxe erhöht?

12 der abge­fragten Orte haben 2016 die Preise erhöht (Tabelle). Winter­berg im Sauer­land hob beispiels­weise um 25 Cent auf 2,25 Euro an, das Usedomer Bern­steinbad Ückeritz erhöhte um 50 Cent auf 2,00 Euro.

Hundekurtaxe zur Finanzierung der Häufchentüten

Wo müssen Hundehalter auch für ihren Vier­beiner zahlen?

Nur in Meck­lenburg-Vorpommern bitten vier Seebäder Sie für Ihren vier­beinigen Freund zur Kasse. Nach Binz auf Rügen, Zingst und Göhren ist ab 2016 auch das Ostseebad Sellin dabei. Zingst verlangt pro Tag und Hund 1 Euro, in den übrigen Orten kostet er 50 Cent pro Urlaubs­tag. Mit der „Hundekurtaxe“ sollen Kosten für die Säuberung der Hunde­strände beglichen und „Häufchentüten“ zur Verfügung gestellt werden.

Was ist über­haupt eine Kurtaxe und wer darf sie erheben?

Die Kurtaxe ist eine kommunale Pflicht­abgabe, die in der Regel vor Ort vom Gast pro Urlaubs­tag gezahlt werden muss. Es spielt keine Rolle, ob Sie im Hotel oder in einer Ferien­wohnung wohnen. Ein ausgehändigtes Kärt­chen beweist, dass Sie bezahlt haben. Auch wenn der Begriff „Taxe“ auf eine Steuer schließen lässt, handelt es sich um eine zweck­gebundene Abgabe, für die es eine konkrete Gegen­leistung gibt. Sie erhalten die Nutzungs­berechtigung für das Kur- und Erholungs­angebot. Auch wenn Sie es nicht nutzen, müssen Sie zahlen.

Orte dürfen nur dann eine Kurtaxe erheben, wenn sie als Kur-, Erholungs- oder Fremden­verkehrs­gemeinde anerkannt sind. Diese Anerkennung vergibt das Wirt­schafts­ministerium des jeweiligen Bundes­landes per Urkunde, wenn der Ort einen gesund­heits­fördernden Mehr­wert hat.

Wann und wo wurde die Kurtaxe in Deutsch­land einge­führt?

Bereits 1413 sollen Kur- und Bade­gäste in Bad Pyrmont im Weser­berg­land für die Nutzung heilender Quellen eine Kurtaxe entrichtet haben. Ab 1507 bat auch Baden-Baden, in dem bereits die Römer die heißen Thermalquellen nutzten, seine Besucher an die Kurkasse. 6 Pfennig zahlte jeder Gast.

Im Jahr 1893 führte dann der Preußische Land­tag die Zwangs­abgabe für Gäste ein. „In Badeorten, klimatischen und sons­tigen Kurorten“, heißt es im Kommunal­abgabengesetz, „können die Gemeinden für die Herstellung und Unterhaltung ihrer zu Kur­zwecken getroffenen Veranstaltungen Vergütungen (Kurtaxen) erheben.“ Etwa so lauten die Ländergesetze noch heute.

Kurtaxe muss immer extra und vor Ort bezahlt werden

Muss die Kurtaxe im Reise­preis angegeben werden?

Nein. Trotz Endpreis­ver­ordnung muss die kommunale Zwangs­abgabe wegen einer Ausnahme­regelung nicht in die Reise­preise einge­rechnet werden. Begründung: Die Kurtaxe ist eine kommunale Gebühr. Schuldner ist der Gast. Insoweit ist sie unabhängig vom Vertrag zwischen Urlauber und Vermieter (Hotel, Ferien­wohnung). Selbst wer über einen Reise­ver­anstalter eine Pauschal­reise bucht, muss sie gesondert zahlen.

Was bekomme ich als Gegen­leistungen für meine Kurtaxe?

Saubere Strände, befestigte Wanderwege, öffent­liche Toiletten, Strandduschen, aber auch Kinder­betreuung – die Einnahmen der Kurtaxe finanzieren die touristische Infrastruktur. Viele Orte bieten kostenlose Kultur­ver­anstaltungen wie Konzerte und Ausstel­lungen an. Manchmal dürfen Kurtaxenzahler auch den öffent­lichen Nahverkehr vergüns­tigt oder umsonst nutzen.

Unterschiedliche Rege­lungen für Ferien­häuser

Muss ich auch zahlen, wenn ich ein Ferien­haus habe?

Das ist unterschiedlich und in der jeweiligen Kurtaxen­satzung fest­gelegt. Einige Gemeinden verlangen von ihren Ferien­haus­besitzern einen jähr­lichen Pauschal­betrag, andere fordern Kurtaxe nur für die Zeit, die Sie tatsäch­lich vor Ort verbringen.

Was passiert eigentlich, wenn ich nicht bezahle?

Wer erwischt wird, muss je nach Ort mit einer Geldbuße rechnen. Die Kurkarte, meist ein visitenkarten­großes Papp­kärt­chen, wird vor Ort oder an Strand­zugängen von Gemeinde­angestellten kontrolliert. Wer keine gültige Karte vorweisen kann oder sie einem Dritten über­lässt, begeht eine Ordnungs­widrigkeit. Die Höhe des Bußgeldes bestimmen die Gemeinden selbst oder verweisen auf das Kommunal­abgabengesetz des Landes. In Bad Nauheim werden beispiels­weise zwischen 5 Euro und 50 000 Euro fällig, Bad Lipp­springe fordert mindestens 30 Euro. Leiten Vermieter die Kurtaxe nicht an die Gemeinde weiter, begehen sie Abgaben­hinterziehung. Dafür können bis zu zwei Jahren Frei­heits­strafe drohen.

Taxe bringt drei­stel­ligen Millionen­betrag ein

Wie hoch sind die Einnahmen aus der Kurtaxe in Deutsch­land?

Da es sich um eine Kommunal­abgabe handelt, gibt es keine Gesamt­zahlen. 2014 gab es laut Statistischem Bundes­amt etwa 112 Millionen Über­nachtungen von deutschen Urlaubern in Heil- und Seebädern. Unsere Umfrage hat für 111 Orte eine durch­schnitt­liche Kurtaxe von 2,42 Euro pro Über­nachtung für einen Erwachsenen in der Haupt­saison ergeben. Eine darauf basierende vorsichtige Schät­zung ergibt, dass die kurtaxenberechtigten Orte 2014 rund 271 Millionen Euro einge­nommen haben.

* In der Online-Fassung war für wenige Stunden eine Tabelle veröffent­licht, die in der Spalte „Preise 2016 erhöht“ veraltete Daten enthielt. Die PDF-Version des Artikels war von dem Fehler nicht betroffen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • ichreisegern am 31.08.2016 um 11:51 Uhr
    Urlaibsziel abhängig vom Kurbeitrag machen?

    Vielen Dank für den Spartipp, aber ganz ehrlich: Ich mache die Auswahl meines Urlaubsziels bestimmt nicht von der Höhe des Kurbeitrags abhängig. Und allen, für die das tatsächlich ein wichtiges Kriterium sein sollte, kann ich nur empfehlen, auch mal die Leistungen gegenzuchecken, die man mit der Gästekarte im jeweiligen Ort bekommt. Wenn man mit der Gästekarte zum Beispiel kostenfrei die ÖPNV-Busse nutzen kann, spart das wirklich Geld am Urlaubsort. Da sieht die Kosten-Nutzen-Rechnung für den Urlauber dann schon etwas anders aus ... (abgesehen davon, dass dieses Angebot auch der Umwelt zu Gute kommt).
    Mein Fazit: Der Artikel ist ein bisschen einfach gestrickt. Die Diskussion um den Kurbeitrag sollte schon komplexer geführt werden, als bloß ein Ranking mit den jeweiligen Kurbeitragssätzen zu veröffentlichen.

  • rweinberger am 04.07.2016 um 13:43 Uhr
    Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen

    Es ist einfach unfair, nur die Höhe der Kurtaxe zu vergleichen ohne die Leistungen zu nennen, die darin enthalten sind!

  • Gonni am 19.06.2016 um 17:54 Uhr
    Nur der Preis zählt

    Ich empfinde die Antwort der Stiftung Warentest als arrogant. Zitat: "Diese Leistungen waren nicht Inhalt unserer Untersuchung. Es ging uns nur um die Höhe der Kurtaxe."
    Dazu meine Frage: Dürfen wir demnächst Warentests erwarten bei denen nur die Preise gelistet werden?

  • Gonni am 18.06.2016 um 11:28 Uhr
    Warum eigentlich nur die Kurtaxe?

    Warum wurden bei diesem Thema die Abgaben vieler Städte, wie zum Beispiel die City Tax für Privatreisende in Berlin, links liegen lassen? Schließlich gibt es auch viele Reisende, die gerne Städtereisen machen. Und was ist denn der Unterschied zwischen Kurtaxe und City Tax? Zahlen muss ich allemal. Nach meiner Kenntnis kostet das in Belin bei einem Übernachtungspreis von 100 Euro inkl. MWSt. 4,05 Euro.

  • Reisemann am 16.06.2016 um 20:07 Uhr
    Öffentliche Toiletten bedeutet...

    ... oftmals wohl nur deren Bereitstellung. In Warnemünde zum Beispiel muss man für die Nutzung der Pacht-Toiletten extra zahlen (wenn geöffnet, was außerhalb der Hauptsaison meist Glückssache ist). Das kann schon mal zu mehr als 'ner Verdopplung der Kurabgabe führen. Woanders (z. B. auf Pellworm) gibt es saubere, kostenlose Häuschen fürs kleine oder große Geschäft.