
Das Landgericht Köln hat es der DSL-Bank untersagt, sich Kunden gegenüber mit einer zweifelhaften Formulierung gegen Kreditwiderrufe zu verteidigen. „Das Gericht sagt ganz klar: Irreführende Angaben über die dem Vertragspartner zustehenden Rechte sind unlauter“, freute sich Rechtsanwalt Michael Dorst über das Urteil. test.de erklärt die Rechtslage.
Tausende Euro Zinsersparnis
Fünf Fälle hatten die Anwälte der Schutzgemeinschaft für Bankkunden vor Gericht gebracht. Zugrunde lagen jeweils Immobilienkreditverträge mit laut zahlreicher Gerichtsurteile fehlerhafter Widerrufsbelehrung. Rechtsfolge: Kreditnehmer können ihren Vertrag auch Jahre nach Vertragsschluss noch widerrufen; die zweiwöchige Widerrufsfrist beginnt erst bei vollständiger und korrekter Belehrung. Weil die Zinsen in den vergangenen Jahren drastisch gesunken ist, bringt ihnen das jeweils viele Tausend Euro Zinsersparnis. Alle Details zum Thema im Special Immobilienkredite: So kommen sie aus teuren Kreditverträgen raus.
Haltlose Ausreden
Die Kunden schrieben jeweils an die Bank. Doch die ließ sie mit unterschiedlich formulierten Briefen abblitzen. Mal hieß es: „Sie (...) wurden (...) ordnungsgemäß belehrt. Die Widerrufsfrist ist längst abgelaufen.“ Ein ander Mal schrieben die Bankjuristen: „Sie beanstanden (...) die Formulierung: ’Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.’ Diese Formulierung ist mit dem ersten Absatz der Musterbelehrung (...) inhaltlich identisch und unterfällt damit der Schutzwirkung der Verordnung (über die Information von Verbrauchern, Ergänzung der Redaktion)“. Oder auch: „Die Ordnungsmäßigkeit der hier vorliegenden Widerrufsbelehrung ist uns im Übrigen gerichtlich bestätigt worden“.
Schutzgemeinschaft: „Bank täuscht Kunden“
Nichts davon stimme, argumentiert die Schutzgemeinschaft für Bankkunden in der Begründung zu ihrer Klage. Die Bank täusche ihre Kunden. Die DSL-Bank habe Widerrufsbelehrungen mit eigenen Formulierungen verwendet und nicht das gesetzliche Muster. Es gebe entgegen der Behauptung der Bank kein einziges Urteil, dass die von der DSL-Bank den fünf Kunden gegenüber verwendeten Widerrufsbelehrungen für wirksam halte. Mit den Schreiben täusche die Bank ihre Kunden und versuche so, sie davon abzuhalten, von ihrem Recht Gebrauch zu machen.
Urteil gegen Bank
Ein Eilantrag der Schutzgemeinschaft für Bankkunden scheiterte noch. Sie hatte in einem anderen Fall versucht, der Bank ganz ähnliche Behauptungen per einstweiliger Anordnung verbieten zu lassen. Das Schreiben der Bank war in diesem Fall jedoch an einen Anwalt gerichtet. Als das Gericht ankündigte, den Antrag abzuweisen, nahm ihn die Schutzgemeinschaft zurück. In der Hauptsache allerdings haben die Verbraucherschützer sich jetzt in einem Fall durchgesetzt. Das Landgericht Köln verbot es der Bank, sich gegenüber Verbrauchern auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln zu berufen und zu behaupten, dass allein das jahrelange Zahlen der Darlehensraten zu einer Verwirkung des Widerrufsrechts führe – und dabei zu verschweigen, dass das Oberlandesgericht Köln tatsächlich die bereits viele Jahre vor dem Widerruf erfolgte Rückzahlung des Darlehens für entscheidend gehalten hatte.
Meinungsäußerung bleibt zulässig
Erstaunlich: Formulierungen wie „Sie (...) wurden (...) ordnungsgemäß belehrt. Die Widerrufsfrist ist längst abgelaufen“ wertete das Gericht entgegen dem Wortlaut nicht als irreführende Angabe, sondern als zulässige Meinungsäußerung. Auf solche Äußerungen bezogene Verbotsanträge wies es deshalb ab. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden will gegen die Abweisung dieser Verbotsanträge Berufung einlegen. Die DSL-Bank dagegen sieht ihre Rechtsposition im Wesentlichen bestätigt. Sie sei berechtigt, ihre Rechtsauffassung auch Verbrauchern gegenüber zu vertreten. Die vom Gericht verbotene Formulierung verwende sie ohnehin nicht mehr, erklärte ein Unternehmenssprecher gegenüber test.de.
Bis zu 250 000 Euro Strafe
Folge für DSL-Bank: Es wird für sie etwas schwerer, Kunden den Widerruf ihres Kreditvertrags zu Unrecht zu verweigern. Sollte sie die vom Gericht verbotene Formulierung – sowohl wörtlich als auch sinngemäß – Verbrauchern gegenüber doch noch mal verwenden, drohen in jedem einzelnen Fall bis zu 250 000 Euro Strafe. Andererseits: Die Bank darf ihren Kreditkunden den Widerruf im Einzelfall nach wie vor verweigern. Sie darf auch weiter die Ansicht vertreten, dass der Kunde kein Widerrufsrecht mehr habe. Sie darf dabei aber keine irreführenden Tatsachenbehauptungen aufstellen.
Auch andere Banken im Visier
Das Urteil ist brisant. Verbraucherschützer haben auch andere Banken und Sparkassen im Visier. test.de vermutet: Auf die Kreditinstitute kommt eine handfeste Abmahnwelle zu. Ganz heißer Kandidat: die DKB. Anders als die meisten anderen Banken gibt sie in Widerrufsfällen, soweit bekannt, von sich aus nie nach. Obwohl die Bank bereits viele Mal verurteilt worden ist, müssen alle Kunden vor Gericht, um ihr Widerrufsrecht durchzusetzen.
Bitte um Unterstützung
Die Schutzgemeinschaft bittet Betroffene, sich zu melden, wenn eine Bank gegen ein gegen sie verhängtes Verbot verstößt. Sie sollten verdächtige Schreiben der Bank an die Verbraucherschützer schicken. Die können dann bei Gericht beantragen, eine angemessene Strafe zu verhängen.
Landgericht Köln, Urteil vom 13.08.2015
Aktenzeichen: 31 O 111/15 (nicht rechtskräftig)
Diese Meldung erschien erstmals am 24. Oktober 2014. Sie wurde seitdem mehrfach aktualisiert, letztmals am 9. September 2015. Ältere Leser-Kommentare beziehen sich zum Teil auf unseren Bericht über das ursprüngliche Eilverfahren der Schutzgemeinschaft für Bankkunden gegen die DSL-Bank.