Kniearthrose Teilgelenk­ersatz birgt weniger Risiken

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Kniearthrose - Teilgelenk­ersatz birgt weniger Risiken

© Thinkstock / Maridav

Fast jeder fünfte Mann und mehr als jede vierte Frau in Deutsch­land erkrankt im Lauf des Lebens an Arthrose. Das Kniegelenk ist besonders häufig von dem Gelenk­verschleiß betroffen. Schmerzt das Knie stark, ist ein Gelenk­ersatz manchmal unumgäng­lich. Das Gelenk kann je nach Krank­heits­bild ganz oder teil­weise ersetzt werden. Die Teil­prothese bietet gegen­über einem kompletten Ersatz aber Vorteile. Das zeigen Auswertungen von Operations­daten aus Groß­britannien.

Entscheidung zwischen Total- und Teilendo­prothese

Arthrose entwickelt sich schleichend, wenn Gelenke lang­fristig stark bean­sprucht werden. Die Beschwerden der Gelenk­abnut­zung nehmen meist erst nach dem 50. Lebens­jahr zu. Aber auch nach Verletzungen kann Arthrose entstehen. Betroffene mit fort­geschrittener Kniearthrose kommen aufgrund von anhaltenden Schmerzen um einen künst­lichen Gelenk­ersatz, die sogenannte Endo­prothese, mitunter nicht herum. Eine Totalendo­prothese ersetzt die beschädigte Oberfläche des Kniegelenks komplett, eine Teilendo­prothese ersetzt nur jenen Teil des Gelenks, der verschlissen ist. So können intakte Oberflächen- und Band­strukturen erhalten bleiben. Britische Forscher kommen nach Auswertungen von britischen Operations­daten zu dem Ergebnis, dass nach der Operation von Teil­prothesen die Komplikations­rate nied­riger ist als bei einer Totalendo­prothese. Auch die Sterberate ist demnach geringer, wobei das Risiko zu sterben insgesamt sehr nied­rig ist. Für die Analysen haben die Forscher Daten des National Joint Registry ausgewertet, dem Register zur Erfassung von Endo­prothesen in Groß­britannien. Es ist das größte derartige Register welt­weit. Beide Auswertungen sind im Fachmagazin „The Lancet“ erschienen.

Sterberisiko ist nach Teilgelenk­ersatz noch geringer

Todes­fälle sind nach Gelenk­ersatz­operationen insgesamt sehr selten. Aber: Nach dem Einsetzen einer Teil­prothese ist das Sterberisiko noch nied­riger als nach dem Einsetzen einer Voll­prothese. Das zeigt die Analyse von Forschern der Universität Bristol. Sie werteten Daten von über 450 000 Patienten aus, die zwischen 2003 und 2011 ein künst­liches Kniegelenk erhalten haben und im National Joint Registry erfasst wurden. In einer weiteren Auswertung verglichen Forscher der Universität Oxford die Daten von rund 25 000 Patienten mit Teil- und 76 000 Patienten mit Voll­prothese. Alle diese Patienten hatten ähnliche Eigenschaften – wie zum Beispiel das Alter bei der OP – und kamen für beide Operationen infrage. Auch in diesem direktem Vergleich bestätigte sich die verminderte Sterberate nach Teil­prothesen­ersatz: Im ersten Monat nach der OP starben 90 der rund 76 000 Patienten mit einer Totalendo­prothese gegen­über 7 der rund 25 000 Patienten mit einer Teil­prothese. Patienten mit Voll­prothese hatten demnach ein viermal höheres Risiko, in den ersten 30 Tagen nach der OP zu sterben, als Patienten mit einer Teil­prothese.

Weniger Komplikationen, aber mehr Folge­operationen bei Teil­ersatz

Auch schwerwiegende Komplikationen nach der Operation wie Thromboembolien, Herz­infarkte oder Schlag­anfälle traten nach einem Teilgelenk­ersatz seltener auf. Patienten mit Teil­prothesen waren außerdem kürzere Zeit im Kranken­haus und wurden inner­halb eines Jahres seltener wieder­einge­wiesen, beispiels­weise weil Infektionen bei Ihnen nur halb so häufig vorkamen wie nach einem Voll­ersatz. Allerdings war die Voll­prothese der Teil­prothese in der sogenannten Implantat-Über­lebens­rate über­legen. Das heißt: Die Voll­prothesen hielten länger. So musste im Studien­zeitraum von acht Jahren nach einem Teilgelenk­ersatz etwa doppelt so häufig nach­operiert werden wie nach einer Voll­prothese. Haupt­gründe dafür waren, dass sich die Teil­prothese lockerte oder versagte.

Teil­prothesen­ersatz wird seltener durch­geführt

Für welche Operation sollen sich Patienten entscheiden, wenn sowohl Teil- als auch Total­prothese in Frage kommen? Klare Vorgaben gibt es hier nicht. Die geringe Sterbe- und Komplikations­rate sprechen für den weniger invasiven Teil­prothesen­ersatz. Der Nachteil ist die höhere Nach­operations­rate. Diese höhere Rate könnte aber teil­weise auch dadurch bedingt sein, dass es nach Teil­prothesen noch die Möglich­keit gibt, weitere Teile des Gelenks zu ersetzen oder bei fort­schreitendem Verlauf auf eine Voll­prothese zu wechseln. Umge­kehrt gibt es diese Möglich­keit nicht. Laut den Studien­autoren wird der Teil­prothesen­ersatz in Groß­britannien deutlich seltener durch­geführt als der Total­prothesen­ersatz: Nur acht Prozent der in Groß­britannien durch­geführten Kniegelenk­ersatz-OPs umfassen Teil­prothesen. Schät­zungen zufolge würde aber jeder fünfte Patient, der eine Total­prothese erhält, auch die Kriterien für einen Teil­ersatz erfüllen, so die Autoren.

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Carlitos34 am 04.03.2015 um 17:34 Uhr
Kniearthrose

Der Artikel ist nur dann interessant, wenn man zuvor überprüft hat, ob die Arthrose, d.h. die Schmerzen am Knie, nicht durch eine Auslenkung des Beines (X- oder O-Bein-Stellung) verursacht werden. Ist das Bein ausgerichtet - z.B. in einfacher Weise mit einer Knieörthese - erübrichen sich alle in dem Artikel genannten Maßnahmen. Leider beginnen viele Orthopäden gleich mit diesen Maßnahmen. Und das führt in vielen Fällen (nachweisbar) dazu, dass der Patient nach der Operation die gleichen Probleme wie vorher hat. Dem Einkommen des Arztes hat die Operation aber gut geten.
Die Warnungen in dem Artikel vor einigen leider gängigen Methoden sind zutreffend und hilfreich.