
60 Prozent pro Jahr – soviel Zuschlag nehmen Krankenkassen von Mitgliedern, die ihre Beiträge nicht zahlen. Nun hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf beschlossen, der den Zuschlag auf 12 Prozent kürzt. Betroffen sind vor allem Kleinselbstständige, die gar nicht genug einnehmen, um auch nur den Mindestbeitrag aufzubringen. [Update 05.07.2013] Nach dem Bundestag hat heute auch der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt. [Ende Update]
Versicherungspflicht für alle
Das Problem ist schon seit Jahren bekannt. „Ganz Deutschland wird krankenversichert“ hieß es auf großen Werbeplakaten der Bundesregierung im Jahr 2007. Damals wurde die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt. Auch Selbstständige müssen sich seitdem krankenversichern. Eine Kündigung wegen Beitragsschulden ist nicht mehr möglich. Doch viele Selbstständige nehmen gar nicht genug Geld ein, um ihre Beiträge zu zahlen. Das gilt vor allem für Kleinselbstständige.
Vor allem Kleinselbstständige in der Schuldenfalle
Angesichts fehlender Jobmöglichkeiten am Arbeitsmarkt sind viele Arbeitslose in die Selbstständigkeit geflüchtet. Ihre Umsätze reichten jedoch oft bei weitem nicht aus, um auch nur den Mindestbeitrag für die Krankenkasse zu stemmen. Denn ihre Beiträge richten sich nicht nach dem tatsächlichen Einkommen, sondern nach einem fiktiven Mindestbetrag. Selbst Existenzgründer müssen so über 200 Euro im Monat zahlen. Diese freiwillig versicherten Selbstständigen sind Hauptproblemgruppe. Viele von ihnen blieben die Beiträge schuldig. Bei zahlreichen Betroffenen sind über die vergangenen Jahre Beitragsrückstände von mehreren tausend Euro aufgelaufen.
Säumniszuschläge verursachen Schuldenberg
Die nicht gezahlten Beiträge an sich wären schon schlimm genug. Doch was das Problem dramatisch verschärft, sind die hohen Säumniszuschläge von 5 Prozent pro Monat. Das lässt die Schulden rasch dramatisch anwachsen. So liegt ein freiwillig versicherter Selbstständiger, der nach Vermögensprüfung den Mindestbeitrag leisten müsste, nach vier Jahren mit insgesamt 9 000 Euro Beitrag im Rückstand. Doch die Säumniszuschläge machen daraus einen Schuldenberg von 19 500 Euro. Spätestens das treibt viele in die Insolvenz, wie Schuldnerberatungsstellen berichten. 60 Prozent pro Jahr – der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn nennt das „Wucherzinsen“.
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