
Nach langem Rechtsstreit steht nun endgültig fest: Die „unabhängigen Individualbeiträge“ der Targobank sind verboten. Die Bank hat ihre Revision gegen das von der Schutzgemeinschaft für Bankkunden erwirkte gerichtliche Verbot der Gebühren zurückgenommen. Es ist jetzt rechtskräftig. Die Targobank hatte ihre Kreditbearbeitungsgebühren einfach umbenannt, nachdem der Bundesgerichtshof diese verboten hatte. Kunden sollten darauf achten, dass ihre Erstattungsforderung nicht verjährt.
Langjähriger Streit um Kreditgebühren
Über viele Jahre hinweg kassierten Banken und Sparkassen für Kredite zusätzlich zu den Zinsen Bearbeitungsgebühren. Die waren meist gleich zu Beginn der Laufzeit zu zahlen und wurden auch bei frühzeitiger Ablösung des Kredits nicht erstattet. Im Mai und Oktober 2014 urteilte der Bundesgerichtshof in insgesamt vier Fällen: Die Gebühren sind rechtswidrig. Der Aufwand bei Abschluss von Kreditverträgen sei Sache der Kreditinstitute. Sie dürften dafür keine Extra-Gebühren kassieren. Kreditinstitute haben inzwischen eine Großteil der Gebühren erstattet, wenn Kreditnehmer dies gefordert haben. test.de schätzt: Über eine Milliarde Euro sind zurück an die Kreditnehmer geflossen.
Hinweis: Ausführliche Informationen mit Tipps und Musterbriefen finden Sie in unserem Special Kreditbearbeitungsgebühren: Milliardenerstattung für Kreditkunden.
Targobank erfand neue Gebühr
Auch die Targobank hatte Kreditbearbeitungsgebühren kassiert. Das verbot ihr das Landgericht Düsseldorf, und das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung. Daraufhin änderte die Bank ihre Strategie. Für normale Ratenkreditverträge waren keine Gebühren mehr zu zahlen. Zusätzlich bot die Bank aber „Individualkredite“ an und lockte unter anderem mit kostenlosen Ratenänderungen, Sondertilgungsrechten und dem Recht auf Zahlungspausen. Für diese Kredite mussten Kunden außer Zinsen einen „laufzeitunabhängigen Individualbeitrag“ zahlen. Das sei ein Entgelt für die Sonderleistungen, argumentierte die Bank. Verbraucherschützer hatten das von Anfang an als Umgehung der Kreditgebühren-Urteile des BGH kritisiert. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden und ihr Anwalt Wolfgang Benedikt-Jansen beantragten schließlich beim Landgericht Düsseldorf, der Targobank nach den Kreditbearbeitungsgebühren auch die Individualbeiträge zu verbieten.
Verbot vorläufig vollstreckbar
Dieses Verbot verhängte das Landgericht Düsseldorf. Es sei nicht zu erkennen, für welche Leistung die Gebühr genau zu zahlen ist. Sie erscheine deshalb genau wie Kreditbearbeitungsgebühren als laufzeitunabhängiges Entgelt und benachteilige Kreditnehmer. Die Targobank legte Berufung ein. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte die Verurteilung der Targobank. Doch die legte Revision ein und brachte den Fall so vor den Bundesgerichtshof. Doch noch bevor der Rechtsanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden die Erwiderung auf die Revision einreichen konnte, nahm die Targobank die Revision jetzt zurück; sie hofft wohl, dass die Nachricht im Vorweihnachtstrubel untergeht und keine größeren Kreise zieht.
Nur noch bis Ende des Jahres – Verjährung droht
Die Targobank selbst erklärt, sie werde berechtigte Ansprüche auf Erstattung von Individualbeiträgen umgehend ausgleichen. Betroffene sollten formlos an die folgende Adresse schreiben und die Erstattung von Kreditbearbeitungsgebühren sowie Herausgabe der Nutzungen fordern:
Targobank AG und Co. KGaA
Postfach 10 02 28
47002 Duisburg
Sie müssen die Kreditkontonummer nennen und die Bankverbindung für die Überweisung des Erstattungsbetrags. Wer bereits im Jahr 2013 Individualgebühren oder sonst Kreditbearbeitungsgebühren gezahlt hat, muss sich sputen. Die Erstattungsforderung verjährt am 31.12.2016.
Tipp: Fordern Sie in solchen Fällen Erstattung bis spätestens 27.12.2016. Schalten Sie noch vor dem Jahreswechsel den Ombudsmann oder einen Rechtsanwalt ein, um die Verjährung zu stoppen.
Was bedeutet das Verbot der Individualbeiträge?
- Keine Gebühren. Die Targobank darf diese Gebühren nicht mehr kassieren und sich auch nicht auf die Klausel berufen.
- Ordnungsgeld droht. Verstößt die Bank gegen das Verbot, kann das Landgericht Düsseldorf bis zu 250 000 Euro Ordnungsgeld festsetzen. Das Urteil ist jetzt zwar noch nicht rechtskräftig, aber vorläufig vollstreckbar.
- Antrag auf Strafe. Die Schutzgemeinschaft will jetzt die Bestrafung der Bank beantragen, weil die auch nach Verkündung des gerichtlichen Verbots noch Individualbeiträge kassierte.
Schutzgemeinschaft bittet um weiteres Material
Soweit die Targobank die Erstattung bereits verweigert hat oder das noch tut, können Betroffene sich bei der Schutzgemeinschaft für Bankkunden melden – per Mail unter schutz-vor-banken@t-online.de oder per Post:
Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V.
Mondstraße 8
91186 Büchenbach.
Die Schutzgemeinschaft sammelt Kopien von Kreditverträgen mit „Individualbeiträgen“, die nach der ersten Verkündung des gerichtlichen Verbots am Mittwoch, 8. Juli 2015 geschlossen wurden. Interessiert sind die Verbraucherschützer auch an Schreiben, mit denen sich die Bank nach Verkündung des Verbots geweigert hat, „Individualbeiträge“ zu erstatten.
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 8.7.2015
Aktenzeichen: 12 O 341/14 (nicht rechtskräftig)
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.04.2016
Aktenzeichen: I-6 U 152/15
Verbraucheranwalt: Wolfgang Benedikt-Jansen, Frankenberg/Eder.
Das sollten betroffene Targobank-Kunden jetzt tun
Sie sollten auf jeden Fall darauf achten, dass ihre Forderung auf Erstattung des „laufzeitunabhängigen Individualbeitrags“ nicht verjährt. Noch bis Jahresende (31.12.2016) kann die Erstattung aller im Laufe des Jahres 2013 gezahlter Beträge gefordert werden. Betroffene sollten unbedingt die folgenden Hinweise zum Thema beachten.
Die wichtigsten Links zum Thema
- Kreditbearbeitungsgebühren: Milliardenerstattung für Kreditkunden
- So gehen Sie vor: Fragen & Anworten
- Hilfe zur Selbsthilfe: Musterbriefe Kreditbearbeitungsgebühr
- Zinsberechnung: test.de-Excel-Datei
* Diese Meldung ist erstmals am 9. Juli 2015 auf test.de erschienen. Sie wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 22. Dezember 2016. Ältere Kommentare beziehen sich auf frühere Fassungen der Meldung.