Für weiche Kontaktlinsen bieten sich All-in-one-Lösungen als praktische Pflegemittel an. Doch mehr als jede zweite versagt im Test.
Wer Kontaktlinsen trägt, strapaziert die Hornhaut seiner Augen. Winzige Verletzungen, Fremdkörperreiz, Entzündungen oder Sauerstoffmangel können die Folge sein. Besonders häufig treten Komplikationen bei weichen Kontaktlinsen auf.
Mehr Probleme bei weichen Linsen
Augenarztpraxen und Kliniken melden seit drei Jahren im Rahmen einer Fallsammlung Probleme mit Kontaktlinsen an den Berufsverband der Augenärzte. Von den mehr als tausend Mitteilungen betreffen nur 3 Prozent harte Kontaktlinsen. Der große Rest gesundheitlicher Komplikationen betrifft weiche Linsen. Oft sind Hygienefehler oder zu langes Tragen der Kontaktlinsen die Ursache (siehe „Interview“).
Durch penible tägliche Pflege lassen sich die Risiken verringern. Im Laufe eines Tages lagern sich auf Kontaktlinsen fett- und eiweißhaltige Stoffe aus der Tränenflüssigkeit ab, ebenso Hautfett von den Fingern, Farbpartikel vom Augen-Make-up, Keime und mit der Luft herangetragene Schmutzteilchen. Die Ablagerungen müssen gleich nach dem Tragen mit einer Reinigungslösung von der Linsenoberfläche entfernt werden. Danach werden die Kontaktlinsen mit einer keimtötenden Lösung desinfiziert. So verringert sich die Gefahr, dass Krankheitserreger, wie Bakterien, Pilze oder Viren eine Infektion verursachen. Um das Reinigungsritual zu vereinfachen, haben die Hersteller Kombipräparate entwickelt – sogenannte All-in-one-Lösungen. Sie eignen sich zum Reinigen, Desinfizieren und Aufbewahren der Kontaktlinsen. Statt der Flaschenparade im Badezimmer mit unterschiedlichen Flüssigkeiten reicht jetzt eine einzige Flasche für die Kontaktlinsenhygiene.
Das Dilemma der Hersteller
Es gibt allerdings ein Dilemma: Die Lösungen müssen Verschmutzungen und Krankheitserreger effektiv entfernen. Doch je effektiver sie sind, umso aggressiver können sie auch auf das Auge, insbesondere den Tränenfilm und die Hornhaut wirken. Die Hersteller müssen also einen Chemikalienmix herstellen, der Schmutz und Keimen den Garaus macht, der Augengesundheit dabei aber nicht schadet.
Acht desinfizieren „mangelhaft“
Das schaffen nicht alle, wie der Test von 13 All-in-one-Pflegelösungen für weiche Kontaktlinsen zeigt. Acht davon, darunter zwei rezepturgleiche, versagten beim Härtetest – sie desinfizieren „mangelhaft“ (siehe Testtabelle). Es gelang ihnen nicht, für den Test zugegebene Pilze und Bakterien nach der empfohlenen Einwirkzeit unschädlich zu machen. Dazu hätten sie die Zahl der Pilze um mindestens 90 Prozent senken müssen, Bakterien um 99,9 Prozent. Die meisten Hersteller empfehlen, die Linsen mindestens vier oder sechs Stunden zu desinfizieren.
Darunter auch renommierte Anbieter
Auch die Pflegelösungen renommierter Anbieter, wie beispielsweise Acumed von 4Care oder Solocare Aqua von Ciba Vision desinfizieren „mangelhaft“. Die Desinfektionslösung von Ciba Vision versagte gleich bei drei potenziellen Krankheitserregern. Wenn das auch beim täglichen Gebrauch passiert, können gefährliche Augeninfektionen die Folge sein. Einer der Gründe für das schlechte Abschneiden könnte bei diesem Produkt möglicherweise die ungewöhnlich kurze Mindestdesinfektionszeit von fünf Minuten sein, die der Hersteller in den Anwendungshinweisen nennt.
Fünf desinfizieren „sehr gut“
Fünf der getesteten All-in-one-Lösungen sind dagegen erfolgreich im Kampf gegen die schädlichen Keime. Sie desinfizieren „sehr gut“ – das sind Apollo/iWear All-In-1, Eye See, Eyelike, Opti-Free und ReNu.
„Deutliche“ Zellschädigung
Doch genau bei diesen Produkten zeigte sich, dass solche wirksamen und nützlichen Lösungen möglicherweise weniger verträglich sind. In Laborversuchen haben wir nämlich geprüft, wie Zellkulturen auf die Flüssigkeiten reagieren. Ergebnis: Die Zellkulturen reagierten besonders empfindlich auf fast alle Mittel, die „sehr gut“ desinfizierten – bei vier von ihnen stellten wir eine „deutliche“ Schädigung fest.
Opti-Free weniger aggressiv
Das bedeutet nicht automatisch, dass die Flüssigkeiten auch dem Auge schaden. Aber man kann aus den Ergebnissen eine gewisse aggressive Tendenz der Pflegelösungen ablesen – immerhin ist es eine von drei Standardprüfungen für solche Mittel. Wer am Auge empfindlich ist, muss eventuell mit Unverträglichkeitsreaktionen rechnen. Nur eine „mäßige“ Schädigung im Laborversuch bei „sehr guter“ Desinfektionswirkung zeigte Opti-Free. Mit 3,65 Euro für 100 Milliliter ist es allerdings eine der teuersten Pflegelösungen im Test.
Wie verträglich eine Kontaktlinsenpflegelösung im Auge ist, hängt auch noch von anderen Dingen ab. Dazu zählt zum Beispiel der pH-Wert, der bei allen getesteten Produkten in Ordnung war. Aber auch die Beschaffenheit des Tränenfilms, Allergien gegen Produktbestandteile und das subjektive Empfinden spielen eine Rolle.
Wer empfindlich ist, häufig gereizte oder gerötete Augen hat oder sogar allergisch auf chemische Stoffe reagiert, sollte nach Rücksprache mit seinem Augenarzt ausprobieren, ob er mit einem anderen Pflegesystem besser zurechtkommt. So sind etwa Wasserstoffperoxidsysteme oft verträglicher (siehe „Interview“). Allerdings ist die Pflege mit ihnen aufwendiger, denn der Nutzer muss mit verschiedenen Flüssigkeiten in mehreren Flaschen hantieren.
Anwendungshinweise mit Lücken
Die meisten Pflegelösungen sind „gut“ zu handhaben. Die Prüfpersonen kritisierten aber Eyelike und Eye See, weil sich die Flaschen recht schwer öffnen lassen. Für die Gebrauchsinformationen mussten gleich mehrere Produkte einen Punktabzug hinnehmen: Eyelike und Opti-Free schneiden „ausreichend“ ab, weil die Anbieter versäumen, auf einen wichtigen Reinigungsschritt hinzuweisen – die Kontaktlinsen abzureiben und zu säubern, bevor sie in die Desinfektionslösung kommen. Dabei ist sich die Fachwelt einig: Aus Sicherheitsgründen sollte das unbedingt zum täglichen Reinigungsritual gehören.
Acumed, ebenfalls mit „ausreichender“ Gebrauchsinformation, suggeriert mit der Zusatzbezeichnung „Kombi-NoRub“, dass eine mechanische Reinigung nicht nötig ist – to rub, englisch für reiben –, schlägt in den Anwendungshinweisen jedoch eine „manuelle Vorreinigung“ vor. „Ausreichend“ gab es auch für die Anleitung von Eye See, die kaum zu lesen ist, weil sie in extrem kleiner Schrift auf die Flasche gedruckt ist.
Während allen Pflegelösungen Aufbewahrungsbehälter für Kontaktlinsen beiliegen, fehlen sie bei Eye See und Rossmann/Best View. Das mag daran liegen, dass sie keinen Umkarton haben. Während der Verzicht auf eine Umverpackung eigentlich lobenswert ist, könnte sich das hier negativ auswirken: Eine neue Pflegelösung bringt bei ihnen keinen neuen Behälter mit. Kontaktlinsenbehälter sind zwar separat zu kaufen, aber es könnte leicht in Vergessenheit geraten, dass sie regelmäßig ausgewechselt werden sollten. Ein keimarmer Behälter ist genauso wichtig wie gereinigte Kontaktlinsen.
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Ein Update wäre wirklich sehr schön.
Zumal inzwischen auch fast alle Discounter und Drogeriemärkte Pflegemittel unter Eigenmarke anbieten.
@AnnikaTestet: Unserer Testbericht bezog sich nur auf Reinigungsmittel für weiche Linsen. Diese unterscheiden sich damals wie heute von Reinigungsmitteln für harte Linsen. Ihren Vorschlag für einen Folgetest geben wir gerne an die Fachredaktion weiter. (bp)
Seit dem letzten Test sind 9 Jahre vergangen, die Materialien sind sauerstoffdurchlässiger und viel empfindlicher geworden. Sind die Pflegemittel in der Rezeptur inzwischen darauf angepasst?
Ich verwende seit mind. 15 Jahren die Eigenmarke von Rossmann für harte Linsen, und mir sagte eine Augenoptikerin, die Rezeptur wäre inzwischen ungeeignet für moderne Kontaktlinsen.
@Traudel60: Vielen Dank für Ihre Testanregung.(bp)
Seit dem letzten Test sind nun ein paar Jahre vergangen und es wird sich einiges getan haben. Für ein so wichtiges Thema hätte ich mir seit langem einen aktuellen und umfangreichen Test gewünscht. Bitte nachholen, danke.