
Sieg für den Verbraucherschutz: Das Mobilfunkunternehmen Klarmobil darf keine Gebühren für die Auszahlung von Prepaid-Guthaben, Mahnungen und Rücklastschriften kassieren. Die entsprechenden Geschäftsbedingungen von Klarmobil hat ein Gericht für nichtig erklärt.
Verbraucherschützer vor Gericht erfolgreich
Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Schon vor dem Landgericht Kiel waren die Verbraucherschützer gegen Klarmobil erfolgreich. Nun hat das Oberlandesgericht in Schleswig die Berufung von Klarmobil zurückgewiesen. Gebühren für die Erstattung des Prepaid-Guthabens darf das Unternehmen überhaupt nicht verlangen, urteilten die Oberlandesrichter. Die Auszahlung sei gesetzliche Pflicht und dürfe nicht von Gebühren abhängig sein.
Klarmobil darf vorerst gar nichts verlangen
Komplizierter ist es bei Gebühren für Mahnung und Rücklastschriften: Sie sind grundsätzlich zulässig. Die Klarmobil-Sätze von 9,95 Euro je Mahnung und 19,95 Euro je Rücklastschrift jedoch sind laut Oberlandesgericht Schleswig überhöht. Klarmobil darf nur Kosten an Kunden weitergeben, die dem Unternehmen auch tatsächlich entstehen. Die Folge für Betroffene: Die von Klarmobil aktuell verwendete Regelung der Gebühren ist nichtig. Das Unternehmen darf jetzt überhaupt nichts kassieren. Erst wenn es die Geschäftsbedingungen wirksam geändert hat und die neuen Regelungen auch für alte Verträge wirksam werden, müssen Klarmobil-Kunden die neuen Sätze zahlen. Die Revision zum Bundesgerichtshof hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Dagegen kann Klarmobil noch Beschwerde einlegen. Nach Ansicht von Verbraucherschutz-Juristen ist das jedoch aussichtslos. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt einschlägige Gebührenklauseln für nichtig erklärt.
Was betroffene Kunden tun können
Fordern Sie volle Erstattung von Prepaid-Guthaben, wenn Klarmobil ihnen 6 Euro Gebühren abziehen will. Weigern Sie sich, für Mahnungen 9,95 Euro und für Rücklastschriften 19,95 Euro zu zahlen. Fordern Sie Klarmobil zur Rückzahlung auf, wenn das Unternehmen solche Gebühren von ihrem Konto eingezogen hat. Stornieren Sie die Lastschrift, wenn das Unternehmen sich weigert. Verweisen Sie auf das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig. Informieren Sie außerdem den Verbraucherzentrale Bundesverband, wenn Klarmobil weiter auf der Zahlung der Gebühren besteht. Die Verbraucherschützer können dann bei Gericht die Verhängung eines Zwangsgelds beantragen.
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 27.03.2012
Aktenzeichen: 2 U 2/11
Landgericht Kiel, Urteil vom 17.03.2011
Aktenzeichen: 18 O 243/10
[Update 21.05.2012] Obwohl aus Sicht vieler Juristen so gut wie aussichtslos ist, hat Klarmobil Beschwerde dagegen eingelegt, dass das Oberlandesgericht nicht die Revision zugelassen hat. Eine solche Beschwerde ermöglicht es, das Urteil vom Bundesgerichtshof doch noch überprüfen und gegebenenfalls aufheben zu lassen. Verbraucherschützer vermuten allerdings: Klarmobil will bloß noch etwas Zeit gewinnen und wird die Beschwerde zurücknehmen, bevor der BGH letztinstanzlich entscheidet. Aktenzeichen der Sache beim BGH: III ZR 124/12.
[Update 07.01.2013] Die Beschwerde beim BGH war offenbar tatsächlich nur ein taktisches Manöver. Klarmobil hat sie bereits im Oktober zurückgenommen. Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts ist rechtskräftig. Klarmobil darf die Klauseln über die Gebühren für die Guthabenerstattung und die überhöhten Gebühren für Rücklastschriften und Mahnungen nicht mehr verwenden und sich auch in Altfällen nicht mehr auf sie berufen. Tatsächlich taucht in den aktuellen Klarmobil-AGB für Prepaid-Verträge keine Gebühr für die Guthabenerstattung mehr auf. Auch Gebühren für Mahnungen und Rücklastschriften enthalten die Regeln nicht. In der Liste für „Sonstige Preise & Sonderdienste“ allerdings stehen immer noch 13,45 Euro Gebühren für Rücklastschriften und 5,95 Euro „Mahngebühr (außer bei verzugsbegründender Mahnung)“.
[Update 14.01.2013] Merkwürdiger Zufall: Am Tag nach dem Update hat das Landgericht Hamburg Klarmobil dazu verurteilt, die 13,45 Euro-Rücklastschriftgebührenklausel zu streichen. Geklagt hatte der Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V.. Das Urteil erging allerdings im Eilverfahren und stellt daher nur eine vorläufige Regelung dar. Ob Klarmobil Rechtsmittel einlegt, ist noch nicht bekannt. Zumindest heute verwendet das Unternehmen die Klausel noch.
Landgericht Hamburg, Urteil vom 08.01.2013
Aktenzeichen: 312 O 576/12
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Ich weiß zwar nicht, wie Sie bei einer Postpaid-Karte zu einem Guthaben kommen konnten, aber grundsätzlich gilt: Sofern bei Kündigung eines Vertrags ein Guthaben verbleibt, hat das Unternehmen es gebührenfrei zu erstatten. Das muss nicht in den Geschäftsbedingungen stehen. Verboten ist nur, abweichende Regeln zu verwenden.
ich finde in den Klarmobil-AGB überhaupt keine Information zur möglichen Guthabenerstattung.
Wenn man eine Postpaid Karte gekündigt hat, kann hier auch eine Restguthabenerstattung beauftragt werden?