Schiefe Zähne zu richten, ist teuer. Finanztest zeigt an Beispielen, was die Krankenkasse zahlt und was Zusatzversicherungen leisten.
Selbstligierende Brackets? Thermoelastische Bögen? Lingualretainer? Patienten, die vom Kieferorthopäden kommen, brauchen erst einmal ein Lexikon. Und danach vielleicht einen Kredit: Die Korrektur von Zahn- und Kieferfehlstellungen kann 4 000 bis 7 000 Euro kosten, in Einzelfällen sogar mehr.
Ob die gesetzliche Krankenkasse etwas bezahlt, hängt von der Schwere der Zahnfehlstellung ab. Erwachsene bekommen selten Geld, Kinder und Jugendliche sehr viel häufiger Was die Kasse zahlt. Doch selbst wenn die Kasse den Hauptanteil trägt, legen die Patienten oft einiges drauf, zum Beispiel wenn sie teurere Materialien wollen.
Bei Privatpatienten sind die Regelungen häufig großzügiger. Eine Regel gilt jedoch immer, egal ob gesetzlich oder privat versichert: Geld gibt es nur für medizinisch notwendige Behandlungen, nicht für rein kosmetische. Eine private Zusatzversicherung ändert daran nichts.
Für Erwachsene nur ausnahmsweise
Doch was ist medizinisch notwendig und was rein kosmetisch? Eine für alle Versicherer verbindliche Definition gibt es nicht.
Bei Nathalie Topal war die Sache klar: „Ich hatte den totalen Fehlbiss, da passte nichts aufeinander“, erzählt die 36-jährige Sekretärin aus Berlin. Der Oberkiefer stand acht Millimeter vor. Das Problem war so schwer, dass die Kieferorthopädin zur Kombination aus Spange und Operation riet.
Topal trägt nun für eineinhalb Jahre eine feste Spange. Danach muss sie zum Kieferchirurgen: Der Unterkiefer wird operativ vorverlagert. Dann kommt erneut eine feste Spange. In so schweren Fällen übernimmt die gesetzliche Krankenkasse den größten Teil der Kosten. Sonst bezahlt die Kasse bei Erwachsenen nichts.
1 500 Euro für schöneres Material
Trotz Kassenleistung hat Topal bereits rund 1 500 Euro an ihre Kieferorthopädin überwiesen, unter anderem für durchsichtige Keramikbrackets an den vorderen Zähnen. Die kosten rund 44 Euro pro Stück. Die Kasse übernimmt davon jeweils 15 Euro – so viel, wie die Standardbrackets aus Edelstahl kosten würden.
Zusätzlich muss Topal jedes Quartal den Eigenanteil von 20 Prozent der Kosten für die Kassenbehandlung bezahlen. Erst wenn die Behandlung erfolgreich abgeschlossen ist, erhält sie dieses Geld zurück. Nur an den Operationskosten muss sich die Patientin von vornherein nicht beteiligen.
Lose Spange komplett von der Kasse
Die beiden größeren Kinder der Familie Topal sind ihrer Mutter voraus: Der neunjährige Matteo steht kurz vor dem Abschluss seiner Behandlung. Alyssa ist 13 und hat ihre lose Spange so fleißig getragen, dass sie nun vielleicht keine feste Spange braucht.
Bei beiden trägt die Kasse die Kosten komplett. Private Extras brauchten sie nicht, die fallen eher bei festen Spangen an. Meist geht es dann um superelastische Drähte, professionelle Zahnreinigung und Prophylaxe, zusätzliche Röntgenbilder und selbstligierende Brackets, ergab eine Studie der Hanseatischen Krankenkasse.
Bei Topals ist bisher alles bestens gelaufen. Sobald die Kieferorthopädin den erfolgreichen Abschluss von Matteos Behandlung schriftlich bescheinigt hat, kann seine Mutter die Bescheinigung zusammen mit den Belegen über die gezahlten Eigenanteile bei der Kasse zur Erstattung einreichen.
Zusatzpolice nur für kleine Kinder
Das jüngste Mitglied der Familie Topal, Melina, ist fünf Jahre alt und hat keinerlei Zahnprobleme. In diesem Alter wäre es noch möglich, eine private Zusatzversicherung abzuschließen, falls später einmal eine Kieferkorrektur notwendig werden sollte.
Immer mehr private Versicherer bieten Zahnzusatzpolicen an, die auch Leistungen für Kieferorthopädie enthalten.
79 Versicherungen im Test
In unserem aktuellen Test fanden wir 79 Tarifkombinationen für Zahnversicherungen mit kieferorthopädischen Leistungen. Fünf Jahre zuvor waren es gerade einmal zehn Angebote.
Stehen die Zähne bei Erwachsenen oder Jugendlichen schon schief oder hat der Zahnarzt bei einem Vorschulkind auf dem Röntgenbild ungünstig angelegte Zähne entdeckt, ist es dafür allerdings zu spät. Die Versicherer zahlen nicht, wenn ein Problem bei Vertragsschluss bereits bekannt ist.
Eine reine Kieferorthopädieversicherung gibt es nicht. Sie ist nur in Verbindung mit einer normalen Zahnzusatzversicherung erhältlich. Ihre Hauptleistung ist in der Regel der Zahnersatz, zum Beispiel Kronen, Brücken oder Implantate. Manchmal gibt es auch Zuschüsse zu Kunststofffüllungen oder zur professionellen Zahnreinigung.
Viel Leistung für Kieferorthopädie
Aus der Fülle der Angebote stellen wir diejenigen dar, die hohe Leistungen für Kieferorthopädie bieten und dabei möglichst wenig kosten. Wie viel ein Versicherer in welchem Fall bezahlt, ist für Laien kaum zu durchschauen. Selbst scheinbar einfache Regelungen wie „100 Prozent des Rechnungsbetrags“ sind durch Obergrenzen wieder eingeschränkt. Wir machen deshalb in der Tabelle an zwei Leistungsbeispielen sichtbar, wie viel die Versicherung zahlt.
Vertrag bald wieder kündigen
Ist die Behandlung abgeschlossen und sind Rückfälle nicht zu erwarten, sollten Kunden den Vertrag kündigen. Später, mit Mitte 30, können sie einen neuen Vertrag mit hohen Leistungen für Zahnersatz wählen.
Topals werden für Melina keine Versicherung für Kieferorthopädie abschließen. „Sie hat so schöne Zähne – vielleicht bleibt das ja so“, hofft Nathalie Topal. Falls sich auch bei der Jüngsten das Gebiss noch verschieben sollte, würden sie und ihr Mann anfallende Kosten lieber selbst tragen.
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@foringo: Eine Diagnose ist auf jeden Fall der Beleg für das Vorhandensein einer Fehlstellung. Dann zahlt die Versicherung nicht. Vorhanden ist eine Zahnfehlstellung aber grundsätzlich auch schon dann, wenn die ärztliche Diagnose noch nicht erfolgt ist. Das kann z.B. der Fall sein, wenn das Milchgebiss durch die bleibenden Zähne ersetzt und dadurch eine Fehlstellung hervorgerufen wird. Wer sicher gehen will, über diese Frage mit dem Versicherer nicht in Streit zu geraten, schließt den Vertrag deshalb ab, wenn der Zahnwechsel noch nicht erfolgt ist.
Ich verstehe Ihre Begründung für einen Abschluss nur bis 5 Jahre nicht.
Sie schreiben: "Für ältere Kinder ... sind die Policen nicht sinnvoll, da die Versicherer keine Korrektur von Fehlstellungen bezahlen, die bei Vertragsschluss bereits vorhanden waren."
Es kann doch aber auch sein, dass bei älteren Kindern noch keine Fehlstellung bekannt ist.
Wie definieren Sie das Bekanntsein einer Fehlstellung. Anders gefragt: Wann ist eine Fehlstellung bekannt? Mit der Diagnose, oder?
@SeboXX: Sie haben Recht. Eine private Zusatzversicherung (für kieferorthopädische Leistungen) kann sich für Kinder rechnen oder nicht. Weder bei den Zahnzusatzversicherungen für Kinder noch bei den Policen für Erwachsene ist gesagt, dass die Versicherten irgendwann einmal mehr Leistungen bezahlt bekommen als die Summe der Beitragseinzahlungen. Der Abschluss einer jeden Versicherung ist mit dem Risiko verbunden, dass das versicherte Risiko gar nicht eintritt, oder dass beim Eintritt des Risikos die Kostenerstattung unter der Summe der Beiträge liegt.
Tipp: Lassen Sie die Abrechnung der privaten Krankenversicherung überprüfen:
www.verbraucherzentrale
www.patientenberatung.de
Die Kostenübernahme der Behandlungskosten für eine kieferorthopädische Therapie ist eine Leistung der Police. Schauen Sie in den Bedingungen, für welche weiteren Leistungen es eine Kostenbeteiligung gibt.
Die Zahnzusatzversicherungen, die auch die Behandlungskosten einer kieferorthopädischen Behandlung übernehmen, gehören nach unserer Auffassung nicht zum absolut notwendigen Grundschutz eines Kindes. (maa)
Ich habe für meine Kinder sofort nach der Geburt eine Zahnzusatzversicherung abgeschlossen. Vor allem um später eventuelle Kieferorthopädische Behandlungen zu finanzieren. Das ist unabhängig von der Zahnpflege und wir können keinen Einfluss auf die Notwendigkeit der Behandlung nehmen. Nach 14 Jahren ist jetzt eine Behandlung Notwendig und die Beteiligung der Versicherung ist ernüchtert. Ich bereue, dass ich beim Abschluss der Versicherung mich mit dem Thema nicht mehr beschäftigt habe. Die Summierten jährliche Kosten sind höher als die Beteiligung der Versicherung. So ganz verstehe ich Ihre Empfehlung für die Versicherung nicht. Beim Abschluss zahlt man auf jeden Fall auch wenn keine Behandlung Notwendig ist. Beim nicht Abschluss besteht die Chance, dass nichts gezahlt werden muss. Aus meiner Erfahrung kann ich eine Zahnzusatzversicherung für Kinder nicht empfehlen.
Machtmissbrauch
Man mache einfach eine Mehrkostenvereinbarung und tue was man will. Der zu zahlende sitzt nicht auf dem Stuhl, in Corona Zeiten nicht mal im Raum, der auf dem Stuhl sitzt hat keine Ahnung was da gerade gemacht wird und die Krankenkasse spielt das Spiel, was ich nicht weiß macht mich nicht heiß.
Ein absolut lustiges Spiel, wenn man nicht das Fünfte Rad am Wagen ist.
AOK bewilligt einen Plan.
Man zahlt die Mehrkosten.
Ein Umzug steht an, weil die Universität nicht am Ort ist.
Ein weiterer KFO kommt ins Spiel, weil KFO 1 noch nicht abgezahlt wurde, rückt KFO 1 den Behandlungsplan nicht raus.
KFO 2 macht einfach einen neuen. Neue Röngenbilder --- ich nenne das ja schwere Körperverletzung- und will nun auch einen Kleinwagen von Nr.5
AOK will Behandlungsplan nicht rausrücken.
Kieferorthopäde 1 auch nicht
Coole Sache