Krebs Welche Lebens­mittel das Risiko erhöhen

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Krebs - Welche Lebens­mittel das Risiko erhöhen

Von vielen unter­schätzt: Alkohol kann Krebs erzeugen. © mauritius Images

Bis zu jede dritte Krebs­erkrankung lässt sich auf ungüns­tige Ernährung und zu wenig Bewegung zurück­führen, schätzt die Welt­gesund­heits­organisation WHO. Überge­wicht und einige Lebens­mittel seien entscheidende Faktoren. Wein, Bier, Gin: Jeglicher Alkohol kann Krebs erzeugen. Auch Wurst. Die Gründe sind vielfältig, weil die Entstehung von Krebs ein hoch­komplexer Vorgang ist. Wer die Risiken kennt, kann sie verringern. test.de gibt eine Über­sicht über den Stand der Forschung.

Hundert Prozent Schutz unmöglich

Institutionen wie die Interna­tionale Agentur für Krebs­forschung der WHO und die Europäische Behörde für Lebens­mittel­sicherheit stufen Krebs­risiken ein. Auf Basis lang­jähriger Studien berechnen sie Wahr­scheinlich­keiten für Erkrankungen. Es kommt vor, dass neue Studien eine frühere Einstufung aufheben wie bei Kaffee (So halten Sie Krebsauslöser klein). Oder sie entkräften einen Verdacht wie beim Süßstoff Aspartam. Wir haben die wichtigsten Aspekte zum aktuellen Stand der wissenschaftlichen Bewertungen zusammen­gestellt.

Unklare Studien­lage bei Soja­lebens­mitteln

Manches befindet sich in der Schwebe: So hat sich die Sorge, dass Soja­lebens­mittel wie Tofu das Brust­krebs­risiko bei Gesunden erhöhen, nicht bestätigt. Für einen generellen Frei­spruch reichen die Studien nicht. Frauen mit hormonbe­dingtem Brust­krebs sollten sicher­heits­halber auf Tofu, Sojadrinks sowie Nahrungs­ergän­zungs­mittel mit Soja­extrakten verzichten.

Jeden kann es erwischen

Die statistischen Risiken erlauben keine Vorher­sagen für den Einzelnen. Selbst wer alle Krebs­er­reger in der Ernährung meidet, nicht raucht, sich viel bewegt und in schad­stoff­armer Umwelt lebt, kann an einem bösartigen Tumor erkranken. Dann sind andere Einflüsse am Werk, etwa familiäre Veranlagung, Vorerkrankungen oder ganz zufäl­lig mutierte Zellen.

Besser bunt essen als Superfood solo

Wissenschaftler erforschen auch, ob Essen Krebs vorbeugen kann. Einig­keit herrscht darüber: Das schafft kein Lebens­mittel solo – keine Himbeeren, kein angebliches Superfood wie Goji­beeren. Was zählt, ist eine gesunde Ernährung insgesamt: mit viel bunt ausgewählter Pflanzen­kost. Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Voll­korn liefern massig Ballast­stoffe und sekundäre Pflanzen­stoffe, die etwa Verdauung und Immun­system stärken. „Schät­zungen zufolge sinkt das Krebs­risiko bei Menschen, die vorwiegend Lebens­mittel pflanzlichen Ursprungs essen, um 11 Prozent“, so die WHO.

Wurst, Schinken und Co: Möglichst wenig

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Salami, Wiener, Kassler: Sie gehören zum verarbeiteten Fleisch, das die Welt­gesund­heits­organisation WHO seit 2015 als „karzinogen“ einstuft. Gepökelte, geräucherte und einge­salzene Fleisch­produkte steigerten das Risiko für Darm­krebs. Seither stehen sie auf der höchsten Krebs­risikostufe – genau wie Tabak­rauchen. Das heißt: Studien haben das Risiko für beide Auslöser über­zeugend bewiesen. Das Risiko, an Folgen des Rauchens zu sterben, ist aber etwa 175 Mal höher: Tabak soll welt­weit für jähr­lich 6 Millionen Todes­fälle verantwort­lich sein, verarbeitetes Fleisch für 34 000.

Was tun? Essen Sie möglichst wenig Wurst. Laut WHO steigert ein häufiger Tages­verzehr von mehr als 50 Gramm das Darm­krebs­risiko um 18 Prozent.

Rotes Fleisch: Maximal 1 Pfund

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Steak, Kotelett, Hack: Die Interna­tionale Agentur für Krebs­forschung stuft unver­arbeitetes rotes Fleisch als „wahr­scheinlich krebs­er­regend“ ein – und damit weniger kritisch als Wurst. Sie hält einen Zusammen­hang mit Darm­krebs für möglich, eventuell auch mit Bauspeicheldrüsen- und Prostata­krebs. Zu rotem Fleisch gehören Schweine-, Rind-, Lamm- und Ziegen­fleisch. Nicht dazu zählen Geflügel, Wild, Innereien.

Was tun? Essen Sie pro Woche maximal 500 Gramm rotes Fleisch.

Milch: 1,25-Liter-Grenze

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Milch hat zwei Seiten, was Krebs angeht. So können 0,2 bis 0,8 Liter am Tag wohl vor Dick­darm­krebs schützen und Frauen eventuell vor Brust­krebs. In sehr hohen Mengen aber erhöht Kalzium aus Milch und Milch­produkten bei Männern möglicher­weise das Prostata­krebs­risiko, so der Ernährungs­bericht 2012 der Deutschen Gesell­schaft für Ernährung.

Was tun? Männer sollten nicht ständig mehr als 1,5 Gramm Kalzium pro Tag aufnehmen. So viel Kalzium enthalten etwa 1,25 Liter Milch oder 140 Gramm Hartkäse.

Zucker: Dick­sein vermeiden

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Dass vor allem Zucker Krebs wachsen lässt, stimmt so pauschal nicht – auch andere Nähr­stoffe sind beteiligt. Zucker verursacht aber indirekt Krebs, da er bei über­mäßigem Verzehr dick macht. Überge­wicht gilt als dritt­größter Faktor für Krebs. Laut WHO erhöht es das Risiko für mindestens 13 Krebs­arten. Die Erkrankungs­wahr­scheinlich­keit steigt ab einem Body-Maß-Index (BMI) über 25. Bei normalem Gewicht liegt der BMI zwischen 18,5 und 24,9.

Was tun? Essen Sie Süßig­keiten nur in besonderen Momenten. Trinken Sie Wasser statt Limonade. Berechnen Sie den BMI: Körpergewicht (kg) dividiert durch Größe in Meter (m) zum Quadrat. Beispiel: 65 kg : (1,68 m x 1,68 m) = 23 BMI.

Alkohol: Jedes Glas ist kritisch

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„Alkohol erhöht in jeder Menge das Krebs­risiko“, warnt die WHO. Sie macht ihn für sieben Arten von Krebs verantwort­lich – in Mund­höhle, Speise­röhre, Hals, Leber, Darm und Brust. Nur Abstinenz schalte das Risiko aus. Je mehr Alkohol man trinke, desto schädlicher. Gelegentliches Rausch­trinken sei kritischer als öfter mal ein Gläschen. Die Alkoholsorte spielt keine Rolle: Sekt ist nicht harmloser als Bier, Wein und Schnaps. Rauchen treibt das Risiko weiter hoch: Alkohol macht die Mund­schleimhaut für Tabakschad­stoffe durch­lässig.

Was tun? Forscher raten Menschen, die nicht auf Alkohol verzichten wollen: nur ein Drink pro Tag für Frauen, maximal zwei alkoholische Drinks für Männer. Als „Stan­dard­drink“ gelten 0,1 Liter Wein oder 0,3 Liter Bier.

So halten Sie Krebs­auslöser klein

Nicht zu Heißes trinken. Trinken Sie möglichst keinen Tee oder Kaffee mit mehr als 65 Grad Celsius. Heiße Flüssig­keit kann die Speise­röhre angreifen und das Risiko für Speise­röhrenkrebs steigern. Die WHO hat sehr heiße Getränke als „wahr­scheinlich krebs­er­regend“ einge­stuft. Von Kaffee geht kein allgemeines Krebs­risiko aus. Die WHO hat ihre Einschät­zung von 1991 zurück­genommen, wonach seine Inhalts­stoffe womöglich Krebs auslösen könnten.

Sanft grillen. Legen Sie das Grill­gut in eine Grill­schale – am besten aus Edelstahl – und grillen Sie nicht extrem heiß. Das verringert gleich mehrere kritische Substanzen. Wenn Kohle und Holz unvoll­ständig verbrennen, bilden sich PAK, poly­zyklische aromatische Kohlen­wasser­stoffe. Einige von ihnen wirken krebs­er­regend. Hinab­tropfendes Fett oder Marinade kann Rauch entfachen, der viel PAK enthält und sich beim Empor­steigen im Grill­gut anreichert. Darüber hinaus erzeugen Temperaturen über 150 Grad in Fleisch und Fisch hetero­zyklische aromatischen Amine. Die konzentrieren sich an dunklen Stellen der Kruste und begüns­tigen wahr­scheinlich Darm­krebs.

Gepökeltes nicht braten. Grillen Sie keine Pökelware und braten Sie sie nicht scharf an. Bei starker Hitze bilden sich in Wiener Würst­chen, Speck, Kassler und Co bedenk­liche Nitrosamine. Einige der Verbindungen können wohl Krebs erregen.

Vergolden statt verkohlen. Rösten Sie Toast nicht zu braun, frittieren Sie Pommes nicht zu stark, braten Sie Bratkar­toffeln nicht zu dunkel. Der Grund: Wenn stärkehaltige Lebens­mittel wie Kartoffeln und Getreide auf über 120 Grad erhitzt werden, bildet sich Acrylamid. Die Europäische Behörde für Lebens­mittel­sicherheit Efsa stuft es als „potenziell krebs­er­regend“ ein. Noch vor 15 Jahren waren Chips, Knäckebrot, Kaffee und Co oft stark damit belastet. Heute ist der Acrylamid­gehalt von Lebens­mitteln hier­zulande rück­läufig, so ein Test der Stiftung Warentest im März 2019.

Schimmeliges wegwerfen. Essen Sie keine schimmeligen Nüsse, Brote, Marme­laden, Quark, Früchte. Schimmelpilze können krebs­er­regende Gifte erzeugen. Kochen, Braten, Backen zerstören sie nicht. Werfen Sie Angeschimmeltes in den Müll. Es reicht nicht, Schimmel­stellen zu entfernen, die Pilze breiten sich auch unsicht­bar aus. Kühle und trockene Lagerung von Lebens­mitteln senkt das Schimmelrisiko. Käse mit zugesetzten Schimmelkulturen ist unkritisch.

Bioobst und -gemüse kaufen. Einige Pestizide stehen unter Krebs­verdacht. In frischem Obst und Gemüse fanden wir in 85 Prozent der Bioware keine Rück­stände – in konventioneller Ware traf das auf 21 Prozent zu. Die Grenz­werte hielt konventionelle Ware aber fast immer ein.

Gemüse der Saison kaufen. Kaufen Sie Blatt­gemüse wie Salat und Spinat möglichst saisonal. Aus dem Frei­land enthält es meist deutlich weniger kritisches Nitrat als Treib­hausware. Der Körper wandelt Nitrat in Nitrosamine um, die sich im Tier­versuch als krebs­er­regend erwiesen.

Test­ergeb­nisse nutzen. Einige Schad­stoffe, die in Zusammen­hang mit Krebs stehen, stammen aus Ernte oder Produktion, etwa Pyrrolizidinalkaloide, Mineralöle oder Glycidylester. Sie finden sich in Bio- wie in konventioneller Ware. Selten reißen Produkte die Grenz­werte wie zuletzt einige Tees. Mit den Sinnen lassen sich Schad­stoffe nicht erkennen. Wir analysieren sie in Tests.

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mag.zirnig am 23.05.2020 um 23:42 Uhr
Unverarbeitetes Fleisch?

Der Ausdruck "unverarbeitetes Fleisch" ist eine unglückliche Formulierung. Unverarbeitet wäre Fleisch eine Keimschleuder und damit ein hohes Gesundheitsrisiko. Es muss zerteilt, zerkleinert und zubereitet werden, und bei der Zubereitung gibt es große Unterschiede zwischen Garen, Braten und Grillen. Braten und Grillen kann das Krebsrisiko wieder erhöhen (Acrylamidbildung). Im Deutschen ist die Bezeichnung "Fleisch" eindeutig und braucht keine nähere Bestimmung und künstliche Unterteilung. Verarbeitetes Fleisch wird ohnehin ganz anders bezeichnet: Wurst, Aufstrich o.Ä.

Timo.Funken am 19.05.2019 um 13:59 Uhr
Ernährung

Jeder kann ja selbst entscheiden, was er verzehrt; ich jedoch fand diese Zusammenstellung sehr interessant. Ein paar Informationen sind ja jetzt auch nicht ganz überraschend.
Liebe Grüße,
Timo Funken

argon85 am 13.04.2019 um 11:59 Uhr
Wurst

Meines Wissens ist bei Wurst das Nitritpökelsalz (Natriumnitrit) der problematische Teil. Es gibt auch Wurst mit Alternativen, z.B. Natriumcitrat. Vor allem im Bio-Markt.

Thorsten.Maverick am 06.04.2019 um 11:46 Uhr
Stoffe, die das Krebsrisiko senken!

Noch viel wichtiger sind Stoffe oder Lebensmittel, die das Krebsrisiko senken. Das sind z. b. Jod und Vitamin D. In Japan liegt die tägliche Jodaufnahme bei über 10 mg, dafür sind die Krebsquoten viel niedriger. Vor allem wirkt sich das auf Brustkrebs aus, weil Frauen viel mehr Jod brauchen als Männer. Dazu gibt es das lesenswerte Buch «Die Jodkrise». Die Japaner nehmen das Jod vor allem über den Seetang (Braunalge) auf, der dort regelmäßig gegessen wird. Vitamin D senkt ebenfalls das Krebsrisiko, vor allem zur Verhinderung von Hautkrebs ist ein hoher Spiegel wichtig. Es wird ja auch in der Haut unter UV B-Einfluß gebildet. Unter diesen Aspekten sind die Empfehlungen der DGE sehr viel zu niedrig.

Profilbild Stiftung_Warentest am 01.04.2019 um 13:51 Uhr
Fisch und Gefügel

@testdxtat: Für unverarbeitetes Geflügel sowie für Fisch liegen unseren Recherchen nach keine Hinweise auf erhöhte Krebsrisiken vor. Es empfiehlt sich allerdings auch bei diesen Lebensmitteln, bei der Zubereitung über dem Grill aufzupassen. Wenn das Grillgut direkt auf dem Rost über der Glut liegt und Marinade hinabtropft, könnten durch Verbrennungsprozesse krebserregende Substanzen entstehen und über den Rauch ins Grillgut ziehen. Das Beste wäre daher, Fisch und Geflügel in Edelstahlgrillschalen zu grillen. (ib/bp)