
Der Jane Grand (links) kostet rund 220 Euro. Der Recaro Optia mit SmartClick Base (rechts) rund 330 Euro. © Stiftung Warentest
Bei unserem aktuell laufenden Test von Autokindersitzen hat sich ein dramatisches Szenario vom letzten Jahr wiederholt: Erneut flog der Recaro Sitz Optia beim Frontalcrash durch das Testlabor. Die Sitzschale hatte sich von der sogenannten Isofix-Station gelöst. Ein zweiter Sitz, der Jané Grand, flog zwar nicht weg. Aber auch er hielt den Kräften unseres simulierten Unfalls nicht stand. Am 26. Juli 2017 hat Recaro mitgeteilt, den Sitz Optia vom Markt zu nehmen. Betroffene Kunden können ihren Sitz kostenlos tauschen.
Video Crashtest: Im hohen Bogen durch das Prüflabor
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Recaro-Sitz mit Isofix-Station: Wieder ausgerastet
Das Video aus dem Testlabor zeigt es eindrucksvoll: Unsere Prüfpuppe fliegt mitsamt dem Autokindersitz beim frontalen Aufprall nach vorne. Die Sitzschale hat sich von der sogenannten Isofix-Station gelöst. Genauso dramatische Aufnahmen hatten wir im vergangenen Jahr bei unserem letzten Test gemacht und veröffentlicht. Auf diese Warnung hatte Hersteller Recaro reagiert und seinen Kunden einen kostenlosen Austausch der betroffenen Isofix-Station Recaro Fix angeboten. Nun haben wir das Nachfolgemodell Recaro SmartClick Base im Crashtest untersucht – und keine Verbesserung festgestellt: Die auf der Isofix-Station befestigte Sitzschale Recaro Optia löste sich und flog in hohem Bogen durch das Prüflabor. Im realen Unfallgeschehen können sich Kind und andere Mitfahrer dadurch schwer verletzen.
[Update 27. Juli 2017]: Recaro nimmt den Sitz Optia vom Markt
Anbieter Recaro hatte unmittelbar nach der Veröffentlichung unserer Testergebnisse reagiert und die Auslieferung des Sitzes gestoppt (siehe unten). Jetzt hat sich der Hersteller entschieden, den Sitz Recaro Optia vom Markt zu nehmen. Es werden keine Sitze mehr ausgeliefert. Recaro untersagt Händlern den Verkauf. Und Kunden, die bereits einen Sitz Optia gekauft haben, können ihn kostenlos austauschen. Unter https://safety.recaro-cs.com/ können Kunden herausfinden, ob ihr Sitz betroffen ist und sich für die Austauschaktion registrieren. Notwendig ist dafür die Seriennummer des Sitzes. Sie befindet sich auf Aufklebern an der Sitz-Unterseite. Fragen können Kunden über die Telefonnummer 0 800–68 63 560 stellen. Update Ende
Gravierende Mängel auch bei Kindersitz Jané Grand
Unser Test zeigt: Auch der Kindersitz Grand der Firma Jané birgt ein hohes Sicherheitsrisiko. Für Kinder bis 18 Kilogramm kann der Sitz mit Isofix eingebaut werden. Diese Verbindung direkt am Sitz rastet bei Gebrauch in die Befestigungsösen am Fahrzeug ein. Doch die Isofix-Haken hielten den enormen Kräften bei unserem Frontalcrash nicht stand und lösten sich. Der Sitz flog nicht so spektakulär durch die Prüfhalle wie der Recaro. Den Schaden stuften die Prüfer dennoch als schwerwiegenden Mangel ein.
So reagieren die Anbieter (Stand 18. Juli 2017)
Wir haben die Anbieter Recaro und Jané einige Tage vor der Veröffentlichung gebeten, Stellung zu diesen gravierenden Ergebnissen zu nehmen. Beide Anbieter können sich die Ergebnisse bisher nicht oder nicht vollständig erklären und suchen nach den Ursachen. Beide haben inzwischen nach eigenen Angaben mehrere Crashtests mit den Sitzen durchgeführt und weitere Maßnahmen beschlossen.
Recaro stoppt die Auslieferung. Hersteller Recaro hat uns mitgeteilt: „In allen bisherigen internen sowie externen Tests, auch unter Bedingungen, die weit über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gehen, ist das beschriebene Fehlerbild nicht festgestellt worden.“ Warum sich der Optia bei den Tests der Stiftung Warentest von der Basis SmartClick löst, nicht jedoch bei den in Eigenregie durchgeführten Tests, bleibe für den Hersteller unklar. Trotzdem habe sich Recaro dazu entschieden, die Auslieferung von Recaro SmartClick und Recaro Optia vorsorglich zu stoppen. „Durch diese Maßnahme möchten wir sicherstellen, dass bis zur vollständigen Klärung der Ursache keine weiteren Produkte in den Handel gelangen“, so Recaro.
Jané lässt reparieren. Jané testet seine Sitze nach eigenen Angaben nun ebenfalls und hat uns mitgeteilt, dass die Auslieferung des Grand-Sitzes an Händler währenddessen gestoppt ist. Eventuell sei ein Montagefehler innerhalb einer bestimmten Produktionscharge verantwortlich für „eine erhöhte Versetzung“ des Sitzes „im Falle einer erhöhten Bremsbeschleunigung,“ so die Firma. Diese Versetzung oder Verschiebung sei jedoch in keinem ihrer eigenen Tests so stark, dass das Kind gefährdet sei. Trotzdem biete Jané seinen Kunden an, den Sitz zu überprüfen und gegebenenfalls zu reparieren. Die zuständigen Händler würden verständigt, teilt die Firma in einem Schreiben vom 17. Juli 2017 mit.
Was Verbraucher jetzt tun sollten
Wir raten vom Kauf dieser Modelle ab. Wer bereits einen dieser Autokindersitze gekauft hat, sollte sich an den Anbieter wenden. Die Webseite des fränkischen Herstellers Recaro lautet http://recaro-cs.com, die des katalanischen Herstellers Jané www.groupjane.com.
Gute Sitze in der großen Test-Datenbank
In unserem Produktfinder Autokindersitze finden sie viele gute – und damit sichere – Autokindersitze für Ihr Kind. Dazu gibt es viele kostenlose und hilfreiche Tipps für den Einkauf und den Einbau von Kindersitzen.
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Diese Meldung ist am 17. Juli 2017 auf test.de erschienen. Wir haben Sie zuletzt am 27. Juli 2017 aktualisiert.
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wir haben den Jane Grand im Mai gekauft für unsere 2,5 jährige, der Hersteller schickt als Antwort man soll die Charge vom Sitz angeben. Die nächste Email war dann, das unser Sitz unter 2000 ??? liegt und daher unkritisch ist. Ein Zertifikat auf Spanisch ist der Mail angehängt.
Finde die hätten den Sitz zurücknehmen müssen, aber selbst der Händler sagt der Sitz ist sicher.
Ich habe kein gutes Gefühl mehr beim fahren
Vielen Dank für den Verweis auf den Hinweis im Artikel. Den hatte ich bereits gelesen. Allerdings kann ich dieser Aussage des Herstellers keinen Glauben schenken. Wenn die Sitze nach den vorab getesteten Vorgaben hergestellt wurden - und dafür trägt der Hersteller die Verantwortung, selbst wenn er die Herstellung auslagern sollte - dann verhalten sie sich bei ähnlichen Tests auch nicht anders. Also entweder wurden die Sitze nicht nach den Herstellervorgaben produziert oder eben doch nicht wirklich vor Fertigung getestet.
@Remember_Carthage: Sie finden die Antwort in unserer Meldung unter: So reagieren die Anbieter, Recaro stoppt die Auslieferung. (Se)
Es ist gut, dass der Hersteller reagiert und den Verkauf der Sitze gestoppt hat.
Dennoch frage ich mich, wie es überhaupt zu einem solchen Testergebnis kommen konnte. Es sollte doch selbstverständlich sein, dass Hersteller neue Modelle den üblichen Tests unterziehen. Die SW hat ja hier kein außergewöhnliches Szenario gewählt.
Hat der Hersteller seine Modelle nicht getestet? Das wäre ein schwerer Fehler.