
Tages- oder Monatslinsen, harte oder weiche? Wer empfiehlt geeignete Linsen und passt sie gut an? Erfahrene und spezialisierte Optiker schlagen die großen Ketten.
Aus welchem Grund tragen Sie Kontaktlinsen? Um uneingeschränkt in alle Richtungen gut zu sehen, antworten fast 70 Prozent der Linsenträger, die an unserer Umfrage im Internet teilgenommen haben. Knapp 60 Prozent schätzen sie aus ästhetischen Gründen (Umfrageergebnisse).
„Kontaktlinsen haben mir ein neues Gefühl von Freiheit gebracht“, schreibt ein Teilnehmer. Für eine andere Befragte bedeuten die unsichtbaren Sehhilfen „ein Mehr an Lebensqualität“. Sie können nicht beschlagen wie Brillengläser, Regentropfen landen auch nie drauf.
Gut drei Millionen Kontaktlinsenträger gibt es in Deutschland. Welche Linse ist für wen die richtige? Soll sie weich oder hart sein? Empfehlen sich Tages-, Monats- oder Jahreslinsen? Von der Augengröße und -form, der Art der Fehlsichtigkeit, auch von der Tränenflüssigkeit und den Bedürfnissen des Trägers hängt es ab, welche Kontaktlinse die beste Wahl ist. Wir wollten wissen, wie gut Augenoptiker ihr Handwerk verstehen und ob sie die Linsen optimal für den Kunden auswählen und anpassen.
27 Fälle im Test
Für den Test haben wir neun Optiker ausgewählt. Bei jedem ließen sich drei Testpersonen mit unterschiedlichen Anforderungen Kontaktlinsen anpassen. Bei der Testaufgabe 1 sind sie kurzsichtig und wollen täglich Linsen tragen. In Aufgabe 2 möchten die kurzsichtigen Tester die Linsen nur gelegentlich nutzen. Die Probanden für Aufgabe 3 sind weit- und alterssichtig und wollen Linsen abwechselnd mit der Brille tragen (Drei Testaufgaben für den Optiker). Nach jeder der 27 Anpassungen prüfte ein augenoptischer Fachgutachter die bedarfsgerechte Wahl der Linsen – etwa, ob Größe oder Stärke stimmen.
Vier der neun Optiker schneiden gut ab, drei befriedigend, zwei nur ausreichend. Die vier Besten verfügen über viel Erfahrung. Zwei sind spezialisierte Kontaktlinseninstitute, die anderen beiden inhabergeführte Augenoptikergeschäfte, die regelmäßig Linsen anpassen. Sie berieten gut bis sehr gut, untersuchten die Kunden meist gründlich und passten in fast allen Fällen bedarfsgerechte Linsen gut bis sehr gut an.
Keine Optikerkette schneidet gut ab
Die im Test vertretenen Optikerketten können nicht mithalten. Wir besuchten je drei Filialen von Fielmann, Apollo und Pro Optik. Fielmann erreicht ein befriedigendes Gesamturteil. Apollo und Pro Optik schneiden nur ausreichend ab: Die Mitarbeiter führten teilweise wichtige Augenuntersuchungen nicht durch, wählten nicht immer den passenden Linsentyp, und nie saßen die Linsen optimal. Zudem trafen unsere Testpersonen oft auf wechselnde und nicht vorbereitete Mitarbeiter.
Die Vielfalt nicht genutzt
Harte Linsen, die Fachleute formstabil nennen, haben nur 8 Prozent Marktanteil. Sie bieten aber vor allem beim täglichen Tragen Vorteile (Kontaktlinsentypen). Auffällig ist, dass sich bei Aufgabe 1 nur 4 von 9 Optiker für harte Linsen entschieden. Erfreulich dagegen: Alle alterssichtigen Tester bekamen bei Aufgabe 3 den optimalen Linsentyp – Multifokallinsen. Das ist nicht selbstverständlich. Bisher machen sie nur einen geringen Teil des Marktes aus.
Allerdings nutzten die meisten Anbieter die Material-, Größen- und Formenvielfalt nicht genug. Die ihr angepassten Linsen seien „das Optimum“, besser würde es nicht gehen, bekam eine Testerin zum Beispiel bei Apollo zu hören. Unser Gutachter konnte das nicht bestätigen.
Auch wichtige Untersuchungen führten die Optiker nicht immer durch. In 6 der 27 Fälle analysierten sie zum Beispiel nicht den Tränenfilm, achtmal vermaßen sie die Augen und Hornhaut nicht. Dass die Linsen dann nicht immer richtig sitzen oder schlecht verträglich sind, verwundert nicht.
Nachlässig mit Nachkontrollen
Für gelegentliche Nutzer bieten sich vor allem Tageslinsen an. Optiker haben häufig solche Kunden. Tageslinsen machen durchschnittlich ein Viertel ihres Linsenumsatzes aus. Aufgabe 2 sollte den Anbietern also nicht schwerfallen. Tatsächlich passten sie hier die Linsen im Schnitt passabel an. Jedoch arbeiteten sie gegenüber den Kunden am nachlässigsten. Im Vergleich zu den anderen Aufgaben informierten sie etwa schlechter über notwendige Nachkontrollen – ein Risiko für die Augengesundheit.
Kontrollen sind gerade bei weichen Linsen wichtig. Wenn harte Linsen nicht richtig sitzen, merkt der Träger das meist selbst. Bei weichen ist das anders. „Selbst wenn sie nicht richtig angepasst sind, bereiten sie dem Träger erst oft keine Probleme“, sagt Augenarzt Dirk Werdermann. „Die Sauerstoffversorgung der Hornhaut können sie dennoch einschränken.“ Das erhöhe das Risiko, dass Blutgefäße in die Hornhaut einwachsen und diese sich entzündet. Erste Anzeichen dafür lassen sich bei Nachkontrollen früh erkennen.
Zwei Ausrutscher
Zwei Anbieter verhielten sich leichtsinnig: Apollo verkaufte unserer Testerin gleich beim ersten Termin eine weiche Tageslinse – ohne den erforderlichen Toleranztest durchzuführen (Kontaktlinsen anpassen) und ohne eine einzige Nachkontrolle zu vereinbaren.
Bei Augenoptik Brückner erhielt eine Testerin eine weiche Linse, die laut Hersteller 30 Tage hintereinander auf dem Auge bleiben kann. Auf Nachfrage wurde ihr gesagt, sie könne die Linse auch zur Probe Tag und Nacht tragen. Beim erstmaligen Testen dieses Linsentyps halten Experten eine solche Dauernutzung für fahrlässig, unser Gutachter auch. Es hätte zumindest engmaschige Kontrollen geben müssen.
Tipp: Laut Arbeitsrichtlinien für Augenoptiker sollte die erste Kontrolle bei einer Erstanpassung innerhalb von 14 Tagen stattfinden. Nur vier der neun Anbieter hielten die Frist immer ein.
Viele Linsenträger geben wieder auf

Nicht ganz billig. Krankenkassen zahlen Linsen selten.
Viele Menschen hören wieder auf, Linsen zu tragen. Sie haben Probleme mit der Verträglichkeit oder Handhabung. Laut Allensbach-Brillenstudie war die Zahl der Aussteiger 2014 etwa genau so hoch wie die der Kontaktlinsenträger. Die Ursachen für Unverträglichkeiten – trockene Augen, falsche Pflegemittel oder Handhabungsfehler – könnten Optiker bei Nachkontrollen erkennen. Wenn sie keine vereinbaren, vergeben sie sich die Chance, mehr zufriedene Linsenträger als Kunden zu gewinnen.
Tipp: Mit zunehmendem Alter, durch Medikamente oder viel Bildschirmarbeit kann sich der Tränenfilm und damit die Verträglichkeit verändern. Gehen Sie bei Beschwerden zum Anpasser oder Augenarzt.
Nur so lange tragen wie vorgesehen
Linsen, die nach einem Monat zu tauschen sind, machen etwa die Hälfte des Marktes aus. Pflegen Nutzer sie schlecht oder tragen sie sie länger als vier Wochen, sind Komplikationen wie Hornhautentzündungen programmiert. Jeder sollte sich an die vorgesehene Nutzungszeit halten. Mit der Zeit verändert sich die Oberfläche weicher Linsen. Keime und Kosmetikinhaltsstoffe können sich an- und einlagern.
Im Test erklärten die Optiker Nutzungszeiten nicht immer korrekt. Dass sich die Tragedauer einer Monatslinse aus den tatsächlich getragenen Tagen errechnen ließe, ist falsch. Selbst wer eine Monatslinse nur jeden zweiten Tag trägt, sollte sie seinen Augen zuliebe nicht länger als vier Wochen nach dem Öffnen der Packung nutzen.
Tipp: Tragen Sie Linsen nicht länger als vorgesehen – Tageslinsen nur einmal. Dann gehören sie in den Müll. Im Test haben nicht alle Anbieter aktiv darauf hingewiesen.
Kunden bekommen oft nicht alle Infos

Behälter pflegen. Kontaktlinsenbehälter mit Kochsalzlösung statt Wasser ausspülen und regelmäßig austauschen.
Auch andere Infos bekamen unsere Tester nicht. In mehr als der Hälfte der Fälle fehlten Pflichtangaben zu Kontaktlinsen nach dem Medizinproduktegesetz wie etwa Risiken und Anwendungshinweise. Nur in 11 der 27 Fälle übergaben die Optiker von sich aus Kontaktlinsenpässe, die zum Beispiel Dioptrienwerte enthalten. Wenn sie es taten, fehlten häufig Produktbezeichnungen und Herstellerangaben. Kunden sollen vermutlich nicht in Versuchung kommen, die angepassten Linsen billiger online zu kaufen. Jeder dritte unserer Umfrageteilnehmer kaufte seine Linsen zuletzt im Internet.
Tipp: Lassen Sie, auch wenn Sie online kaufen, Augen und Linsen vom Optiker überprüfen – bei weichen Linsen halbjährlich, bei harten mindestens jährlich. Zum Augenarzt sollten Fehlsichtige einmal im Jahr.
Im Schnitt fünf Termine
Die Anbieter im Test haben sich für ihre Kunden in der Regel viel Zeit genommen. Im Schnitt kam jeder Tester auf fünf Termine pro Anbieter, manche davon dauerten bis zu eineinhalb Stunden.
Dass Geduld gefragt ist, ergab auch die Umfrage. Etwa die Hälfte der Teilnehmer hatte anfangs Probleme im Umgang mit den Linsen. 83 Prozent konnten sie überwinden – meist durch Üben und weitere Hinweise des Anpassers. „Ich empfehle durchzuhalten“, rät eine Linsenträgerin. „Es lohnt sich.“