Kinder­invaliditäts­versicherung im Test Diese Policen schützen Kinder umfassend

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Kinder­invaliditäts­versicherung im Test - Diese Policen schützen Kinder umfassend

Kinder­invaliditäts­versicherung. Die meisten Verträge bieten eine lebens­lange monatliche Rente, manche eine Einmalzahlung, einige Tarife verknüpfen beides. © Getty Images

Viele Familien haben sie nicht. Dabei hilft sie, wenn das Leben kopf­steht, weil das Kind schwerbehindert wird.

Kinder­invaliditäts­versicherung im Test Testergebnisse für 11 Policen für Kinder­invalidität 04/2020

Fahr­radhelm, Kanten­schutz, Treppengitter und Impfungen zum Trotz – das Leben kann gefähr­lich sein. Hat ein Kind einen Unfall, ist das wie ein Paukenschlag. Krankheiten schleichen sich dagegen oft leise ein: Gelenke können schmerzen, der Blut­zucker entgleisen und Organe schlapp machen. Unvor­stell­bar schlimm ist es, wenn Krankheit oder Unfall bei den eigenen Kindern zu einer schweren Behin­derung führen.

Vielleicht so unvor­stell­bar schlimm, dass viele Eltern gar nicht erst darüber nach­denken, ihr Kind für einen solchen Fall abzu­sichern. Dabei ist das mit einer Kinder­invaliditäts­versicherung möglich.

Unser Rat

Bedarf. Ein schwerbehindertes Kind kann eine Familie auch finanziell enorm belasten. Sichern Sie Ihren Nach­wuchs mit einer Kinder­invaliditäts­versicherung statt einer Unfall­versicherung ab. Sie schützt umfassender und leistet nicht nur bei einer Schwerbehin­derung nach Unfall, sondern auch nach Krankheit. Krankheiten verursachen viel häufiger Schwerbehin­derungen.

Auswahl. Wählen Sie ein Angebot, das gleichermaßen Invalidität durch Unfall und Krankheit absichert. Solche Tarife sind im oberen Teil der Tabelle ab Seite 88 zu finden. Nehmen Sie ein Angebot mit lebens­langer Rente, möglichst mit einer zusätzlichen Zahlung. Ein sehr gutes Angebot mit Renten- und Kapitalzahlung hat die Barmenia für 275 Euro pro Jahr. Der gute Tarif der CosmosDirekt ohne weitere Kapital­leistung kostet 217 Euro (Nach­trag: Dieses Produkt wird seit dem 11.10.2021 nicht mehr angeboten, bestehende Verträge bleiben erhalten).

Gesund­heits­fragen. Beant­worten Sie alle Fragen voll­ständig und ehrlich. Ansonsten kann der Versicherer die Leistung später verweigern.

Vorerkrankungen. Wenn Ihr Kind bereits Vorerkrankungen hat, haben Sie vielleicht dennoch die Chance, es versichern zu lassen. Holen Sie am besten Angebote mehrerer Versicherer ein.

Steuern sparen. Die Versicherungs­beiträge können in Grenzen steuerlich geltend gemacht werden.

Bei wenigen Versicherern im Angebot

Zu den Klassikern gehört sie allerdings nicht. Im Gegen­satz zur Haft­pflicht- und der Hausrat-, der Rechts­schutz- und der Berufs­unfähigkeits­versicherung ist sie weit­gehend unbe­kannt. Nur wenige Versicherer bieten sie an, manche haben sich aus dem Geschäft wieder zurück­gezogen.

Die Huk-Coburg zum Beispiel lässt alte Verträge weiterlaufen, verkauft aber keine neuen. „Die Versicherung wurde von unseren Kunden nur sehr zurück­haltend angenommen, obwohl wir sie gut beworben haben“, erklärt Oliver Warwas, Leiter der Gruppe Produkt­entwick­lung bei der Huk-Coburg. „Aber es gibt viele wichtige Versicherungen. Eltern müssen abwägen, welche für sie Vorrang haben.“

Die Kinder­invaliditäts­versicherung bleibt dabei wohl oft auf der Strecke. Dabei bietet sie sinn­vollen Schutz: Erkrankt das eigene Kind schwer oder hat einen Unfall und bleibt danach schwerbehindert, zahlt der Versicherer. Eltern können also dafür sorgen, dass genügend Geld zur Verfügung steht, falls einer von beiden seinen Beruf aufgeben muss, um sich zu Hause um das pflegebedürftige Kind zu kümmern. Auch für die Zeit, in der das Kind selbst einmal einem Beruf nachgehen und für sich sorgen würde, ist vorgesorgt, wenn eine monatliche Rente vereinbart ist. Sie wird in der Regel lebens­lang gezahlt.

Nicht nur Eltern können die Versicherung abschließen, sondern auch Groß­eltern für ihre Enkel­kinder. So lässt sich wenigs­tens finanziell vorsorgen für eine Zeit, in der das bisherige Familien­leben aus den Fugen gerät.

Die Versicherung zahlt in der Regel, wenn dem Kind ein Grad der Behin­derung von mindestens 50 bescheinigt wurde. Das kann bei einer Krebs­erkrankung der Fall sein, aber auch, wenn das Kind Diabetes hat, Rheuma oder Epilepsie; oder wenn es nach einem Unfall dauer­haft einen Roll­stuhl braucht.

Behin­derung keine Seltenheit

In Deutsch­land ist etwa eines von hundert Kindern unter 16 Jahren schwerbehindert. Das heißt: Bei ihm wurde ein Grad der Behin­derung von mindestens 50 fest­gestellt. Nach Angaben des Statistischen Bundes­amts war das im Jahr 2017 bei rund 182 000 Menschen zwischen 0 und 18 Jahren der Fall.

Die wenigsten Behin­derungen bestehen von Geburt an. Sie entwickeln sich oft erst im Laufe der Kindheit, etwa drei Viertel davon aufgrund einer schweren Erkrankung.

Dennoch schließen weit mehr Eltern eine Unfallversicherung für ihre Kinder ab. Die zahlt aber nur, wenn die Behin­derung Folge eines Unfalls war. Den breiteren Schutz bietet die Kinder­invaliditäts­versicherung.

Von sehr gut bis befriedigend

Wir haben Angebote von elf Versicherern untersucht. Darunter sind solche, die gleichermaßen bei Invalidität durch Unfall und Krankheit leisten – diese empfehlen wir (Tabelle Kinderinvalidität versichern). Die meisten sind sehr gut oder gut. Die Preise für die guten Tarife liegen zwischen 107 und 421 Euro pro Jahr.

Die Tarife unterscheiden sich unter anderem darin, ob Kunden eine monatliche Rente oder eine einmalige Kapital­leistung vereinbaren können. Darüber hinaus gibt es Tarife, die sowohl Rente als auch Kapital­leistung auszahlen. Die Angebote im Test bieten in der Regel eine Rente von 1 000 Euro im Monat.

Weniger gut finden wir die Angebote aus dem unteren Teil der Tabelle, die bei unfall­bedingter Invalidität leisten und sonst nur bei Invalidität durch bestimmte Krankheiten. Darunter sind zum Beispiel Herz-, Lungen- oder Nieren­erkrankungen.

Rente besser als Einmalzahlung

Eine monatliche Rente ist im Hinblick auf das gesamte Leben des Kindes weit mehr wert als eine Einmalzahlung. Familien können damit zum Beispiel Therapien finanzieren, die Krankenkassen nicht oder nicht voll­ständig über­nehmen – oder auch die finanzielle Lücke schließen, die entsteht, wenn ein Eltern­teil beruflich kürzertritt, um das Kind zu pflegen. Außerdem sichert eine Rente auf Lebens­zeit dem behinderten Kind ein gewisses Grund­einkommen.

Den Betrag aus der Versicherung wertet der Sozial­hilfeträger als Einkommen, was sich auf den Anspruch auf Grund­sicherung auswirken kann.

Ein Nachteil der Tarife mit Rentenzahlung: Wenn sich der Gesund­heits­zustand der behinderten Person verbessert, kann das dazu führen, dass die Versicherung nicht mehr weiterzahlt. Das passiert, wenn der Grad der Behin­derung neu beur­teilt wird und er dann weniger als 50 ausmacht.

Wir empfehlen, einen Tarif zu wählen, der zusätzlich zur Rente eine einmalige Kapital­leistung bietet. Dann können Eltern beispiels­weise behindertengerechte Umbauten in Haus oder Wohnung finanzieren. Der sehr gute Tarif der Barmenia bietet beides: eine Monats­rente von 1 000 Euro und eine Zahlung von 24 000 Euro. Er kostet 275 Euro im Jahr.

Güns­tiger sind Tarife, die nur einmalig leisten. Sie zahlen zwar keine lebens­lange Rente, decken jedoch erhöhte Ausgaben in den ersten Jahren. Eltern müssen nichts zurück­zahlen, wenn ihr Kind wieder gesund wird. Das güns­tigste gute Angebot macht die DEVK mit dem Tarif Junior Plus für 107 Euro im Jahr. Die Leistung beträgt 100 000 Euro.

Eltern können auch höhere Summen vereinbaren, dann steigt der Preis.

Hilfen von staatlicher Seite

Wird einem Kind eine Schwerbehin­derung bescheinigt, stehen ihm öffent­liche Hilfen zu – auch wenn die Eltern keine Versicherung abge­schlossen haben. Einen Über­blick über die wichtigsten bietet der Artikel Öffentliche Hilfen. Finanziell flexibler sind aber Eltern, deren Kind versichert ist.

Möglichst früh versichern

Eltern, die ihr Kind absichern möchten, sollten das möglichst früh tun – solange sich keine Entwick­lungs­störungen beim Kind zeigen und es keinen Verdacht auf eine Krankheit gibt. Ist das nämlich der Fall, kann es schwierig werden, einen Versicherer zu finden. Das gilt auch, wenn Eltern Erkrankungen haben, die möglicher­weise vererblich sind. Der Eintritt in die Versicherung ist beim sehr guten Tarif der Barmenia mit Beginn der sechsten Lebens­woche möglich, bei vielen anderen erst mit einem Jahr.

Beim Abschluss eines Vertrags ist es wichtig, die Gesund­heits­fragen wahr­heits­gemäß und umfassend zu beant­worten. Verschweigen die Eltern relevante Informationen, kann das dazu führen, dass ihr Kind den Versicherungs­schutz verliert. Weil sich die Art, wie Gesund­heits­fragen gestellt werden, stark unterscheidet, waren sie neben den Versicherungs­bedingungen Teil unseres Tests.

Nicht alle Krankheiten versichert

Selbst bei den besten Angeboten aus unserem Test gibt es Versicherungs­ausschlüsse. Ist das Kind davon betroffen, zahlt die Versicherung in der Regel nicht. Das gilt zum Beispiel meist für Neurosen, Persönlich­keits- und Verhaltens­störungen oder für Unfälle, zu denen ein epileptischer Anfall geführt hat.

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134 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 03.01.2023 um 11:53 Uhr
Zusätzliche Kinder-Unfallversicherung

@Eddy_22: Der Tarif KISS der Barmenia leistet beim Eintritt einer Invalidität nach Unfall oder Krankheit.
Mit der Auszahlung aus einer Unfallversicherung kann man die Umbaukosten für die Wohnung / des Hauses bezahlen, wenn eine Anpassung notwendig werden sollte.
Für den Lebensunterhalt ist die Monatsrente, im Beispielsfall 1000 €, gedacht.

Eddy_22 am 02.01.2023 um 15:03 Uhr
Zusätzliche Kinder-Unfallversicherung sinnvoll?

Sollten wir für den Nachwuchs, zusätzlich zur KISS-Police der Barmenia, eine separate Unfallversicherung abschließen?

Profilbild Stiftung_Warentest am 17.06.2022 um 11:12 Uhr
Ab wann Wechsel zu einer Unfallversicherung?

@Drambuie: Eine Unfallversicherung bietet nur einen eingeschränkten Schutz. Laut Veröffentlichungen der Verbraucherzentralen sind 1 % aller Invaliditätsfälle unfallbedingt, 99 % krankheitsbedingt. Der Wechsel in eine andere Invaliditätsversicherung sollte daher idealerweise in die Berufsunfähigkeitsversicherung erfolgen. Aber noch nicht im Alter von 7 bis 12. In Ihrem Tarif erhalten Ihre Kinder im Invaliditätsfall eine sechsstellige einmalige Kapitaleistung und zusätzlich eine monatliche Rente in Höhe von 1000 Euro, unabhängig davon, ob die Invalidtität unfall- oder krankheitsbedingt eintritt. Eine Unfallversicherung kann aufgrund der sehr hohen Kapitalleistung im Versicherungsfall, eine sinnvolle Ergänzung sein für alle, die sich den Zusatzschutz leisten möchten. Sie kann aber in keinem Fall die Kinderinvaliditäts-, und die Berufsunfähigkeitsversicherung ersetzen.

Drambuie am 15.06.2022 um 09:13 Uhr
Ab wann Wechsel zu einer Unfallversicherung? herun

Wir haben für unsere Kinder ab dem 1. Geburtstag eine gute, aber mit 46 Euro monatlich teure KISS-Kinderinvaliditätsversicherung der Barmenia (mit 1,5% Dynamik) abgeschlossen.
Jetzt ist ein Kind 7 Jahre alt, das andere 12.
Meine Vermutung ist, dass eine Invalidität durch Erkrankung mit zunehmendem Alter seltener wird, da die meisten Erkrankungen bis zum Grundschulalter festgestellt werden. Ich erwäge deshalb den Wechsel zu einer Unfallversicherung, auch um die monatlichen Kosten zu senken.
Trifft meine Vermutung zu? Ab wann ist es dann vertretbar/sinnvoll, zu einer Unfallversicherung zu wechseln?
Natürlich hängt das immer auch vom individuellen Budget und Sicherheitsbedürfnis ab, aber gibt es einen Zeitpunkt, zu dem statistisch Erkrankungen als Invaliditätsgrund deutlich abnehmen?

Profilbild Stiftung_Warentest am 16.02.2022 um 18:18 Uhr
Kinder­invalidität vs. frühzeitiger Abschluss BUZ

@Andre2609: Sie können nicht davon ausgehen, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung beim Abschluss im Alter von 10 Jahren den gleichen Schutz bietet, wie eine gute Kinderinvaliditätsversicherung. Wir raten zwar zum frühen Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, solange noch keine Vorerkrankungen vorliegen. Aber für 10-jährige gehört die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zum Grundschutz. (Auch die Kinderinvaliditätsversicherung gehört nicht zum notwenigen Grundschutz eines Kindes.)
Wichtig: Eltern sollten auf jeden Fall zuerst auf die eigene Absicherung achten. Tritt bei ihnen eine Berufsunfähigkeit ein, hat das natürlich auch finanzielle Auswirkungen auf die gesamte Familie. Für Eltern gehört die Risikolebensversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung zum Grundschutz.