
© iStockphoto
Kann man in kurzer Zeit einen Einstieg in das Thema BWL bekommen? Wir haben 21 Kurse getestet. Fazit: Am besten lernt man online für den Wirtschaftsführerschein.
Die Eigenkapitalquote ermitteln
Berlin, Volkshochschule Steglitz-Zehlendorf. Im Kursraum sitzen Studenten, Existenzgründer, ein Künstler, ein Verwaltungsangestellter und eine Assistentin der Geschäftsführung. Sie lösen eine Übungsaufgabe, die der Dozent ihnen gerade gestellt hat. Sie sollen die Bilanz eines Beispielunternehmens, dem Elektrobetrieb Alois Mumm, auswerten. Dafür müssen sie die Eigenkapitalquote, die Anlagenintensität, die Liquidität und die Umsatzrentabilität des Unternehmens ermitteln. Beachtlich, schließlich ist es gerade mal der dritte Tag ihres viertägigen Grundlagenkurses BWL. Kann ein Kurs tatsächlich so schnell die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Grundlagen vermitteln?
BWL-Kurse zwischen 50 Euro und 2 000 Euro
Die Stiftung Warentest wollte wissen, ob das möglich ist und wo die Grenzen solcher Kurzkurse sind. Exemplarisch besuchten wir acht BWL-Grundlagenkurse mit einer Dauer zwischen 16 und 40 Unterrichtseinheiten, unter anderem in Wuppertal, Chemnitz, Berlin und Bochum. Anbieter waren Volkshochschulen (VHS), eine Industrie- und Handelskammer (IHK) und private Anbieter. Der billigste Lehrgang kostete gut 50 Euro, der teuerste über 2 000 Euro, keine Weiterbildung dauerte länger als fünf Tage.
Europäischen Wirtschaftsführerschein machen
Zum Vergleich besuchten wir 13 Kurse, die auf die Prüfung zum Europäischen Wirtschaftsführerschein (EBC*L) vorbereiten. Der EBC*L ist ein noch wenig bekanntes internationales Zertifikat, das in den letzten Jahren entwickelt wurde. Es soll ein Standard für betriebswirtschaftliches Wissen werden und richtet sich an Nichtkaufleute (siehe Abschlüsse Betriebswirtschaft). Wir besuchten sechs reine Präsenzweiterbildungen, zwei Selbstlernangebote mit kurzen Präsenzphasen und fünf Internetkurse. Der kürzeste Lehrgang dauerte vier Tage, der längste drei Monate, die Preise lagen inklusive Prüfungsgebühr zwischen 227 Euro und 2 280 Euro.
Das Ergebnis: Bei den BWL-Grundlagenkursen schafften es nur zwei vergleichsweise teure Kurse, in der knappen Zeit wirklich die wichtigsten Grundlagen zu vermitteln. Inhaltlich gut war die dreitägige Weiterbildung des Anbieters Lufthansa Technical Training. Behandelt wurden hier so gut wie alle wichtigen Grundlagenthemen (siehe Checkliste). Zusätzliches Plus: Fast immer orientierten sich die Themen und Übungen praxisbezogen am Beispiel Lufthansa.
Auch der Kurs von Integrata sprach von Absatz bis zum Rechnungswesen so gut wie alle wichtigen Grundlagenthemen an. Einziges Manko: Der Veranstalter hatte den ehemals fünftägigen Kurs auf drei Tage gekürzt, für Übungen blieb zu wenig Zeit.
Viele Weiterbildungen sind zu spezialisiert
Alle anderen Kurse spezialisierten sich auf wenige Schwerpunktthemen, meist im Bereich Finanzen, und gaben damit, anders als versprochen, keinen allgemeinen Überblick über das Thema Betriebswirtschaft. Am deutlichsten war das beim eingangs erwähnten Kurs der Volkshochschule Steglitz-Zehlendorf in Berlin. Hier ging es fast nur um die Themen Kostenrechnung, Bilanzierung, Controlling und Marketing. Alle anderen Themen, beispielsweise Absatz und Produktion, blieben außen vor. Damit wurde der Viertageskurs seinem Titel „Betriebswirtschaftslehre – Unternehmerisch denken und handeln“ nur zum Teil gerecht.
Wenig zufriedenstellend war auch das Ergebnis des teuersten Grundlagenkurses. Immerhin 2 020 Euro verlangt das ZWB Forum für Führungskräfte für seinen Dreitageskurs. Auch hier lag der Schwerpunkt entgegen dem Titel „Betriebswirtschaft für Nichtbetriebswirte“ zu einseitig auf den Themen Finanzen und Controlling. Mit Stoff und Aufgaben aus dem Bereich betriebliche Leistungsprozesse, zum Beispiel Beschaffung, Materialwirtschaft oder Absatz, beschäftigten sich die Teilnehmer dagegen gar nicht oder nur unzureichend.
Lehrmaterial wenig geeignet
Je kürzer und kompakter der Unterricht ist, desto wichtiger sind die Lehrmaterialien. Denn wer zuhause den Kursinhalt noch einmal nachvollzieht, kann das Gelernte längerfristig besser behalten.
Die besten Lehrmaterialien gab es bei den auch sonst inhaltlich guten Kursen von Lufthansa und von Integrata. Besonders überzeugend war das Fotoprotokoll, das es bei Lufthansa zusätzlich zum Skript gab. Damit erhielten die Teilnehmer eine detaillierte Dokumentation des Seminars. Andere Dozenten dagegen verteilten nur einzelne Kopien. Besonders negativ fielen hier zwei Volkshochschulkurse auf. So erhielten die Kursbesucher in Chemnitz knapp 30 unnummerierte Einzelseiten und in Steglitz-Zehlendorf 17 geheftete Seiten mit eher willkürlich zusammengestellten Inhalten.
Recht einfallslos war bei den meisten Kursen die didaktische Gestaltung. Deutliche Schwächen gab es hier bei den Volkshochschulen in Wuppertal und in Chemnitz. „Es war ein täglicher Kampf gegen das Einschlafen“, erzählt unser Tester von der Bergischen VHS in Wuppertal.
Doch nicht nur die beiden Volkshochschulen schwächelten im Prüfpunkt Didaktik, auch der mit 1 610 Euro zweitteuerste Kurs von Integrata überzeugte hier nicht. Wegen der Kürzung auf drei Tage mangelte es dort vor allem an Zeit für Übungen.
Lufthansa Training überzeugte
In fast allen Kursen hatten die Teilnehmer zudem unter viel zu langen Dozentenvorträgen zu leiden. Schriftliche Übungsaufgaben gab es meist nur gelegentlich, und der Einsatz der Präsentationsmedien und Unterrichtsmethoden hätte oft abwechslungsreicher sein können.
Dass es auch anders geht, bewies einmal mehr Lufthansa Technical Training. Hier sprach der Dozent höchstens zehn Minuten am Stück, hier gab es Rollenspiele, Gruppenarbeit und schriftliche Übungen. Nur die IHK zu Bochum war didaktisch fast so gut, unter anderem auf Grund der hohen Teilnehmerorientierung.
Wirtschaftsführerschein praxisnaher
Sowohl inhaltlich als auch didaktisch überzeugender als die meisten von uns besuchten Grundlagenkurse BWL waren viele der getesteten Vorbereitungskurse zum Europäischen Wirtschaftsführerschein (EBC*L). Ihr großer Vorteil: Der Stoff, den die Dozenten vermitteln müssen, ist durch den Lernzielkatalog des EBC*L klar definiert.
Den EBC*L gibt es in drei Stufen. Bislang in Deutschland durchgesetzt hat sich nur die Stufe A: Hier sollen laut Konzept „die unverzichtbaren Grundlagen für praktisch umsetzbare Wirtschaftskompetenz“ gelegt werden. Eine Gesamteinführung in die Ökonomie erspart sich der EBC*L. Welche Themenbereiche zur Stufe A konkret gehören, steht in der Checkliste.
Seit kurzem gibt es auch die Stufe B. Hier geht es um das „Planungswissen“. Laut Lernzielkatalog (siehe www.ebcl.de) gehören dazu die Ziele, Methoden und Instrumente der Businessplanerstellung sowie Marketing, Vertrieb, Investitionsrechnung und Finanzplanung. Noch nicht mit einem konkreten Lernzielkatalog hinterlegt ist die Stufe C zum „Führungswissen“.
EBC*L-Internetkurse am besten
In unseren Test einbezogen haben wir ausschließlich Kurse der Stufe A. Sowohl die Preise als auch die Dauer der Kurse variierten enorm – obwohl am Ende alle Teilnehmer ein- und dieselbe Prüfung ablegen müssen. So gibt es Weiterbildungen, die in 30 Stunden für unter 300 Euro (inklusive Prüfgebühr) auf die Prüfung vorbereiten, und Kurse, die drei Monate Vollzeit dauern und inklusive Prüfung 2 280 Euro kosten.
Inhaltlich und didaktisch am überzeugendsten waren die Onlinekurse von ForumF-Online und IHK-Bildungshaus Schwaben. Beide kosten inklusive Prüfgebühr unter 300 Euro, ihr geschätzter Zeitaufwand mit höchstens 50 Stunden ist vergleichsweise gering. Beide Kurse basieren auf der EBC*L-Software „Easy business“, die die Inhalte am Beispiel eines Waschsalons vermittelt.
Gesprochene Moderation von Vorteil
Auch didaktisch erreichten die beiden Kurse Bestnoten. So punkteten die zwei besten Angebote unter anderem dadurch, dass eine gesprochene Moderation durch das Programm führt. ForumF-Online bietet zurzeit jedoch keinen EBC*L-Kurs mehr an. Einziger Onlinekurs mit weniger guten Noten ist der als Fernunterricht zugelassene Kurs vom Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft für 450 Euro und mit bis zu 80 Stunden Bearbeitungsdauer. Die Prüfungsgebühr von etwa 150 Euro kommt noch dazu. Die für den Kurs entwickelte Software reiht Formeln, Begriffe, Definitionen und Fakten aneinander. So lernt der Prüfling das wirtschaftliche Wissen eher auswendig, anstatt es zu verstehen.
Tipp: Auf der Seite www.arbeitsagentur.de können Nutzer, die bei der Bundesagentur für Arbeit oder einer Grundsicherungsstelle, zum Beispiel einer Arge, gemeldet sind, kostenlos eine Online-Weiterbildung zum EBC*L absolvieren. Zugang über Bürgerinnen & Bürger > Weiterbildung.
100 Stunden Vorbereitung reichen
Inhaltlich überladen waren zwei der getesteten Präsenzkurse für den EBC*L. Während die deutsche Zentrale des EBC*L den Zeitaufwand für die Prüfungsvorbereitung mit höchstens 100 Stunden angibt, schafften es ausgerechnet zwei durch die Arbeitsagentur für Arbeit geförderte Kurse, die Teilnehmer damit bis zu drei Monate lang in Vollzeit zu beschäftigen und bis zu 2 280 Euro dafür zu kassieren.
Neben den für die EBC*L-Prüfung wichtigen Themen kamen in den arbeitsagenturgeförderten Kursen zahlreiche andere BWL-Themen zur Sprache, die weit über die Stufe A hinausgehen. „Die Aufnahmekapazitäten wurden bei vielen Teilnehmern überschritten“, erzählt unsere Testerin. „Die meisten hatten das Gefühl, überfordert zu sein.“ Auch sonst war der Besuch der beiden mehrmonatigen Kurse kein Zuckerschlecken. „Bei uns gab es eine knallharte Hausordnung“, erzählt die Testerin bei BBQ Baumann Bildung & Qualifizierung. Nicht einmal Getränke durften sie mit in den Unterricht nehmen.
Günstiger und schneller geht es bei Practice Company in Köln. Kurz und knapp wurde der relevante Stoff durchgenommen und es gab sehr gut geeignetes Lehrmaterial. Anhand von Beispielfragen wurde gezielt auf die Prüfung vorbereitet. Die schlechteste Prüfungsvorbereitung bei den Präsenzkursen bot die VHS Wiesbaden. Enttäuschend war vor allem, dass es kaum Lehrmaterial gab. Im Unterricht dominierte ein ermüdender Dozentenvortrag.
Eine Mischung zwischen Fern- und Präsenzkurs sind die zwei Selbststudienangebote mit Präsenzphasen. Gut, aber vergleichsweise teuer ist der Kurs des Hagener Instituts für Managementstudien, der durch sehr gutes Lehrmaterial inklusive Software überzeugte. Wenig empfehlenswert ist das Angebot der HWK Karlsruhe. Hier las der Dozent lieber vor, statt Übungen anzubieten.
EBC*L ist die bessere Alternative
Der Test zeigt: Grundlagenkurse BWL geben oft nicht den versprochenen allgemeinen Einblick. EBC*L-Kurse dagegen haben einen klar definierten, praxisorientierten Inhalt. Wer gern am PC lernt, fährt mit einem Onlinekurs am besten. Wer lieber vor Ort in der Gruppe lernt, sollte darauf achten, dass der Kurs nur Inhalte des EBC*L-Lernzielkataloges vermittelt. Gut ist es, wenn der Kursanbieter als Prüfungszentrum akkreditiert ist (siehe www.ebcl.de).
Dass sich der EBC*L lohnen kann, zeigt das Beispiel unserer BBQ-Testerin. Sie hat inzwischen einen Job bekommen.
-
- Vielen Arbeitnehmern ist nicht bewusst, dass sie ein Recht auf Bildungsurlaub haben. Die konkreten Regelungen sind von Bundesland zu Bundesland verschieden.
-
- Berufliche Weiterbildung ist oft teuer. Für Arbeitnehmer, Arbeitslose und Selbstständige gibt es Fördergelder. Unsere Checkliste hilft bei der Kurs-Suche.
-
- Sie haben den Weiterbildungsguide der Stiftung Warentest aufgerufen. Der Betrieb dieser Seite ist eingestellt. Der Weiterbildungsguide wurde vom Bundesministerium für...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.