Selbstständige, die keinen Tarif bei einem privaten Krankentagegeldversicherer bekommen oder dort nicht abschließen möchten, können sich auch bei ihrer Krankenkasse absichern: Für Selbstständige und für Künstler und Publizisten muss jede Krankenkasse mindestens einen Wahltarif Krankengeld anbieten. Beim Wahltarif für Künstler muss laut Gesetz das Krankengeld bereits ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit fließen.
Unser Rat
Ergänzen. Als gesetzlich versicherter Selbstständiger können Sie Ihr Krankengeld durch einen Wahltarif Ihrer Kasse ergänzen. Jede Kasse muss mindestens einen Wahltarif zum Krankengeld anbieten.
Vergleichen. Vergleichen Sie den Wahltarif Ihrer Kasse mit Angeboten privater Tagegeldversicherer. Der Wahltarif bietet sich an, wenn Sie Vorerkrankungen haben, da Sie keine Gesundheitsfragen beantworten müssen. Nachteil: Die Kasse kann Ihren Wahltarif auch einstellen oder verändern.
Wechseln. Sie können immer nur den Wahltarif Ihrer Kasse nehmen und sind dann drei Jahre daran gebunden. Möchten Sie Ihre Kasse wechseln, berücksichtigen Sie dabei auch den Zusatzbeitragssatz von alter und neuer Kasse und wie zufrieden Sie insgesamt mit Ihrer Krankenkasse sind.
Kassenwechsel ohne Wahltarif. Wenn Sie 18 Monate lang Mitglied Ihrer Kasse sind. Der Kündigungszeitraum beträgt zwei Monate zum Monatsende.
Kassenwechsel mit Wahltarif. Zum Ende der dreijährigen Bindefrist.
Keine Gesundheitsprüfung
Der große Vorteil dieser Tarife: Die Krankenkassen dürfen – anders als private Anbieter – keine Gesundheitsprüfung vornehmen. Auch wer Vorerkrankungen hat, kann also diesen Schutz abschließen, abgelehnt werden darf keiner. Weiterer Vorteil: Die Beiträge sind auch für Ältere nicht höher. Allerdings haben einige Kassen ein Höchstalter festgelegt, bis zu dem Interessenten einsteigen können.
Ansonsten sind die Kassen bei der Ausgestaltung ihrer Wahltarife frei: Bei einigen fließt Krankengeld vor dem 43. Tag, bei anderen wird es höher.
Wahltarif der TK
Wir haben uns exemplarisch die Gestaltung von Wahltarifen zweier Krankenkassen angeschaut. Im Tarif KG Klassik 22 der größten Krankenkasse TK können Selbstständige ein frühes Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit versichern. Dann zahlt die Kasse schon vor dem 43. Tag Krankengeld. Bedingung für Selbstständige: Der Wahltarif steht ihnen nur offen, wenn sie sich gleichzeitig für das gesetzliche Krankengeld entscheiden, also eine entsprechende Wahlerklärung bei der TK abgeben. Sie zahlen dann den allgemeinen Beitragssatz von 15,5 Prozent – davon sind 0,9 Prozentpunkte der Zusatzbeitragssatz der TK – statt ermäßigt 14,9 Prozent.
Die Höhe des Krankengeldes aus dem Wahltarif können Versicherte in 5-Euro-Schritten selbst bestimmen, beginnend ab 30 Euro pro Tag. Bei 200 Euro ist Schluss. Bei mehr als 30 Euro pro Tag darf das gewählte Krankengeld 70 Prozent des durchschnittlichen Arbeitseinkommens nicht überschreiten. Für den Mindestbetrag von 30 Euro zusätzliches Krankengeld pro Tag müssen Selbstständige einen zusätzlichen Monatsbeitrag von 11,40 Euro zahlen.
Angebot der AOK Bayern
Die größte Allgemeine Ortskrankenkasse, die AOK Bayern, bietet ihren Selbstständigen einen Wahltarif Krankengeld KG 22. Damit erhalten sie im Krankheitsfall ebenfalls bereits ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit Geld und ebenfalls nur bis zur siebten Woche.
Auch hier ist eine Wahlerklärung für Krankengeld Voraussetzung. Der Beitragssatz beträgt dann 15,7 Prozent. Wer bereits 50 Jahre oder älter ist, kann das Angebot nur wählen, wenn er vor Abschluss mindestens drei Monate gesetzlich krankenversichert war und gleichzeitig Anspruch auf Krankengeld hatte. Die Höhe der Zahlungen können Versicherte nicht frei wählen. Sie erhalten immer 70 Prozent ihres beitragspflichtigen Arbeitseinkommens. 30 Euro zusätzliches Krankengeld pro Tag bei einem Einkommen von rund 1 286 Euro monatlich kosten bei der AOK Bayern 9 Euro im Monat. Versicherte müssen den Beitrag für den Wahltarif auch zahlen, während sie das Wahltarif-Krankengeld erhalten.
Drei Jahre an Kasse gebunden
Was Versicherte bedenken sollten: Entscheiden sie sich für einen Wahltarif, sind sie drei Jahre lang daran gebunden und können auch die Krankenkasse nicht wechseln. Ein Wechsel ist selbst dann nicht möglich, wenn die Krankenkasse ihren Zusatzbeitragssatz erhöht und es deshalb normalerweise ein Sonderkündigungsrecht für Kassenmitglieder gibt.
Erst zum Ablauf dieser Mindestbindung können Versicherte den Wahltarif kündigen. Versäumen sie dies, laufen die Wahltarife meist automatisch weiter. Bei der TK und AOK Bayern verlängern sie sich jeweils um zwölf Monate.
Kassen können Tarife beenden
Großer Nachteil: Die Krankenkassen müssen für Selbstständige zwar mindestens einen Wahltarif Krankengeld anbieten. Sie können aber einen einmal angebotenen Tarif verändern oder sogar beenden, wenn dieser sich wirtschaftlich nicht mehr rechnet. Selbstständige wollen ihr Ausfallrisiko aber meist langfristig absichern, im Idealfall für das ganze Erwerbsleben. Wer mit dem neuen Angebot seiner Krankenkasse unzufrieden ist und wechseln möchte, muss woanders erst einmal passende Bedingungen finden.
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@Weidmann85: Die Krankentagegeldversicherung ersetzt die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht. Bei Selbständigen ist sie existenzsichernd, bei Arbeitnehmern dient sie (nur) zur Aufstockung des Krankengeldes der Arbeitgeberin. Nicht jeder Arbeitnehmer ist auf eine Aufstockung des Krankengeldes angewiesen, zum Beispiel weil auch sonstige Reserven zur Verfügung stehen.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung dient der langfristigen Absicherung des erreichten Lebensstandards und ist damit unverzichtbar, wenn man einen Lebensstandard über dem Niveau der Sozialhilfe absichern will. Bei einem (sehr) hohen Einkommen mag die Absicherung von 30% des Bruttoeinkommens ausreichen. In der Regel gehen wir davon aus, dass Arbeitnehmerinnen mindestens 75% des Nettolohns absichern sollten, wenn keine andere Einnahmequellen / andere Vermögenswerte vorliegen, um den Lebensstandard abzusichern. (maa)
Guten Morgen,
mir stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit einer Krankentagegeldversicherung bei einem Arbeitnehmer wenn es bereits eine n BU-Schutz gibt.
Der Versicherungsschutz schaut derzeit wie folgt aus:
- Unfallversicherung mit KHT für die zeit eines stationären Aufenthalts
- BU-Schutz i.H.v. 30% d. Brutto-Einkommens (Eine Aufstockung ist derzeit nicht möglich)
- gesetzlicher Versicherungsschutz
Macht nun noch eine zusätzliche Krankentagegeldversicherung Sinn, bzw. sollte dann nicht eine, oder beide anderen Versicherungen gekündigt werden? Im Verhältnis scheint die Krankentagegeldversicherung deutlich günstiger zu sein.
Viele Grüße
@sebar: Die Hallesche finden Sie im Netz z.B. unter www.hallesche.de. Die Pax-Familienfürsorge ist zusammen mit der Bruderhilfe in die VRK (Versicherer im Raum der Kirchen) eingetreten. (TK)
Gibt es die beiden überhaupt noch?
Ich kann über die große Suchmaschine nichts passendes finden.
Hier sei noch angemerkt, dass die BBKK in der Tat für alle offen ist, es jedoch einen Unterschied macht, welcher Berufsgruppe man angehört.
Der Tarif TAF ist nämlich auf folgende Berufe beschränkt: Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Diplompsychologe, Zahntechniker, Krankengymnast, Heilpraktiker, Apotheker, Rechtsanwalt, Notar, Patentanwalt, Vermes- sungsingenieur, Ingenieur, Architekt, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratender Volks- oder Betriebswirt, vereidigter Buchprüfer (vereidigter Bücherrevisor), Steuerbevollmächtigter, Journalist.
Falls man sich nicht zu einem dieser Berufe zählen kann, muss man den Tarif TAG nehmen und zahlt darin deutlich höhere Beiträge:
In meinem Fall kostet die Absicherung ab dem 29. Tag (200€/Tag.) 139,20€ im Monat (TAG 29). Im TAF 29 wären dies nur 76,80€ im Monat. Das gute Preis-/Leistungsverhältnis der BBKK fällt damit leider weg.