
„Ohne Konservierungsstoffe“,„ohne Parabene“ – damit werben viele Cremes. Vor Keimen müssen sie trotzdem schützen. Schaffen sie das?
Alle Testergebnisse für Mikrobiologische Qualität von Kosmetika 05/2013
Bis eine Creme sich dem Ende neigt, vergehen meist Monate. Unzählige Male greifen Finger in den Tiegel, schrauben Dose oder Tube auf und zu, lassen sie im feuchtwarmen Bad vor sich hinschlummern. Ob frisch geöffnet oder fast leer: Keime dürfen sich zu keiner Zeit in der Creme ansammeln. Größere Mengen könnten sie verderben oder zu Hautschäden führen.
Viele Hersteller loben „Ohne“ aus
Das Verkeimungsrisiko ist umso höher, je mehr Wasser ein Produkt enthält. Gerade bei Cremes steht Wasser in der Inhaltsstoffliste oft an erster Stelle. Um eine Verkeimung zu verhindern, setzt die Kosmetikbranche Konservierungsstoffe ein. Sie sollen das Produkt und den Verbraucher schützen. Einige Stoffe stehen jedoch in der Kritik: Sie sollen unter anderem Allergien auslösen. Nun mehren sich Tuben, Tiegel und Flaschen, die bewerben, „ohne Konservierungsstoffe“ oder „ohne Parabene“ auszukommen. Parabene zählen auch zu den Konservierungsstoffen.
Können diese Kosmetika Bakterien, Hefen- und Schimmelpilzen standhalten? Wir haben 24 Gesichts- und Augencremes, Körperlotionen und Sonnenschutzmittel untersucht. 10 enthalten laut Angaben der Anbieter keine Konservierungsstoffe, 14 keine Parabene – darunter klassische Produkte von Nivea und Florena, günstige der Drogerien dm und Rossmann, teurere von La Roche-Posay und Vichy sowie Naturkosmetik von Dr. Hauschka und Weleda.
Zunächst prüften wir, ob alle Kosmetika nach dem ersten Öffnen mikrobiologisch in Ordnung waren. Verunreinigungen im frischen Produkt könnten ein Anzeichen dafür sein, dass bei der Herstellung nicht sauber gearbeitet wurde. Alle Cremes und Lotionen waren einwandfrei.
So funktioniert der Belastungstest
Anschließend setzten wir jedem Produkt fünf Keimstämme zu – alles potenzielle Krankheitserreger wie Escherichia coli oder Staphylococcus aureus. Sie können etwa Magen-Darm-Erkrankungen auslösen oder bei geschädigter Haut zu Wundinfektionen führen. In den folgenden 28 Tagen prüften wir in bestimmten Zeitabständen, ob und wie stark die zugesetzten Mikroorganismen in den Cremes und Lotionen abgetötet wurden – oder sich vermehrten.
Fast alle widerstehen den Keimen

Ohne Parabene. Diese Creme von Nivea und diese Lotionen werben damit, frei von Parabenen zu sein. Außer Balea enthalten alle andere Konservierungsstoffe.

Das Ergebnis ist positiv: Bis auf ein Produkt hielten alle der Belastung mit den Keimen stand und konnten sie auf ein akzeptables Maß senken. Gleich 21 der 24 Produkte können wir in der mikrobiologischen Qualität die Note sehr gut geben, darunter allen mit der Auslobung „ohne Parabene“. Konkret heißt das: Sie sind alltagstauglich. Nutzer können sich damit sicher fühlen. Das gilt auch für die zwei Produkte mit der Note gut: das Augengel von Dr. Hauschka und die Pflegelotion von Bübchen. Sie zeigten kleine Schwächen im Keimbelastungstest. Sicher sind sie dennoch.
Hefepilz bei Annemarie Börlind
Die einzige, die deutlich schwächelte, ist die Gesichtscreme von Annemarie Börlind – ein Naturkosmetikprodukt. Der Grund: Sie schafft es nicht, den Hefepilz Candida albicans in genügendem Maß zu reduzieren. Die mikrobiologische Qualität der Creme ist daher nur ausreichend.
Viele Menschen leben mit Candida albicans. Der Pilz siedelt sich oft auf Schleimhäuten an. Bedenklich ist er bei gesunden Menschen nicht – es sei denn, er breitet sich übermäßig stark aus. Dann kann er unangenehme Infektionen auslösen, die etwa als Scheiden- oder Darmpilz auftreten.
Auch alternative Hilfsmittel wirken

Naturkosmetika. Sind immer ohne klassische Konservierungsstoffe. Vor Keimen schützt auch die Tubenform.

Auffällig: Die Annemarie-Börlind-Creme enthält keinen klassischen Konservierungsstoff. Acht andere Kosmetika zeigen aber, dass sie mikrobiologisch sehr gut sind – und das, obwohl sie eigenen Angaben zufolge auch ganz ohne solche Konservierungsstoffe mit Keimen fertig werden: darunter die Gesichtscremes von Kneipp, Logona und Weleda sowie die Augencreme von Lavera.
Wie schaffen sie das? Grund ist wohl eine ausgetüftelte Rezeptur: Alle acht bedienen sich alternativer Hilfsstoffe. Lavera listet zum Beispiel bei der Augencreme Alkohol als zweiten Inhaltsstoff auf. Ab einer Konzentration von zirka 15 Prozent wirkt er konservierend. Bei der Kneipp-Gesichtscreme könnte ein Duftstoff geholfen haben, die Anissäure. Untersuchungsämtern zufolge nutzen Hersteller sie heute recht oft als verkappten Konservierungsstoff.
„Ohne Parabene“ ist nicht unkritisch
„Ohne Parabene“ heißt nicht gleich ohne Konservierungsstoffe, wie 13 der 24 Kosmetika zeigen. Anstelle von Parabenen enthalten sie sechs andere Konservierungsstoffe. Die meisten gelten als unkritisch, darunter das oft verwendete Phenoxyethanol.
Doch auch problematische Stoffe kommen so öfter zum Einsatz als früher, zum Beispiel Methylisothiazolinon (MI), das in der Inhaltsstoffliste der Nivea Pure & Natural-Gesichtscreme steht. Einer Studie zufolge ist das Allergiepotenzial von MI fünfmal höher als das von Parabenen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hält einen generellen Ersatz von Parabenen daher nicht für sinnvoll. Experten befürworten heute, Kosmetikprodukten Mischungen aus möglichst wirkungsvollen und niedrig dosierten Konservierungsstoffen inklusive der Parabene zuzusetzen.
Parabene lösen keinen Brustkrebs aus
Woher kommt dann die Ablehnung der Parabene? 2004 stellte eine britische Studie die These auf, sie könnten Brustkrebs auslösen. Als stichhaltig erwies sich das nicht. Andere Studien sagten ihnen eine leichte östrogene Wirkung nach, was bei Jungs im Erwachsenenalter zu Unfruchtbarkeit führen könne. Das wird weiter überprüft. Parabene werden seit 80 Jahren als Konservierungsstoffe eingesetzt, auch in Arznei- und Lebensmitteln. Angst muss daher niemand haben. Allerdings scheinen nicht alle zugelassenen Parabene gleich unbedenklich zu sein. Als sicher gelten vor allem Methyl- und Ethylparaben (siehe Konservierungsstoffe im Überblick).
Worauf Anwender achten sollten
Jeder kann selbst etwas dafür tun, dass seine Kosmetika sauber bleiben.
Tipp: Achten Sie beim Einkauf darauf, dass neue Produkte gut verschlossen und versiegelt sind. Vor allem Cremes sollten eine Schutzfolie haben. Schrauben Sie Tuben und Tiegel zuhause immer gut zu, sodass kein Wasser eindringen kann. Waschen Sie vor der Benutzung einer Creme Ihre Hände oder verwenden Sie einen Spatel. Nach dem Öffnen ist sie meist ein Jahr haltbar.
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