Korkenzieher Mehr Design als Funktion

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Es gibt viele Wege, eine Wein­­flasche zu öffnen. Nicht jedes System ist glei­chermaßen praktikabel. Unser Fazit: Ein guter Korken­zieher muss nicht teuer sein.

Das Problem ist sattsam bekannt: Der Korken soll leicht, schnell und vor allem heil aus der Weinflasche gezogen werden. Häufig aber steckt er derart fest im Flaschenhals, dass er mit dem vorhandenen Gerät nur unter hohem Kraftaufwand zu entfernen ist oder – bei einem edlen Tropfen weitaus schlimmer – zerbröselt und im Wein landet.

Not macht erfinderisch und deshalb gibt es auf dem Markt die unterschiedlichsten Systeme fürs Flaschenöffnen. Wir haben für unseren Test 26 Korkenzieher ausgewählt. Die Palette reichte vom ein­fachen T-Griff für zwei Euro bis zum halbautomatischen Luxusgerät in der mit Kunstleder bezogenen Schatulle für knapp 180 Euro. Preislich dazwischen liegen Kellnermesser, Ein- und Zweihebel-, Drehgriff- und ein Scheren-Korkenzieher. Modelle mit einer Glocke zentrieren die Wendel, fälschlicherweise oft Spirale genannt, im Korken. Dadurch wird verhindert, dass sie schräg eingedreht wird und so den Flaschenhals beschädigen kann.

Manche Weinöffner kommen sogar ganz ohne Wendel aus: Beim Monopol „Ah-So“ werden zwei flache Stahlzungen zwischen Korken und Flaschenhals gedrückt und damit der Korken herausgezogen. Laut Beschreibung soll er sich auch dazu eignen, Flaschen wieder zu verkorken. Zwei weitere Modelle haben statt der Wendel eine Hohlnadel, die den Korken durchsticht und ihn dann durch Überdruck aus der Flasche schiebt. Beim Pearl wird der Überdruck durch eine Art Luftpumpe erzeugt, beim Fackelmann Cork-X-press auf Knopfdruck durch eine Gaskartusche.

Kunststoffkorken erfordern Kraft

Fünf Prüfpersonen, Frauen und Männer unterschiedlichen Alters, mussten mit jedem der Korkenzieher verschiedene Flaschen mit verschiedenen Korken öffnen. Ob ein Natur- oder ein Kunststoffkorken in der Flasche steckt, macht nämlich durchaus einen Unterschied. Korken aus Kunststoff erfordern schon beim Eindrehen der Wendel einen höheren Kraftaufwand als Naturkorken. Bei einigen Weinen ist der Flaschenhals über dem Naturkorken mit Kunststoffmasse versiegelt. Die Siegel werden meist mit dem Korken aus dem Flaschenhals gezogen, was den Kraftaufwand erhöht. Die übliche Stanniol- oder Kunststoffkappe wird dagegen vor dem Ansetzen des Korkenziehers ent­fernt – eleganterweise mit einem Kap­selschneider, der bei manchen Korkenziehern integriert oder beigefügt ist. Besonders hartnäckig sind auch Proseccokorken.

Tipp: Bewahren Sie Weinflaschen mit Naturkor­ken liegend auf. Das hält den Korken feucht und erleichtert so das Herausziehen.

Generell hoch ist der Kraftaufwand bei traditionellen T-Griff-Korkenziehern, die immer noch zu den meistverkauften Modellen gehören. Mit einem Korkenzieher, dessen Glocke sich auf der Flasche abstützt und der mit Hebeln oder einem Drehgriff versehen ist, kommt man leichter an den guten Tropfen. Doch auch hier fanden wir deutliche Unterschiede.

Knifflig

Zwei Korkenzieher, der Puigpull und der Monopol „Ah-So“ stellten unsere Probanden auf eine harte Probe. Der Puigpull sieht zusammengeklappt wie ein Kellnermes­ser aus und funktio­niert zunächst auch so: Wendel ausklappen und in den Korken eindrehen. Jetzt muss man jedoch das silberne Teil des Griffs umklappen und auf den Flaschenhals aufsetzen. Durch Druck auf den schwarzen Hebel wird eine Ratsche betätigt und der Korken Schritt für Schritt gezogen. Wer mit der Bedienung eines Wagenhebers vertraut ist, dem erschließt sich die Funktion schon eher, andere Probanden gaben nach erfolglosen Öffnungsversuchen auf.

Noch kniffliger

Sehr gering war auch die Erfolgsquote beim Hantieren mit dem Monopol „Ah-So“. Nach Abziehen der Schutzhülle kommen zwei unterschiedlich lange, flache Stahlfedern zum Vorschein, die zwischen Korken und Flaschenhals eingeschoben werden sollen. Probanden, die dabei allzu kraftvoll vorgingen, drück­ten den Korken in die Flasche hinein. Zag­haften Testpersonen gelang es erst gar nicht, die Zungen des Geräts am Korken vorbei in den Flaschenhals zu bugsieren. Für versiegelte Korken oder Prosecco-Frizzante-Flaschen mit den oben erweiterten Korken ist der „Ah-So“ sowieso nicht zu gebrauchen. Vielleicht als Partyspaß oder Intelligenztest? Schadenfroh reicht der eingeübte Gastgeber das Teil seinem Besucher mit der Bitte: „Mach doch mal eben die Flasche auf“, nur um zu sehen, wie der sich abmüht, bevor er vielleicht das erlösende „Ah-So“ ausstößt. Am Anspruch gemessen, einfach und schnell eine Weinflasche zu öffnen, vergeben wir dem „Ah-So“ allerdings nur die Note „mangelhaft“.

Korken unter Druck

Wenig Begeisterung lösten auch die beiden pneumatischen Korkenzieher aus. Die Benutzung des Pearl, bei dem durch eine kleine Luftpumpe Druck aufgebaut wird, wurde als sehr anstrengend beurteilt, und im stramm sitzenden Proseccokorken brach sogar die Nadel ab. Der Fackel­mann Cork-X-press erhält den nötigen Betriebsdruck aus einer Gaskartusche. Nadel durchstechen, Knopf drücken – schon kommt der Korken hoch. Für die Proseccoflaschen reichte jedoch der Druck nicht aus. Nach dem Öffnen von durchschnittlich sieben Weinflaschen mit Naturkorken ist die Gaskartusche leer und eine neue für sechs Euro fällig. Macht also rund 85 Cent, nur um eine einzige Flasche Wein zu öffnen – ein stolzer Preis.

Ist der Korken aus der Flasche, muss er von der Wendel beziehungsweise Nadel des Korkenziehers abgenommen werden. Die automatischen Geräte von Adhoc, Screwpull und Leopold werfen den Korken wie von selbst aus, wenn man den Dreh erst einmal raus hat. Andere Hebel- und Drehgriffkorkenzieher mit rundum geschlossener Glocke erschweren das Entfernen des Korkens. Aus Alessis Anna G. und dem Zyliss ist der Stöpsel nur mühsam zu entfernen, besonders wenn die Wendel zu weit eingedreht wurde. Zwischen den beiden Zungen des „Ah-So“ ist der Korken zwar frei zugänglich, musste aber trotzdem mit erhöhter Kraft entfernt werden, da sich die Stahlfederzungen teilweise in den Korken eingraben.

Wie viel Zeit man für das Öffnen einer Weinflasche braucht, hängt von der Flasche, dem Korkenzieher und dem Geschick des Benutzers ab: In unserem Test betrug der gesamte Zeitbedarf für eine Öffnung einschließlich Entfernen des Korkens von der Wendel zwischen 23 und 138 Sekunden.

Weinöffner mit „Seele“

Korkenzieher müssen eine „Seele“ haben, behaupten viele Weinkenner. Gemeint ist der Freiraum im Zentrum einer gedrehten Wendel und daran zu erkennen, dass man zum Beispiel ein Streichholz hineinstecken kann. Diese Wendel, besonders wenn sie beschichtet ist, bohrt sich leichter in den Korken und beschädigt ihn dabei nicht. Die schraubenförmig geschliffene Wendel mit scharfen Flanken kann jedoch bei festsitzenden Korken mehr Kraft übertragen. Zum leichteren Eindrehen gibt es auch hier Oberflächenbeschichtungen (Wenco) oder polierte Flanken (Monopol Fino/Bacchus). Die gedrehte Wendel des Fackelmann T-Griff-Korkenziehers zog sich beim harten Belastungstest etwas in die Länge. Geschliffene Wendeln müssen also nicht in jedem Fall schlechter sein als gedrehte, wie die Modelle Monopol Fino, Wenco und Alessi Anna G. in unserem Test beweisen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • gavagai_der_zweite am 02.03.2014 um 20:41 Uhr
    Unglaublich: der beste Korkenzieher nicht im Test

    Ich wollte es meiner Frau nicht glauben: die besten Korkenzieher sieht man nur noch in Bildern. Nur mit dem Glockenkorkenzieher mit zwei Drehgriffen kann man problemlos jeden Korken aus der Weinflasche ziehen und das mit wenig Kraftaufwand. Alle anderen erfordern Kraft, Dynamik und technisches Geschick. Ich suchte nach den Glockenkorkenzieher mit zwei Drehgriffen und fand nur bizarr aussehende Glockenkorkenzieher aus Metall. Mit diesen treibt die Spindel in den Korken und dann weiß man nicht mehr weiter. Muß der Griff nach unten oder oben geklappt werden? Man zieht mit Gewalt und der Korkenzieher geht heraus, aber der Korken bleibt - etwas zerstört - in der Flasche.