Koch­messer im Test Santokus gegen Keramik- und klassische Koch­messer

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Koch­messer im Test - Santokus gegen Keramik- und klassische Koch­messer

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Küchenlaien schneiden mit irgend­was, Könner mit einem sorg­sam gewählten Koch­messer. Im Koch­messer-Test der Stiftung Warentest schneidet nicht alles gut ab, was teuer ist.

Koch­messer im Test Testergebnisse für 20 Kochmesser 12/2014 freischalten

Mühelos gleitet das Messer mit einem Zug durch die reife Tomate. Karotten stiftelt es zu feinsten Juliennestreifen. Fleisch filetiert es in hauchdünne Scheiben. Das aber schafft längst nicht jedes Koch­messer.

Ein scharfes Koch­messer ist das wichtigste Werk­zeug jedes Kochs. Nicht ohne Grund heißt es auf Eng­lisch „chef’s knife“ und auf Französisch „couteau du chef“ – Messer des Küchenchefs eben. Mit Bedacht wählen Könner ihre Klinge. Mit Leidenschaft diskutieren sie über Bauarten und Stahlqualitäten. Anfänger sollten das nicht als elitäres Fachsimpeln abtun, bevor sie ihre stumpfe Klinge nicht wenigs­tens einmal gegen eine wirk­lich scharfe Schneide getauscht haben.

Drei Messer­typen treten im Test an

Drei Typen konkurrieren im Test um die Gunst der Köche: klassische Koch­messer mit spitz zulaufender Klinge, Santokus japa­nischer Art mit kürzerer Klinge sowie Keramik­messer. 20 dieser Messer untersuchten die Prüfer – vom Billigmodell für 12 Euro bis zur Edel­ausgabe für 209 Euro, von Ikea bis zum Porsche-Design des Chroma Type 301.

Unser Rat

Am besten schneidet das Santoku Shun Premier der Tim-Mälzer-Serie von Kai. Für 199 Euro richtet es sich vor allem an Lieb­haber. Ähnlich gut und deutlich güns­tiger sind die Santokus WMF Grand Gourmet (95 Euro), Wüst­hof Grand Prix II (65 Euro), Zwilling Twin Profection (100 Euro) sowie die klassischen Koch­messer Böker Forge (70 Euro) und WMF Grand Class (90 Euro). Das Keramik­messer von Kyocera (85 Euro) schneidet sehr lange scharf, kann aber leicht brechen.

Testsieger wurde ein Japaner. Das Santoku Shun Premier aus der Tim-Mälzer-Serie des Messer­herstel­lers Kai lässt mit der Gesamt­note 1,6 alle anderen hinter sich. Die Prüfer stellten aber auch fest, dass es nicht das eine beste Messer für alle Köche gibt. Das zeigten die verschiedenen Vorlieben der Test­schnippler.

Messer im Praxis­test: 22 Kilo Tomaten zerteilt

Die mussten im Praxis­test reichlich Hand anlegen. Insgesamt 22 Kilo Tomaten zerteilten sie für den Vergleich, 20 Kilo Möhren, 60 Sellerieknollen, 120 Ananas, 120 Mangos, eimer­weise Petersilie, Salbei, Rosmarin, drei Kilo Haselnüsse sowie sechs Meter geschmorten Schweine­rücken.

Das Testsieger-Santoku von Kai schneidet besonders scharf und sauber und behält seine Schärfe auch lange. Mit 199 Euro ist es fast das teuerste Messer im Test. Seiner Schneide, mit 0,22 Milli­meter die dünnste von allen, könnten sehr harte Lebens­mittel aber gefähr­lich werden.

Koch­messer gehören in jede Küche

Deutlich robuster sind klassische Koch­messer gebaut. Ihre Schneide misst idealer­weise zwischen 0,3 und 0,46 Milli­meter. Zum Griff hin wird die Schneide dicker. Dieser Teil kommt beim Hacken zum Einsatz. Das macht die klassischen Koch­messer universell einsetz­bar. Als Stärke gilt auch ihr im Vergleich zu Santokus höheres Gewicht. Wenn sie scharf sind, gleiten sie fast von allein durch reife Tomaten. Unter den Testnutzern fanden sie ihre Anhänger. Andere bevor­zugten leichtere Santokus.

Tipp: Probieren Sie vor dem Kauf mehrere Messer aus. Achten Sie auch darauf, wie sie in der Hand liegen.

Weicherer Stahl stumpft schneller ab

Die meisten guten klassischen Koch­messer im Test kosten 70 bis 99 Euro. Einzige Ausnahme: Ikea. Das deutlich güns­tigere Gynn­sam für 15 Euro schneidet gut, liegt bequem in der Hand und lässt sich leicht säubern. Die Klinge allerdings, laut Ikea aus Molybdän-Vanadium-Stahl, ist relativ weich. Das Messer verliert rasch seine Schärfe und muss nachgeschliffen werden.

Die meisten Anbieter verwenden für gute Koch­messer und Santokus härteren Stahl der Zusammenset­zung X50CrMoV15. X steht für hoch­legiert, 50 für 0,50 Prozent Kohlen­stoff. Das macht die Klinge hart. Die 15 Prozent Chrom verhindern Korrosion. Außerdem enthält der Stahl kleine Mengen Molybdän und Vanadium. Sie verbessern zusätzlich den Korrosions­widerstand und die Verschleiß­festig­keit.

Damast­messer: Besonders robust, aber anfäl­lig für Rost

Noch härter sind Damast­messer mit VG-10-Stahlkern – im Test: Chroma und Kai. Der Kohlen­stoff­gehalt liegt bei 1 Prozent. Vorteil: Kai konnte die Klinge extrem scharf anschleifen. Nachteil: VG-10-Messer sind mehr als alle anderen anfäl­lig für Rost.

Tipp: Reinigen Sie VG-10-Messer nicht in der Spül­maschine, sondern per Hand unter warmem Wasser. Polieren Sie entstandene Rost­flecken sofort weg.

Koch­messer im Test - Santokus gegen Keramik- und klassische Koch­messer

Links Stumpf. Ohne Druck rutscht das Messer über feste Tomatenhaut. Mit Druck quetscht es das weiche Fleisch.
Rechts Scharf. Das Eigengewicht reicht. Mit einer ziehenden Bewegung gleitet das Koch­messer durch die Tomate. © Stiftung Warentest

Harter Stahl allein reicht nicht für scharfe Messer. Wichtig sind auch Klingen­schliff und -abzug. Im Test ermittelten wir die Anfangs­schärfe und Schneidhaltig­keit – wie lange das Messer scharf schnitt. Jedes Stahl­messer musste 60 Mal in einen Stapel Spezialsand­papier schneiden – für Klingen ein extremer Härtetest. Nach jedem Schnitt maßen wir, wie tief er ging.

Schärfste Stahl­klingen kommen im Test von WMF

Die schärfsten Stahl­klingen stammen aus dem Hause WMF. Mit den ersten drei Schnitten glitten sie rund 14 Zenti­meter tief durch den Papier­stapel. Nach 60 Schnitten hatte das Grand-Class-Koch­messer 64 Zenti­meter Spezial­papier zerteilt, das Grand Gourmet-Santoku sogar 87. Beide waren noch nicht völlig stumpf.

Fackelmann und Tupperware dagegen kamen schon im Neuzustand nicht weit. Mit jedem Schnitt in den Stapel stumpften sie weiter ab. Nach 60 Hüben hatte Fackelmann 6 Zenti­meter geschnitten, Tupperware 18. Beide waren so stumpf, dass sie schief durch Lebens­mittel schnitten.

Keramik­messer schneidet extra lange

Keramik ist viel härter als Stahl. Die Vergleichs­einheit heißt Rock­well. Die härtesten Santokus erreichten 60 Rock­well, Keramik­klingen liegen weit darüber. Sie sind so hart, dass nur Profis mit Diamant­schleifer die Klingen nach­schärfen sollten. Folg­lich sollten Keramik­messer besonders lange scharf bleiben. Eine DIN-Norm verlangt von ihnen 200 Schnitte in den Papier­stapel – statt der 60 Hübe für Stahl­klingen.

Ein Keramik­messer stellte bei dieser Prüfung alle anderen in den Schatten: Kyocera schnitt dreimal so viel Spezial­papier wie das schärfste Stahl­messer und war hinterher noch recht scharf. Ganz anders Bodum und Zassen­haus: Sie hatten von Anfang an wenig Schärfe und stumpften weiter ab.

Die Kehr­seite harter Keramik­klingen ist ihre Spröde. Sie splittern und brechen leicht. Stoßen sie auf etwas Hartes oder fallen sie zu Boden, ist womöglich die Klinge hinüber. Keines über­stand unseren 20-maligen Fall­test heil. Die Prüfer waren aber über­rascht, dass sämtliche Keramik­messer einige Stürze auf den Boden über­standen, bevor sie Schaden nahmen.

Koch­messer mit Liebe reinigen und pflegen

Wie in jeder Küche gehört zum Test das Säubern. Chroma, Dick, Fissler und Kai schließen Spül­maschinen-Reinigung aus. Auch die übrigen Messer danken Spülen per Hand. In der Maschine könnten sie rosten, anlaufen oder mit anderen Gegen­ständen zusammen­stoßen.

Nach dem Praxis­test mussten wir alle Stahl­messer nach­schärfen, manche sogar schon nach einer halben Sellerieknolle – das harte Gemüse ist eine Heraus­forderung für jedes Messer. Chroma und Kai empfehlen nur Schleifen per Wetz­stein. Das erfordert Übung und Geduld. Die übrigen Metall­klingen gewinnen eine Zeit lang ihre Schärfe mit einem Wetz­stahl zurück. Wir geben 6 Tipps, mit denen ihr Kochmesser lange hält.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Niko23 am 30.05.2022 um 18:57 Uhr
    HRC, "Japanmesser": "Deutschlandmesser" ?

    Ich mokiere mich gern über den andächtigen Begriff "Japanmesser, Japansäge" etc.,
    Auch aus Japan gibt es vermutlich Schrott-Japanmesser, auch wenn ich noch keine benutzt habe.
    Apropos HRC-Wahn: (s.u.) (Stahl-Härte nach Rockwell)
    Ein harter Messerstahl z.B. in der Schneide hat manche Vorteile für den langjährigen- und Intensivnutzer, aber dieser muß eben lernen, mit diesem Werkzeug entsprechend anders umzugehen, als gewohnt, speziell es gelegentlich fachgerecht nachzuschärfen (zu lassen).
    Das gilt für jedes hochwertige Werkzeug. Auch ein Hobelmesser ist ja nicht aus rostfreiem Stahl, denn er istzum Hobeln zu weich.
    Die meisten oberflächlichen heutigen Nutzer, auch Profis, haben kein Interesse daran und auch nicht mehr gelernt, wie das geht. Es lohnt nicht mehr, weil es Zeit kostet und Arbeit macht.
    Ein rostfreies Kochmesser ist billiger und schneller nachzukaufen, als erst mühsam zu lernen, ein Kohlenstoffstahlmesser am Stahl oder Wasserstein nachzuschärfern.
    (Worteabwürg...!)

  • Niko23 am 30.05.2022 um 18:14 Uhr
    Suche hier nach "Messer" findet kein Messer!

    Tja, das nenn ich eine schlechte Suche!

  • Niko23 am 24.02.2016 um 12:00 Uhr
    "Dünngeschliffene" Windmühlenmesser fehlen leider

    Große Enttäuschung!
    Diese einzigartigen hochwertigen aber relativ preiswerten Messer habe ich sehr vermisst, und finde, sie hätten es verdient, weil sie im Vergleich zu den getesteten, meist automatisch geschliffenen Industriemessern so besonders sind und sie auch oft an Qualität übertreffen .
    Die Herstellungart "Dünnschleifen" ist altes und ein speziell deutsches Solinger Handwerk und ist ein eigener Meistertitel.
    1.: die leichten, an der Schneide besonders dünn auslaufenden Klingen mit sehr kleinem Schneidwinkel erzeugen besonders wenig Schneidwiderstand
    2. Die seltene Auswahl an verschiedenen Stahlsorten wie z.B. extra harter rostender Kohlenstoffstahl, der die Schärfe viel länger hält, und auf Lebenszeit der Klinge ihren dünnen Schneidwinkel behält.
    3. das seltene echte Handschliffverfahren, (Solinger Dünnschliff) das sonst im dtsch. Handel niemand mehr anbietet

    Ich habe als Töpfer lange und gerne damit gehandelt

  • Lara1977 am 26.11.2015 um 12:13 Uhr
    Messer Test

    Danke Leute, ich habe gerade dank eures Messer Test ein sehr schönes Kochmesser gefunden, dass ich meinem Mann zu Weihnachten schenken werde!

  • hup40 am 12.01.2015 um 17:49 Uhr
    Härte und Praktische Bedeutung

    Ich muss sagen, dass ich inzwischen lieber mit mittelharten oder eher weichen Messern arbeite die zwar schneller abstumpfen aber eben auch schnell und einfach wieder geschärft werden können. Kein Messer hält seine Schärfe über eine wirklich lange Zeit, die meisten Menschen quälen sich nach dem Verlust der ursprünglichen Schärfe lange mit stumpfen Messern durchs leben oder verhunzen die Schneiden mit Durchzieh-Schärfern. Ein mittelhartes Messer lässt sich auf den Bedarf hin mit einem Wetzstahl oder im Zweifel mit einem Schleifstein in wenigen Sekunden wieder auf sehr gute Schärfe bringen, mit ein wenig Übung hat man den Bogen raus und von da ab immer beste Schärfe - dann wenn man sie braucht.
    Rostfreiheit wird ebenfalls überschätzt. Wenn man seine Messer ein bischen pflegt, schnell nach Gebrauch abwäscht und trocknet, dann rosten Sie auch nicht.
    Die Welt ist gerade im HRC-Wahn, das ist wie mit dem Pixelwahn bei Kompaktkameras, bis man bemerkt das Qualität nicht nur am HRC-Grad hängt.