
© St. Wildhirt
Dicke Äste und Stämme zersägen – das schafft kein Werkzeug so schnell wie eine Kettensäge. Aber kein anderes ist so gefährlich. Drei Sägen im Test bergen spezielle Risiken.
Testergebnisse für 12 Kettensägen 09/2013

Die Schnittstärkste. Beindickes Holz durchtrennt sie in wenigen Sekunden. © Stiftung Warentest
Der Motor heult auf, es kann losgehen. Kaum ist das Startsignal ertönt und die Stoppuhr läuft, fliegen die Späne. In Sekundenschnelle frisst sich die Säge durch den auf Böcken liegenden Stamm. Sobald ein Stück zu Boden fällt, ist der nächste Schnitt in Arbeit. 50 Holzscheiben muss die Kettensäge bewältigen, dann stoppt einer der Prüfer die Zeit.
„Bei unserem Test ging es oft zu wie bei Wettkämpfen der Forstarbeiter. Nur dass hier nicht das Geschick der Menschen im Vordergrund stand, sondern die Leistung der Maschinen“, berichtet Projektleiterin Christiane Böttcher-Tiedemann. „Die Unterschiede sind enorm.“ Die 50 Schnitte durch das 14 Zentimeter starke Fichtenholz – insgesamt etwa 7 700 Quadratzentimeter Schnittfläche – schafft die Husqvarna mit Benzinmotor in etwa vier Minuten. Umgerechnet sind das fünf Sekunden, um einen beindicken Stamm zu durchtrennen. Die leistungsschwächste Säge im Test, die Bosch mit Akku, braucht dreimal so lange.
30 Äste in 18 Sekunden

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Als nächste Disziplin steht das Entasten auf dem Prüfprogramm. Dazu muss kein Baum fallen. Testobjekt ist ein langer Prüfstamm, der in regelmäßigen Abständen mit bunten Buchenholzstäben als künstlichen Ästen gespickt ist.
Wieder heißt es: „Auf die Plätze, fertig, los.“ Der Prüfer, ein Forstwirtschaftsmeister mit Wettkampferfahrung, arbeitet sich flink wie ein Wiesel Ast für Ast am Stamm entlang. Die 30 Holzstäbe kappt er in einer Rekordzeit von 18 Sekunden – auch hier ist die Husqvarna mit Benzinmotor die Schnellste im Test.
Benzin, Elektro, Akku
Zum Vergleich treten zwölf Modelle gegeneinander an: fünf mit Benzinmotor, vier mit Elektromotor und Stecker, drei mit Akku. Für harte Waldarbeit eignen sich nur die Benziner. Akkugeräte funktionieren dort auch, aber die Kapazität eines Akkus reicht im Test nur für maximal zehnminütiges Sägen. Außerdem laufen ihre Ketten relativ langsam. Wenn ein gefällter Baum am Boden liegt, stehen die Äste oft unter enormer Spannung. Nur mit einem blitzschnellen Schnitt klappt das Entasten. Langsame Akkusägen könnten hier festklemmen. Bei den Waldprüfungen durften sie pausieren.
Gefährlich schnell

Baumschonend. Im Normalfall reicht eine Fällkerbe. Im Test wird öfter gesägt. © Stiftung Warentest
Je schneller die Späne fliegen, desto beeindruckender. Die Motoren beschleunigen die Ketten zum Teil auf rasante 70 km/h und mehr. So viel Power mit den eigenen Händen lenken zu können, ist vor allem für Neulinge faszinierend. Doch der erfahrene Prüfer warnt vor zu viel Euphorie und Leichtsinn: „Selbst bei Profis wie Forstarbeitern passieren immer wieder Unfälle mit schwersten Verletzungen.“
Tote und Verletzte
Wie viele Menschen beim Arbeiten mit der Kettensäge verunglücken, sagt keine Statistik. Doch Unfallexperten kennen viele Vorfälle, bei denen es Schwerverletzte und sogar Tote gab. Ursache war meist menschliches Fehlverhalten.
Tipp: Wer keine oder nur wenig Erfahrung mit Motorsägen hat, sollte sich vor Inbetriebnahme unbedingt bei Profis schlaumachen. Auch guter Arbeitsschutz ist lebenswichtig.
Eines der Horrorszenarien: Die Kette reißt oder springt aus der Führung und schlägt wie eine Peitsche in Richtung Beine und rechte Hand des Sägenden. Projektleiterin Böttcher-Tiedemann: „Alle Sägen im Test haben an der Unterseite einen Kettenfangbolzen. Der ist stabil genug, um die Wucht des Peitschenschlags zum Teil abfangen zu können. Und ein breiter Handschutz unter dem hinteren Griff verhindert, dass die Kette die Hand zerfetzt.“
Tipp: Je nach Sägehaltung können Kette oder Äste auch andere Körperteile treffen. Deshalb unbedingt die komplette Schutzkleidung tragen. Auch wichtig: Nicht nur vor der Arbeit, sondern auch in den Sägepausen das Spiel der Kette kontrollieren und bei Bedarf nachspannen.
Wann der Rückschlag droht
Höchst gefährlich ist ein plötzlicher Rückschlag. Auslösen können ihn scheinbar harmlose Kleinigkeiten. Ist der Sägende für einen Moment abgelenkt und streift mit der Schwertspitze versehentlich den Baum – das kann schon ausreichen. Oder die Säge trifft bei der Arbeit unerwartet auf etwas Hartes. Folge: Der Widerstand lenkt die enormen Kräfte der rasend schnell rotierenden Kette schlagartig um. Die Säge wird nach hinten und oben katapultiert, zum Beispiel in Richtung Kopf.
Tipp: Wer wenig Sägeerfahrung hat, sollte eine gute Säge mit verringerter Rückschlagsgefahr verwenden. Ihre Ketten haben neben den scharfen Kettengliedern zusätzliche stumpfe Sicherheitsglieder, die wie Abstandhalter wirken und zu heftige Reaktionen der Sägespitze abmildern.
Doch das allein reicht nicht. „Beim Kick-back muss eine eingebaute Notbremse die Kette in Sekundenbruchteilen zum Stillstand bringen. Ob das funktioniert, haben wir kontrolliert – und zwar auf dem Prüfstand, sodass sich keiner verletzen konnte“, so Böttcher-Tiedemann. Wird die Säge hochkatapultiert, kollidiert der Handrücken mit dem davorgeklappten Handschutzbügel. Der funktioniert wie ein Schalter und löst die Bremse aus. Das klappte im Test bei allen Sägen schneller als vorgeschrieben.
Doch was passiert, wenn die Hand so gehalten wird, dass sie beim Rückschlag den Schutzbügel gar nicht nach vorn drücken kann? Projektleiterin Böttcher-Tiedemann: „Wir haben kontrolliert, ob in einer solchen Situation die bei der Schleuderbewegung auftretenden Trägheitskräfte die Kettenbremse auslösen können. Dazu nutzen wir einen Prüfstand, der nur einem Zweck dient: die Säge mit definierter Energie hochzukatapultieren.“
Ryobi reagiert schwerfällig

Kettenbremse im Test. © Stiftung Warentest

Bei diesem Test fällt ein Gewicht aus unterschiedlichen Höhen auf eine Wippe (gelber Balken, siehe Foto). Je länger die Fallstrecke, desto größer ist die Katapultwirkung der Wippe, um die Säge hochzuschleudern. Im Idealfall löst die Bremse schon bei relativ moderater Fallhöhe zuverlässig aus. Die Ryobi-Säge reagiert viel zu schwerfällig. Der von uns benachrichtigte Anbieter argumentiert, die Sicherheitsnorm für Elektrosägen schreibe diesen Schutzmechanismus nicht vor – anders als die für Benzinsägen geltende Norm. Wir meinen: Optimaler Verbraucherschutz ist bei allen Kettensägen wichtig. Auch wegen eines Verstoßes gegen die elektrische Sicherheitsnorm lautet das Urteil mangelhaft.
Fixierung gelockert
Gut in der Sicherheit heißt es nur für die Sägen, die im Test alle Sicherheitsanforderungen erfüllen. Die Noten von zwei Modellen haben wir auf „ausreichend“ abgewertet: Bei der Makita löste sich im Betrieb die Fixierung des Kettenraddeckels. Würde ein unerfahrener Nutzer das zu spät bemerken, könnte sich die Führungsschiene der Kette selbstständig machen.
Die Black & Decker litt beim Stabilitätstest der Handgriffe. Danach ließ sich die Führungsschiene nicht mehr sicher fixieren. Gerade noch befriedigend ist die Sicherheit der Bosch-Akkusäge. Bei ihr liegen die Handgriffe so dicht beieinander, dass sie sich nicht optimal halten lässt.
„Jemand mit zwei linken Händen hat hinter einer Motorsäge generell nix verloren“, lautet das Fazit der Projektleiterin. Auch das Sägen unter Wettkampfbedingungen wie im Test sollten normale Nutzer besser nicht nachahmen: „Das ist nur etwas für Profis mit viel Erfahrung. Sicherheit muss stets Vorrang vor Schnelligkeit haben.“ Das Aufheulen der Motoren sieht sie zwiespältig: „Was in den Ohren des einen wie Musik klingt, nervt die Nachbarn.“
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Ich würde mich sehr für einen aktualisierten Test interessieren. Wie mein Vorredner vor anderthalb Jahren schrieb, hat sich auf dem Gebiet der elektrischen bzw. akkubetriebenen Geräte in den letzten Jahten viel bewegt. Und als interessierter Käufer hätte ich mich in diesem Frühling über ein wenig Hilfestellung bei der Produktwahl gefreut.
Nach 6 Jahren ist eine Aktualisierung dringend, vor allem im Bereich Akkub-Kettensägen hat sich viel getan.
@verbraucher11: Wir haben bis jetzt diese speziellen Kettensägen nicht untersucht. Ihre Nachfrage nehmen wir gerne als Testanregung auf und leiten sie an das zuständige Untersuchungsteam weiter. Ob und wie schnell dieser Wunsch realisiert werden kann, lässt sich derzeit nicht sagen. Auf jeden Fall haben wir die Hochentaster als Testvorschlag registriert. Vielen Dank dafür. (spl)
Ein Test zu Ketten-Hochentastern fehlt.
@B.Klaas: Die Hinweise der Amazon-Kunden zur Dolmar 173 A bestätigen unsere Untersuchungsergebnisse nahezu einhellig. Wie ein etwaiger Nachfolger qualitativ zu bewerten wäre, können wir mangels eines entsprechenden Tests verständlicherweise nicht beurteilen. (Bee)