Die Sicherheit blieb auf der Strecke: Von 16 Rädern können wir kein einziges ohne Vorbehalt empfehlen. Mit drei Modellen kann man sich beim Bremsen überschlagen.
Was sich Hersteller von Fahrrädern für Kinder leisten, grenzt in manchen Fällen an Fahrlässigkeit. Lieblos werden die Modelle zusammengeschustert, kommen mit minderwertigen oder nicht kindgerechten Teilen auf die Straße und die Sicherheit bleibt auf der Strecke. Unser Test zeigt eine ellenlange Mängelliste fast querbeet durch das gesamte Produktfeld.
So werden speziell auf Kinder zugeschnittene Bremsen nicht verbaut. Stattdessen müssen sie sich mit Felgenbremsen (V-Brake) für Erwachsene abfinden, die teilweise äußerst aggressiv zupacken. Folge: In drei Fällen (Otto Hanseatic, Scott Radical EQ 200 und Kettler Dumbo 2) können sich die Kinder vor allem bei Notbremsungen glatt überschlagen. Daran ändert auch der im Kettler (und fünf weiteren Rädern) eingebaute Bremskraftmodulator nichts (siehe Kommentare).
16 Räder mit 20-Zoll-Bereifung hatten wir in der Testmangel. Unter Anleitung erfahrener Prüfer wurden sie von Mädchen und Jungen hauptsächlich auf der Straße erprobt. Gleichzeitig wurden sicherheitsrelevante Teile, wie Rahmen, Gabel, Sattelstütze und Lenker im Labor gezielt auf ihre Bruchsicherheit getestet. Zusätzlich mussten sich die Räder auch noch auf dem Rollenprüfstand beweisen.
Die geprüften Fahrräder sind für junge Fahranfänger im Straßenverkehr bestimmt. Deshalb sind sie auch mit den von der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) vorgeschriebenen Teilen ausgerüstet, haben also – anders als beispielsweise Mountainbikes – Scheinwerfer, Rücklicht und Reflektoren. Bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, bis zum zehnten dürfen Kinder den Gehweg benutzen. Dann müssen sie runter vom Bürgersteig. In ländlichen Gebieten fahren sie schon vorher auf der Straße.
Deshalb ist es besonders wichtig, von anderen Verkehrsteilnehmern gut gesehen zu werden (Licht!), mit funktionierenden, kindgerechten Bremsen auf einem robusten Rad unterwegs zu sein, das auch eine zeitweilige Überlastung nicht so schnell übel nimmt und sich problemlos warten und pflegen lässt.
In all diesen Punkten haben viele Kinderräder entweder versagt oder den Test gerade mal so überstanden: Sie neigen zum Überbremsen, haben schludrig gebaute und schlampig verlegte Lichtanlagen, eine schlechte Sicherheitsausstattung, instabile Gepäckträger und manchmal reißt (nach längerem Betrieb) auch noch der Rahmen (meist an der Schweißnaht). Außerdem sind sie zu schwer und kommen teilweise mit Bedienungsanleitungen in den Handel, die weder auf das jeweilige Rad zugeschnitten sind, noch Hinweise auf den kindgerechten Einsatz bieten. Nicht zuletzt waren auch noch die Fahreigenschaften bestenfalls „befriedigend“.
Das kritikwürdige Niveau ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist der enorme Preisdruck, unter dem die Produzenten stehen. Auch die Käufer, also Mütter und Väter, Omas und Opas, Onkel und Tanten schielen vornehmlich nach dem Preis. Und so gibt es offensichtlich Lücken in der Qualitätskontrolle der häufig aus Südostasien importierten Fahrradteile, wie am Beispiel der Fahrradtrailer von ZEG und Tchibo aus vietnamesischer Fertigung zu sehen ist .
Aber trotzdem: Auch mit einfachen Teilen lassen sich vernünftige Fahrräder bauen, wie Tests in der Vergangenheit gezeigt haben. Bauteile, die nicht für Erwachsene, sondern für Kinder konzipiert sind, und mehr Sorgfalt bei der Auswahl könnten für Besserung sorgen, ohne allzu sehr an der Preisschraube drehen zu müssen. Und verschenkt werden die Räder ja auch nicht gerade: Immerhin kosten die meisten geprüften Modelle deutlich über 250 bis hinauf zu 380 Euro.
So gut wie keine Mehrkosten würden Lenkergriffe verursachen, die mit ausreichendem Prallschutz versehen sind. Dabei handelt es sich um eine Verbreiterung (Prallfläche oder Kugel) der Lenkergriffe an ihren Enden von mindestens vier Zentimeter Durchmesser. Effekt: Bei Stürzen auf senkrecht stehende Lenkerenden wird die Gefahr schwerer innerer Verletzungen im Bauchbereich vermindert.
Dieser Prallschutz ist zwar in der DIN-Fahrradnorm bei den größeren KinderStraßenfahrrädern nicht mehr vorgeschrieben, wir halten ihn aber trotzdem für erforderlich und haben sein Fehlen negativ registriert. Ein deutliches Sicherheitsmanko ist es, wenn sich die Handgriffe drehen oder zu leicht abziehen lassen, was oft der Fall war. Diesen Mangel haben wir ebenfalls abwertend benotet.
Ein Bild des Jammers boten viele Gepäckträger. Auch sie werden belastet, oft für den Transport von Freunden. Bleibt noch das Problem mit dem Gewicht: Die meisten Kinderräder sind zu schwer – vor allem beim Herauf und Hinab auf Keller- oder U-Bahntreppen schleppen sich die Kleinen einen Ast oder kapitulieren ganz. Zum Schluss mal etwas Positives: Alle Räder ließen sich gut auf die Maße der Kinder einstellen und für späteres Nachstellen war reichlich Reserve.