Bank- und Kapitalmarktrecht: Kreditbearbeitungsgebühren Stand: 22.12.2014

Klare Ansage des Bundesgerichtshofs: Alle innerhalb der letzten zehn Jahre gezahlten Kreditbearbeitungsgebühren sind zu erstatten. Viele Banken zahlen jetzt, aber längst nicht alle. Vor allem einige Sparkassen verweigern mit haarsträubenden Ausreden die Erstattung. test.de sagt, was Sie jetzt tun müssen. Es eilt. Am 31.12. verjähren Erstattungsforderungen für bis Ende 2011 gezahlte Gebühren.
[Update 22.12.2014]: Der Endspurt läuft
Wer vor nicht mehr als zehn Jahren und vor dem 1.1.2012 Kreditbearbeitungsgebühren gezahlt hat und noch keine Erstattung gefordert hat, sollte das unbedingt sofort tun. Am 31.12.2014 verjährt die Forderung.
- Erster Schritt: Schreiben Sie Ihre Bank an. Dabei helfen unsere Musterbriefe. Das allein stoppt die Verjährung allerdings nicht.
- Zweiter Schritt deshalb: Sie müssen unbedingt sofort auch den für Ihre Bank oder Sparkasse zuständigen Ombudsmann einschalten. Das ist kosten- und risikolos und auch zulässig, wenn Sie die Erstattung der Gebühren noch nicht oder gerade erst gefordert haben. Verschicken Sie sämtliche Schreiben als Einwurfeinschreiben. Der Zugang von Einschreiben und Einschreiben mit Rückschein ist zwar leichter zu beweisen, aber die Zustellung kann sich verzögern, weil ein Vertreter der Bank den Empfang des Einschreibens quittieren und/oder den Rückschein unterzeichnen muss. [Update Ende]
Laufende Berichterstattung
Hinweis: test.de aktualisiert die Berichterstattung zum Thema laufend. Hier finden Sie den Stand vom 05.12.2014. Da hat test.de das Special zuletzt vollständig überarbeitet. Die vorherigen Fassungen finden Sie auf den Folgeseiten...
...Kreditbearbeitungsgebühren Stand: 13.05.2014
...Kreditbearbeitungsgebühren Stand: 27.11.2014
Klarer Fall
Begründung der Bundesrichter zu ihren inzwischen vier Kreditbearbeitungsgebühren-Urteilen: Die Bearbeitung eines Kredits ist keine separate Dienstleistung für den Kunden. Es liegt vielmehr im eigenen Interesse der Bank, die Zahlungsfähigkeit des Kunden zu prüfen und den Vertragsabschluss vorzubereiten. Dafür darf sie nicht extra kassieren. Für den stets mit Abschluss und Abwicklung eines Kreditvertrags verbundenen Aufwand stehen der Bank allein Zinsen zu. Die Verjährungsfrist für die Erstattung von Kreditbearbeitungsgebühren beträgt bis zu zehn Jahre ab Zahlung der Gebühr. Für alle bis Ende 2011 gezahlte Gebühren verjährt die Erstattungsforderung am 31.12.2014. Die Erstattung im Jahr 2012 gezahlter Gebühren können Kreditnehmer noch bis Ende 2015 durchsetzen.
Weitere Artikel zu Kreditbearbeitungsgebühren
- So gehen Sie vor: Fragen & Anworten
- Hilfe zur Selbsthilfe: Musterbriefe Kreditbearbeitungsgebühr
- Zinsberechnung: test.de-Excel-Datei
Absagen von einzelnen Sparkassen
Inzwischen haben die meisten Banken damit begonnen, Kunden auf ihre Erstattungsforderung hin die Gebühren zu erstatten. Ausnahme: Manche Sparkasse weigert sich - mit für Juristen haarsträubenden Begründungen. Die Sparkasse Barnim etwa schreibt einem Kunden:
„Wir teilen Ihnen mit, dass Sie Ihr Darlehen vollständig zurückzahlten. Eine Rückforderung des Bearbeitungsentgeltes haben Sie sich nicht vorbehalten. Aufgrund der vorbehaltlosen Rückzahlung des Darlehens musste die Sparkasse (...) nicht mehr mit einer Rückforderung (...) rechnen. Die von Ihnen gestellte Rückforderung ist deshalb verwirkt. (...) Bitte betrachten Sie unseren Standpunkt als abschließend. Zu Verhandlungen oder Gesprächen hierüber sind wir nicht bereit.“
test.de hält das für eindeutig falsch. „Wenn Verjährung nicht vorliegen kann, ist Verwirkung erst recht ausgeschlossen“, schreiben etwa auch die Verbraucherzentralen in ihren Fragen & Anworten völlig korrekt. Die vorbehaltlose Zahlung eines Betrags schließt die Rückforderung nur aus, wenn von Anfang an bekannt ist, dass die Bank oder Sparkasse kein Recht auf die Zahlung hat. Die Mehrzahl der Sparkassen erstattet Kreditbearbeitungsgebühren entsprechend der Rechtslage.
Anwalt oder Ombudsmann
test.de rät betroffenen Sparkassenkunden, sich mit solchen Auskünften nicht abzufinden. Am einfachsten und bequemsten geht das, wenn sie einen Anwalt einschalten. Die Kosten dafür müssen die Erstattung rechtswidrig verweigernde Sparkassen ersetzen. Unbedingt zu beachten: Die Forderung auf Erstattung bis Ende 2011 gezahlter Kreditbearbeitungsgebühren verjährt am 31.12.2014. An die Bank zu schreiben, reicht nicht aus, um die Verjährung zu stoppen.
Erstattung läuft
Bei vielen anderen Banken läuft die Erstattung der Kreditbearbeitungsgebühren. Beispiel Postbank: Sie erstattet alle Gebühren zuzüglich Zinsen, berichten uns zahlreiche Leser. Einziger Haken: Es dauert. Zehntausende fordern Erstattung. Die Postbank schickt allerdings allen Antragstellern so schnell wie möglich eine Eingangsbestätigung und verzichtet auf die Einrede der Verjährung, sofern die Forderung bei Eingang des Schreibens noch nicht verjährt war. Das ist in Ordnung. Kunden, die so ein Schreiben bekommen, können entspannt abwarten. Nicht überall läuft’s so. Manch andere Bank schreibt Kunden, dass sie nichts weiter unternehmen müssen, die Forderung verjähre nicht. Möglicherweise ist das auch als Verzicht auf die Einrede der Verjährung gemeint. Die Formulierung ist aber rechtlich zweifelhaft. test.de empfiehlt, sich auf Erklärungen zur Verjährung nur zu verlassen, wenn unmissverständlich klar wird, dass die Bank sich verpflichtet, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Sonderfall Santander Consumer Bank AG: Die erstattet zwar die Gebühren, zahlt aber meist keine Zinsen. Die summieren sich aber auch zu stattlichen Beträgen; oft machen sie einen Betrag in Höhe von einem Drittel oder der Hälfte der Gebühr zusätzlich aus. Mit der test.de-Excel-Datei lässt sich abschätzen, wie viel Zinsen zu zahlen sind.
Kostenrisiko bei Gerichtsverfahren
Bei Banken, für die kein Ombudsmann zuständig ist oder wo das Verfahren wie bei einzelnen Sparkassen nicht die Verjährung stoppt, gibt’s kaum noch Chancen, die Erstattung von bis einschließlich 2011 gezahlten Bearbeitungsgebühren durchzusetzen. Zwar stoppt auch ein Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids oder die Erhebung einer Klage die Verjährung. Das selbst zu machen, ist aber nicht einfach; nur mit Rechtsanwalt klappt es zuverlässig. Und wer bisher noch keine Erstattung gefordert hat, läuft Gefahr, Gerichtskosten und Rechtsanwaltshonorar - insgesamt mindestens 150 Euro - selbst zahlen zu müssen. Das lohnt dann allenfalls noch, wenn es um sehr hohe Gebühren geht.
Sonderfälle
Noch unklar ist, ob Gebühren, die bei vielen KfW-Krediten und Bauspardarlehen zu zahlen waren, die „einmaligen laufzeitunabhängigen Individualbeiträge“ der Targobank und für gewerbliche Kredite fällige Gebühren zu erstatten sind. Insgesamt sind noch rund 100 Fälle beim Bundesgerichtshof anhängig. Wer von zukünftigen Urteilen profitieren will, muss bis Ende des Jahres die Verjährung stoppen, wenn er bis Ende 2011 solche Gebühren gezahlt hat.
[Update 11.12.2014] Gute Nachrichten für Targobank-Kunden: Targobank-Sprecher Peter Herkenhoff hat test.de gegenüber ausdrücklich klargestellt, dass die Bank auf die Einrede der Verjährung verzichtet, soweit Forderungen der Kunden bei Eingang des Forderungsschreibens bei der Bank noch nicht verjährt sind. Außerdem berichtet Rechtsanwalt Wolfgang Benedikt-Jansen aus Frankenberg: In der Verhandlung um die Zulässigkeit der „laufzeitunabhängigen Individualbeiträge“ zeigten sich die zuständigen Richter am Landgericht Düsseldorf den Argumenten der Schutzgemeinschaft für Bankkunden gegenüber aufgeschlossen, wollen aber über den Fall noch nachdenken und erst dann entscheiden. Sie verkünden ihr Urteil am Donnerstag, 15. Januar. Rechtsanwalt Jens Ferner aus Alsdorf ergänzt: Auch seine Verhandlung über den Anspruch eines Mandanten auf Erstattung eines laufzeitunabhängigen Individualbeitrags vor dem Amtsgericht Düsseldorf verlief vielversprechend. Die Richterin hielt die Argumente der Bank nach seinem Eindruck nicht für überzeugend. Auch sie will aber den Fall noch einmal überdenken und eine Entscheidung erst im Januar verkünden.
[Update 12.12.2014] Die Targobank erklärt den Verzicht auf die Einrede der Verjährung jetzt auch auf ihrer eigenen Homepage unter „Kreditbearbeitungsgebühren“.
[Update 15.12.2014] Das Institut für Finanzdienstleistungen (iff) hat seinen aufwendigen Rechner für die Abrechnung von Krediten mit Bearbeitungsgebühren erweitert. Er ermöglichst jetzt nicht nur die nach Ansicht der iff-Juristen richtige vollständige Neuabrechnung solcher Kredite, sondern auch die Verzinsung der Gebühr, wie Sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorzunehmen ist. Gleich eingeschlossen: Die Erzeugung eines Musterbriefs mit dem genauen Erstattungsbetrag.
[Update 15.12.2014] Die Steuerexperten der Stiftung Warentest weisen darauf hin: Wenn Banken zur Erstattung von Kreditbearbeitungsgebühren auch Zinsen zahlen, sind das steuerpflichtige Kapitalerträge. Banken und Sparkassen dürfen sie nur vollständig auszahlen, wenn ein Freistellungsauftrag vorliegt. Sonst müssen sie 25 Prozent Abgeltungssteuer abziehen. Wo Steuer abgezogen wurde, sollten Kunden dies in ihrer Steuerklärung geltend machen, wenn sie Kapitalerträge von nicht mehr als insgesamt 801 Euro (Ehepaare: 1 602 Euro) hatten. Das Finanzamt erstattet dann den einbehaltenen Betrag. Sofern die Bank oder Sparkasse keine Steuern abgeführt hat und Empfänger der Zahlung Kapitaleinkünfte über 801 (1 602) Euro hinaus hatten, müssen sie dies in ihrer Steuererklärung angeben. Sonst droht Ärger. Die Banken melden Kapitalerträge an das Bundeszentralamt für Steuern und das informiert die Finanzämter, wenn es um Beträge oberhalb des Sparerpauschbetrags geht, von denen keine Abgeltungsteuer abging.
[Update 19.12.2014] Rechtsanwalt Axel Pabst liefert eine detaillierte Anleitung, wie Betroffene, die sich nicht an den Ombudsmann wenden können, noch in letzter Sekunde die Verjährung stoppen können. Wenn Sie sich darauf einlassen wollen: Beachten Sie alle Hinweise peinlich genau. Jeder kleine Fehler führt wahrscheinlich dazu, dass die empfohlene Klage nicht sofort zugestellt wird und dann doch noch Verjährung eintritt.
[Update 15.01.2015] Das Landgericht Düsseldorf hat den Antrag der Schutzgemeinschaft für Bankkunden auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die „laufzeitunabhängigen Individualbeiträge“ der Targobank abgewiesen. Entscheidend waren aber formale Gründe. Zur (Un-)Rechtmäßigkeit der Beiträge äußerte sich das Gericht nicht. Noch unbekannt ist, wie das Amtsgericht Düsseldorf über die Forderung eines Kreditkunden auf Erstattung von Individualbeiträgen entschieden hat.
So gehen Sie vor: Fragen & Anworten
Hilfe zur Selbsthilfe: Musterbriefe Kreditbearbeitungsgebühr
Zinsberechnung: test.de-Excel-Datei
Grundsatzurteile:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.05.2014
Aktenzeichen: XI ZR 405/12
Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.05.2014
Aktenzeichen: XI ZR 170/13
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.10.2014
Aktenzeichen: XI ZR 348/13
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.10.2014
Aktenzeichen: XI ZR 17/14
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