
Einfallsreichtum ist kein Privileg einiger Einsteins. Mit Kreativitätstechniken und in speziellen Kursen kann jeder lernen, quer zu denken. Aber nicht jedes Seminar hilft, ausgetretene Gedankenpfade zu verlassen.
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Alle Testergebnisse für Zwei-Tages-Seminare Kreativitätstechniken 05/2013So manche Erfindung entsteht durch Zufall. Das Post-it zum Beispiel wurde „geboren“, weil seinem Schöpfer, einem Sänger im Kirchenchor, permanent die Notizzettel aus dem Notenheft rutschten. Er wünschte sich selbsthaftende, aber ablösbare Lesezeichen. Er wusste von einem Klebstoff, der diese Eigenschaften erfüllt – und brachte Papier und Haftmittel zusammen. Heute sind die bunten Bapperl aus keinem Büro mehr wegzudenken.
Techniken für Querdenker
Der Vater der Haftnotiz bewies Kreativität: Er dachte bekannte Dinge neu. Solcher Einfallsreichtum ist keine Eigenschaft einer besonders begabten Elite. Jeder Mensch ist kreativ. Und es gibt Techniken, die helfen, diese Fähigkeit besser abzurufen. Die bekanntesten sind Brainstorming – das unkommentierte Sammeln von Ideen – und Mindmapping, das Erstellen einer „Landkarte“ mit allen Aspekten eines Problemkomplexes. Es existieren noch eine Menge weiterer Methoden, die helfen, Ideen zu finden, zu bewerten und umzusetzen. Manche wecken gleich die Neugier: Wie mag die Kopfstandtechnik ablaufen? Und wie verhilft wohl Walt Disney zu Geistesblitzen?
Guter Trainer, gute Ideen
Gute Trainer leiten in speziellen Seminaren dazu an, diese Methoden auszuprobieren und zu erleben, wie sie den Ideenfluss in Gang setzen. Nicht jeder kann wie der Post-it-Erfinder auf eine spontane Eingebung hoffen. Im Gegenteil: Viele müssen ihren Einfallsreichtum im Job gezielt abrufen – auch unter Stress und Anspannung. Dafür sind Kreativitätstechniken ideale Hilfsmittel. „Sie funktionieren wie Rezepte, die sich leicht nachkochen lassen“, erklärt Bernd Weidenmann, Professor für Pädagogische Psychologie. Sein Motto lautet: „Ein guter Einfall ist kein Zufall.“
Ein paar simple Tricks zum Nachmachen eignen sich für jedermann. Der einfachste: Schlafen Sie drüber (mehr Tipps). Wer aber beruflich auf Inspiration angewiesen ist, tut gut daran, sich Kreativitätstechniken für den professionellen Gebrauch anzueignen. Wichtig: Nicht jede Methode passt für jede Situation oder jeden Anwender. Im Einzelfall muss individuell nach einer Technik gesucht werden.
Aufforderung zum Gedankentanz
Viele Methoden sind im Selbststudium erlernbar: mit Handbüchern oder Onlinelehrgängen. Sie beschreiben die Techniken und stellen Übungsaufgaben. Damit kann jeder versuchen, seine Kreativität anzukurbeln.
Doch ein guter Kurs bietet mehr: Der Dozent fordert seine Schüler zum Gedankentanz auf, baut Blockaden ab, macht Mut und reißt mit. Er zeigt: Kreativität ist kein Kraftakt. Im besten Fall geschieht sie mühelos und macht Spaß. Zusätzlich beflügelt der Austausch mit anderen: Man nutzt die Ressourcen aller Teilnehmer.
Die Stiftung Warentest besuchte zehn Zwei-Tages-Seminare für Kreativitätstechniken. Nicht alle erfüllten die Anforderungen an ein gelungenes Seminar. Unterschiede zeigen sich etwa im Hauptprüfpunkt, der Kursdurchführung. Eine sehr hohe Qualität können wir nur der Kreativitätswerkstatt von Eisberg Seminare bescheinigen. Am schlechtesten schneiden CoBeTraS und Comelio ab (siehe Tabelle).
Kurse mit stolzen Preisen
Einen Nachteil haben alle geprüften Kurse: Die Seminare privater Anbieter sind teuer. Sie kosten zwischen rund 975 und 1 730 Euro. Es gibt auch günstigere Lehrgänge bei Volkshochschulen, Handels- und Handwerkskammern – allerdings nicht im Testzeitraum (So haben wir getestet).
Die Investition in einen inspirierenden Ideenlehrgang lohnt sich etwa für Fach- und Führungskräfte – vorausgesetzt der Dozent packt ihnen einen Methodenkoffer, mit dem sie im Arbeitsalltag etwas anfangen können. Daran haperte es etwa bei Comelio: Der Anbieter ging unzureichend auf das berufliche Umfeld der Teilnehmer ein.
Eine Grundbotschaft vermittelten alle Seminare: Geistesblitze brauchen ein gutes Klima. Am besten gelangt man entspannt zum Einfall. Der Dozent des Seminars der Haufe Akademie mit dem Titel „Das tanzende Kamel“ machte es vor. Jede Unterrichtseinheit leitete er mit Yogaübungen oder kurzen Spielen ein. „Das hat die Gedanken durcheinandergebracht – und geholfen, kreativ zu sein“, sagt ein Tester.
Mit Disney lernt das Ei fliegen
Auch Perspektivwechsel wirken. Anwender der Walt-Disney-Methode etwa nehmen verschiedene Blickwinkel ein: Sie schlüpfen in die Rollen des Träumers, des Kritikers und des Realisten. Ein Tester probte das im Kreativunterricht der Management Akademie München. Die Aufgabe: ein Ei mit bestimmten Materialien so zu verpacken, dass es einen Sturz aus dem ersten Stock unbeschadet übersteht. Immer wieder wechselte die Gruppe die Betrachtungsweise, um ihre „erträumten“ Ideen besonders kritisch oder eher realistisch zu prüfen. Einen Einfall setzten sie am Ende um. Und er führte zum Erfolg: Ein Luftballonbett und ein Propeller aus Papier verhalfen dem rohen Ei zur sicheren Landung.
Nicht alle Dozenten boten einen solch kreativen Unterricht. Der Seminarleiter von Comelio arbeitete stumpf ein handelsübliches Handbuch für Kreativitätstechniken ab. Das Taschenbuch ist an sich in Ordnung. Das Gelingen eines Kurses garantiert aber auch ein gutes Lehrbuch nicht. Entscheidend ist, was der Trainer daraus macht. Im Comelio-Seminar blieb es bei einer Beschreibung der Methoden. Gelegenheit sie auszuprobieren, bekamen die Teilnehmer kaum. Das sorgte eher für Langeweile als für einen Kreativitätskick.
Wer viel aus dem Kurs ziehen will, achtet darauf, dass die Methoden praktisch geübt werden. Mindestens sechs Techniken müssen es schon sein. Und der Dozent sollte erfahren sein – das sollten Interessenten vorab ausführlich erfragen.
Denkzettel benutzen
Ein Kreativer ist stets im Dienst. „Kreativität ist eine Einstellungssache“, sagt Bernd Weidenmann. Wichtiges Arbeitsmittel sind daher Notizblätter, auf denen Einfälle jederzeit festgehalten werden können. „Haben Sie Ihre Ideenzettel immer parat“, rät der Experte. Und wer weiß: Vielleicht findet sich auf einem der Inspirations-Post-its eines Tages eine Idee, die ähnlich durchschlagenden Erfolg hat wie die bunten Klebezettel selbst.
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