
Solo-Selbstständige müssen im Schnitt 46,5 Prozent ihrer Einkünfte an die Krankenkasse zahlen. Das ist für viele zu viel. Doch es gibt eine Härtefallregel. test.de sagt, wie diese funktioniert – und was geringverdienende Selbstständige sonst noch tun können, um ihre Kassenbeiträge zu reduzieren.
Solo-Selbstständige müssen ihre Beiträge komplett selber zahlen
Auf rund 6 Milliarden Euro belaufen sich die Schulden der Selbstzahler in der gesetzlichen Krankenversicherung. Selbstzahler nennt man diejenigen freiwillig Versicherten, die keine Arbeitnehmer sind und ihren Kassenbeitrag komplett selbst zahlen. Die meisten von ihnen sind Selbstständige ohne Mitarbeiter, auch Solo-Selbstständige genannt. Anders als Arbeitnehmer, bei denen der Arbeitgeber die Hälfte trägt, müssen sie den ganzen Beitrag selbst aufbringen. Das können sie oft nicht.
Mindestbeitrag bemisst sich nach fiktivem Einkommen
Im Durchschnitt verdienen gesetzlich versicherte Solo-Selbstständige 787 Euro im Monat. Doch ihr Beitrag bemisst sich nach einem fiktiven Monatseinkommen von 2 231,25 Euro. Sie müssen also rund 350 Euro Krankenkassenbeitrag zahlen mit Anspruch auf Krankengeld, hinzu kommt noch die Pflegeversicherung. Das ist zu viel. Drei Bundesländer wollen deshalb über den Bundesrat eine Gesetzesänderung anstoßen.
Wie funktioniert die Härtefall-Regelung?
In Härtefällen können Solo-Selbstständige eine niedrigere „Mindestbemessungsgrenze“ beantragen. Sie müssen dann sonstige Einkünfte und ihr Vermögen sowie das ihres Partners oder ihrer Partnerin offenlegen. Doch selbst dann liegt der Beitrag noch bei rund 234 Euro.
Auf welche Kassenleistungen habe ich als Beitragsschuldner Anspruch?
Wer mit zwei Monatsbeiträgen oder mehr im Rückstand ist, verliert den Anspruch auf viele Leistungen. Für Kinder und andere mitversicherte Angehörige gilt die Sperre aber nicht. Der Versicherte selbst hat immerhin Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen und auf Behandlungen bei akuten Schmerzen oder in unaufschiebbaren Fällen. Auch Schwangere und chronisch Kranke, zum Beispiel Dialysepatienten oder insulinpflichtige Diabetiker, haben ein Recht auf Weiterbehandlung.
Was soll ich tun, wenn ich Schulden bei der Kasse habe?
Wer mit dem Beitrag im Rückstand ist, sollte schnellstmöglich Kontakt mit seiner Kasse aufnehmen. Sobald jemand mit der Kasse Ratenzahlung vereinbart und anfängt zu zahlen, hat er wieder den vollen Leistungsanspruch. Die Kassen können ausstehende Summen befristet stunden oder Forderungen ganz fallen lassen, wenn der Kunde sie dauerhaft nicht aufbringen kann.
Wie kann ich mich günstiger versichern?
Wenn Ihre Tätigkeit nur ganz wenig einbringt und Sie weniger als 30 Stunden in der Woche damit beschäftigt sind, sind Sie vielleicht gar nicht hauptberuflich selbstständig. Lassen Sie das von der Krankenkasse prüfen! Dann könnten Sie sich für rund 150 Euro im Monat freiwillig gesetzlich versichern oder beim ebenfalls gesetzlich versicherten Ehepartner in die beitragsfreie Familienversicherung. Ihre monatlichen Gesamteinkünfte dürfen aber dann nicht höher als 425 Euro sein.
Tipp: Viele weitere Infos und Tipps enthält unser Special Selbstständig gut versichert.
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Ich bin Landwirt als Einzelunternehmer.Die Beiträge sind in den letzten Jahren permanent gestiegen. Berechnung nach dem Flächenwert treibt die Einzellandwirte im Haupterwerb in den Ruin.Warum ? Weil der Flächenwert nicht das tatsächliche Einkommen oder sagenwir mal so wie die Berechnung bei den gesetzlichen Krankenkassen läuft, berücksichtigt wird.
In der jetzigen Situation, schlechte Ernte schlechtes Einkommen, aber Berechnung nach der Fläche fatales Ergebnis. Stundung wurde abgelehnt. Warum haben wir Bauern nicht auch freies Wahlrecht der Krankenkasse, Die Behauptung ie Beiträge der LKK würden 10 % niedriger sein wie die der gesetzlichen Krankenkasse stimmt nicht. Diese Beitragserhebung muss geändert werden, nicht mehr zeitgemäß oder wenigstenz Beitragsoption wie in Österreich. Klage bei Sozialgericht anhängig wie gelange ich zum BSG. Hier unten mavche ich mir nicht viel Hoffnung.
Da sind die Leute ja förmlich gezwungen eine PKV abzuschließen. Denen ist das Einkommen schließlich egal und die Beitragshöhe kann der Versicherte dann noch über eine evtl riskant hohe Selbstbeteiligung senken. Wobei da natürlich das Einstiegsalter eine große Rolle spielt. Für mich ist das jedenfalls auch nicht nachvollziehbar. Besonders da die Begründung für ein Mindesteinkommen fehlt. Will man damit verhindern, dass eine große Anzahl von "Garagen-Firmen" den größeren Unternehmen die Preise kaputt machen oder worum geht das dabei?!
@uachtaran: zur konkreten Berechnung der Mindestbemessungsgrenzen wird nach dem Sozialgesetzbuch (§ 240 SGB V) auf den monatlichen Betrag der Bezugsgröße (2017: 2.975 Euro) abgestellt. Wer niedrigere Einkünfte nachweisen kann, für den werden noch mindestens 74,38 Euro/Kalendertag (40. Teil der Bezugsgröße) bzw. 2.231,40 Euro/Monat als beitragspflichtige Einnahmen unterstellt. Nur wer Existenzgründer ist oder unter die Härtefallregelung fällt, kann seine Bemessungsgrenze bis auf die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße (1.487,50 Euro) senken. Zur Anerkennung eines Härtefalls werden nach den Beitragsverfahrensgrundsätzen des GKV-Spitzenverbandes zusätzlich weitere Faktoren berücksichtigt - zum Beispiel die Einkommen von Personen, die mit dem Selbstständigen zusammenleben (Bedarfsgemeinschaft).
Mehr Infos hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/107/1810762.pdf
(Suchen mit Mindestbemessungsgrenze und Mindestbemessungsgrundlage) (TK)
...zumal es ja BEREITS JETZT möglich ist, den KV-Beitrag an die tatsächlichen Einkommensverhältnisse anzupassen. Zwar muss das umständlich und bürokratisch über einen „Antrag auf Beitragsentlastung“ geschehen, aber wenn man das sowieso schon kann, warum schafft man dieses fiktive Einkommen nicht einfach ab?
Kann man mal erklären, warum es diese Regelung mit dem "fiktiven Einkommen", also einem aus der Luft gegriffenen Phantasiewert, überhaupt gibt? Warum nimmt man nicht einfach für alle das tatsächliche Einkommen und berechnet die Kassenbeiträge als Prozentwert davon? Das jetzige Verfahren kommt mir doch sehr unsozial vor - zumal es ja gerade unter den ganzen Schröder-Selbständigen, die sich damals aus der Not heraus selbständig gemacht hatten (Stichwort Ich-AG) eine Menge geben dürfte, die diesen Phantasiebetrag nie erreichen werden, oder zumindest nicht immer. Wer denkt sich sowas aus, und vor allem: warum? Bedenkt man dann noch, dass es für Gutverdiener ja ebenfalls eine komfortable „Unsolidar-Regelung“ gibt, die Beitragsbemessungsgrenze nämlich, durch die der obere Teil der Einkommen beitragsfrei bleibt, kapiert man gar nicht mehr, was daran sozial oder solidarisch sein soll...
Solidarpinzip: im Prinzip ja, aber nur innerhalb eines Durchschnittsverdienst-Korridors?