Schleichend leidet das Hörvermögen – unter dem Alter wie auch unter zu vielen Diskobesuchen. Beyerdynamic, einer der deutschen Hersteller von Kopfhörern, steuert dem Alterungsprozess entgegen: der 450 Euro teure Bluetooth-Kopfhörer Aventho Wireless verstärkt Frequenzbereiche, die das gealterte Ohr nicht mehr so recht wahrnimmt. test.de prüfte den Nutzen.
Nur Kinder hören alles
Je älter Menschen werden, desto stärker leidet das Hörvermögen. Während Vorschulkinder noch einen sehr breiten Hörbereich mit einer Spanne von sehr tiefen Tönen (20 Hertz) bis zu sehr hohen Tönen (20 Kilohertz) wahrnehmen können, endet in hohem Alter das Hörvermögen bereits bei etwa 5 Kilohertz. Da verhallen beispielsweise die Obertöne einer Violine ungehört (bis zu 10 Kilohertz). Der seit Mitte Dezember 2017 angebotene Bluetooth-Kopfhörer Aventho Wireless von Beyerdynamic soll diesen Höreinschränkungen entgegenwirken. Dafür erstellt die zugehörige App nach einem Hörtest ein individuelles Hörprofil seiner Nutzer. Dieses Profil wird anschließend auf dem Kopfhörer gespeichert, so dass er den Klang entsprechend anpassen kann – ganz ohne weitere Smartphone-Anbindung. Das ist neu. Bisher gab es individuelle Klangkorrekturen auf Smartphones oder Tablets nur per App und nicht direkt im Kopfhörer.
Weitere Tests von Kopfhörern auf test.de
Die Stiftung Warentest testet ständig Soundprodukte. Unsere Tests von Kopfhörern (mit und ohne aktiver Geräuschdämpfung), von Sportkopfhörern, Lautsprechern und Soundbars finden Sie auf der Themenseite Lautsprecher und Kopfhörer.
Vor dem Hörgenuss ein Hörtest
Das individuelle Hörvermögen testet die zugehörige App. Ist sie installiert, koppeln Nutzer zuerst das Smartphone via Bluetooth mit dem Kopfhörer. Dann starten sie die App, die zur Einmessung eine Internet-Verbindung benötigt. Da die Datenmenge, die dabei übertragen wird, nicht gerade klein ist, machen Nutzer das sinnvollerweise im WLan und nicht im mobilen Internet. Nun steht dem Hörtest nichts mehr im Wege, außer der Suche nach einem wirklich stillen Ort: Je ruhiger die Umgebung ist, desto genauer ist das Ergebnis des Hörtests. Nacheinander hören die Nutzer erst links, dann rechts Töne unterschiedlicher Frequenz und Lautstärke. Sie drücken eine auf dem Smartphonedisplay eingeblendete Schaltfläche, solange sie etwas hören. Nehmen sie nichts mehr wahr, lassen sie los. Schritt für Schritt lotet die App so das individuelle Hörvermögen aus. Anschließend sendet sie das persönliche Hörprofil an den Kopfhörer. Nutzer können im Nachhinein die Intensität der Korrekturen in fünf Schritten zwischen 20 und 100 Prozent einstellen. Fertig.
Ein guter Kopfhörer wird etwas besser
Der Beyerdynamic Aventho Wireless klingt schon ohne individuelle Anpassung ausgesprochen gut. Nach dem Einmessen mit der App erreicht er eine etwas bessere, dann sehr gute Note beim Ton. Selbst Probanden mit einseitiger Hörminderung, also zwei deutlich verschieden hörenden Ohren, bestätigten eine Wirkung. Eine Klangverbesserung nahmen somit alle Probanden wahr, doch keiner erlebte den Effekt als „Brille für die Ohren“, wie es die Entwickler für ihre App reklamieren. Wichtig für Menschen mit Hörschäden: Ein Hifi-Kopfhörer ist kein Medizinprodukt. Einschränkungen wie etwa nach einem Hörsturz gleicht der Beyerdynamic Aventho Wireless nicht aus. Hier müssen Ohrenarzt und Hörgeräteakustiker ran.
Beim Start besser für iOS als für Android
Die von Beyerdynamic im App- und PlayStore angebotene App MIY (Make It Yours) basiert auf einer App namens Mimi, des Unternehmens Mimi Hearing Technologies. Nutzer von Smartphones und Tablets mit den unterstützten Betriebssystemen Android und iOS geben ihr Alter ein. iOS-Nutzer absolvieren anschließend einen etwa fünfminütigen Hörtest mit gleitendem Frequenzgang und variierender Lautstärke. Android-Nutzer (beim Start ausschließlich Version 7) konnten im Testzeitraum nur ihr Alter angeben. Da passte der Kopfhörer das Klangprofil nicht individuell, sondern auf Basis statistischer Werte an, die Mimi vorliegen. Beyerdynamik kündigt auf seiner Website und im Google Playstore für „Mitte Februar“ ein Update der Android-App an. Sie soll dann alle in der iOS-Version gebotenen Funktionen bieten und auf Geräten mit Android 6 und 8 laufen. Diese Version war mit Stand vom 14. Februar allerdings noch nicht verfügbar.
Das Hörprofil geht nach Berlin
Neben dem Klang hat die Stiftung Warentest auch das Datensendeverhalten der Apps untersucht. Die iOS-App sendet das Hörtestergebnis verschlüsselt an Mimi Hearing Technologies aus Berlin. Dazu kommen aber noch weitere Daten: das Alter des Nutzers und eine eindeutige Gerätekennung des Kopfhörers. In der Datenschutzerklärung informiert Beyerdynamic über die anonyme Übertragung von Daten an das Berliner Unternehmen Mimi.
Schonung fürs Gehör
Neben dem Hörtest bietet die MIY-App eine „Tracking“ genannte Funktion. Nutzer sehen in einer Art Kreisdiagramm, wie sie ihre Ohren durch lautes Musikhören strapazieren. Analog zu Zigaretten-Schockbildern – nur viel ästhetischer – regt die Tracking-Funktion womöglich zu geringerer Lautstärkeeinstellung an. Einen Schongang verpassen Nutzer ihren Ohren vielleicht auch schon bei der Wahl der Kompensationsstufe: Sie wählen einfach nicht die maximale Intensität der Klang-Personalisierung, sondern bescheiden sich mit 40, 60 oder 80 Prozent. Dann hebt der Kopfhörer die Lautstärke der individuell schlechter gehörten Töne nicht gar so stark an.
Es kann nur einen geben
Kopfhörer und App speichern nur ein einziges Hörprofil. Hat jemand anders Lust auf individualisierten Klang, muss er einen Hörtest absolvieren. Das Hochladen des neuen Hörprofils auf den Aventho Wireless überschreibt allerdings die alten Korrektureinstellungen. Nutzer Nummer eins bleibt dann außen vor und der Beyerdynamic bedient einen neuen Herren. Zwei oder mehr Profile für mehrere Nutzer, etwa via Tastendruck direkt am Kopfhörer umschaltbar, wären ein willkommenes Update. Ebenso die individuelle Klangkorrektur auch bei analoger Ansteuerung und eine aktive Dämmung von Außengeräuschen, wie sie „Noise Cancelling“-Kopfhörer bieten.
Fazit: Ein nützlicher Bluetooth-Kopfhörer – aber teuer
Nutzer können den Bluetooth-Kopfhörer Beyerdynamic Aventho Wireless via App auf ihr individuelles, altersgerechtes Hörprofil abstimmen. Mit dieser Abstimmung klingt der gute Kopfhörer einen Tick besser als ohne, es reicht für den Sprung über die Notengrenze auf sehr gut. Spektakulär ist der Gewinn allerdings nicht und Nutzer zahlen stolze 449 Euro für den Kopfhörer.
-
- Der Bluetooth-Kopfhörer-Test liefert Ergebnisse für 365 Bügel- und In-Ear-Kopfhörer. Unsere Datenbank hilft Ihnen, den richtigen zu finden.
-
- Der drahtlose Lautsprecher empfängt keine Musik vom Handy? Windows findet keine Geräte? Nicht immer klappt die Verbindung von Geräten via Bluetooth reibungslos. Hier...
-
- Als „ultimatives Hörerlebnis“ bewirbt Apple seine AirPods Max. test.de sagt, wie gut die Bügelkopfhörer im Vergleich mit günstigeren Bluetooth-Kopfhörern abschneiden.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.