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Jede vierte eignet sich sehr gut für den Adventskranz. Sie brennen ruhig und verlöschen am Ende von selbst. Schadstoffe sind kein Thema. Aber viele enthalten umstrittenes Palmöl.
Testergebnisse für 16 Stumpenkerzen 12/2016
Am 1. Dezember 1839, so wird erzählt, entzündete Johann Hinrich Wichern die erste Adventskranzkerze der Welt. Einige Jahre zuvor hatte der evangelische Theologe und Sozialreformer das Rauhe Haus in Hamburg-Horn gegründet, wo er sich um verwahrloste Kinder aus den Elendsvierteln der Hansestadt kümmerte. Weil ihn seine Schützlinge in der Adventszeit ständig fragten, wann endlich Weihnachten sei, kam ihm die Idee: Er steckte 24 Kerzen auf ein hölzernes Wagenrad und zündete sie nach und nach an – große weiße für die Adventssonntage, kleine rote für die Werktage. So konnten die Kinder im Rauhen Haus die Tage bis Heiligabend abzählen.
Keine flackert, rußt oder tropft
Aus der norddeutschen Idee hat sich ein weltweiter Brauch entwickelt, wenngleich die meisten Adventskränze heute mit den vier Sonntagskerzen auskommen. Wir haben 16 dieser sogenannten Stumpen geprüft: Flackern, rußen oder tropfen sie? Leuchten sie so lange wie versprochen? Wie steht es um die Sicherheit? Das Ergebnis hätte auch Herrn Wichern gefreut: Alle Kerzen brennen ruhig und gleichmäßig, Schadstoffe haben wir kaum gefunden. Die besten verlöschen zudem zu ihrem Lebensende rechtzeitig von selbst – ein Plus an Sicherheit. Die Prüfer beurteilten vier Kerzen als sehr gut, sechs als gut, die restlichen als befriedigend (Testergebnisse Stumpenkerzen).
Einige Dochte glimmen lange nach

Gütezeichen. Das RAL-Siegel garantiert Käufern, dass Kerzen auf Inhaltsstoffe und Brennverhalten geprüft wurden. © Stiftung Warentest
Um das beste Licht fürs Fest zu finden, zündeten unsere Tester Dutzende von Kerzen an. Mit vorweihnachtlicher Besinnlichkeit hatte das wenig zu tun – im Labor zählen nur Fakten: die Form der Flamme, die Krümmung des Dochtes, der Rußindex, das Flacker-, Tropf- und Auslaufverhalten. Mängel fanden die Prüfer nicht. Unterschiede zeigten sich, als sie die Stumpen löschten: Einige Dochte glimmen recht lange nach. Dadurch verkürzt sich der Docht und ist schwerer wieder anzuzünden. Mit knapp zehn Sekunden glüht die Diana-Kerze am längsten nach. Vermeiden lässt sich das übrigens, indem man zum Löschen der Kerze den Docht kurz in das flüssige Wachs taucht (Tipps).
Drei Kerzen im Test sind als selbstverlöschend gekennzeichnet: Gebr. Müller, Kopschitz und Wenzel. In diesen Stumpen sorgt eine Brandsperre, zum Beispiel ein Metallteil dafür, dass die Flamme von allein verlischt statt ganz herunterzubrennen – ein Segen für alle, die vergesslich sind. Im Test hat das gut funktioniert.
Manche brennen zu weit herunter
Die Kerzen von Kopschitz und Wenzel verlöschen bei fast zwei Zentimeter Resthöhe, die von Müller bei knapp einem Zentimeter. Auch andere gehen rechtzeitig aus, ohne dass die Anbieter dies auf dem Etikett vermerken. Manche Kerzen allerdings brennen so weit herunter, dass sie brandgefährlich werden können. Dazu zählen die Stumpen von Bolsius, Gala, Ikea, Rossmann und Wiedemann.
Oft fehlt die Angabe zur Brenndauer
Sehr gut: Angaben zur Brenndauer werden eingehalten, oft sogar übertroffen. Mangelhaft: Oft fehlt der Hinweis, wie lange der Stumpen leuchten wird – und dem Käufer damit eine Orientierung.
Kerzen sehen sich ziemlich ähnlich. Die geprüften Produkte sind etwa zehn Zentimeter hoch, fünf Zentimeter dick und rot; nur die Ikea-Kerze ist violett. Dennoch brennen einige mehrere Stunden länger als andere. Das liegt oft am Docht: Je nach Webart des Baumwollfadens ist die Flamme größer oder kleiner – das Wachs also schneller oder langsamer verbrannt. Die Inhaltsstoffe haben dagegen kaum Einfluss auf die Brenndauer.
Hauptbestandteil von Kerzen ist meist Paraffin. Es fällt als Abfallprodukt bei der Herstellung von Schmiermitteln aus Erdöl an. Da Schmieröle mittlerweile oft synthetisch hergestellt werden, wird Paraffin knapper und teurer. Als Ersatz dient den Herstellern Stearinsäure, die zunehmend aus Palmöl gewonnen wird. Weitere Rohstoffe sind etwa Soja- und Rapsöl oder Rindertalg. Die Mehrzahl der von uns geprüften Stumpen ist palmölfrei. Fast alle Anbieter erklärten aber auf Anfrage, auch palmölhaltige Kerzen in ihrem Sortiment anzubieten. Nur Kopschitz und Wenzel verwenden nach eigenen Angaben ausschließlich Paraffin.
Paraffin steht wie alle Erdölprodukte wegen seiner Umweltbelastung in der Kritik. Doch auch der Einsatz von Palmöl ist umstritten. In den Hauptanbauländern der Ölpalmen, Indonesien und Malaysia, werden für neue Plantagen Regenwälder gerodet, Ureinwohner und bedrohte Tiere vertrieben. In Deutschland fließt der Löwenanteil des Palmöls in Nahrungsmittel und Bioenergie. Rund 5 Prozent landen in Kerzen. Alle Anbieter teilten mit, dass sie oder ihre Lieferanten Mitglied im Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl sind (Roundtable on Sustainable Palm Oil, RSPO). Diese Organisation hat Kriterien entwickelt, die Natur, Arbeiter und Anwohner schützen sollen (Palmöl). Kritiker zweifeln an der Wirksamkeit des Runden Tisches, da Mitglieder gegen Richtlinien verstoßen. Viele Experten halten ihn aber für einen gangbaren Weg zu mehr Nachhaltigkeit.
Kerzen mit zertifiziertem Palmöl
Wir haben alle Anbieter gefragt, aus welchen Quellen ihr Palmöl stammt. Alle antworteten – auch jene, deren Kerzen im aktuellen Test den Rohstoff nicht enthalten. Die meisten Unternehmen erklärten, nur RSPO-Palmöl zu nutzen. Rossmann teilte uns mit, dass zwei Drittel seines Palmöls zertifiziert sind. Bei Gies ist es etwa die Hälfte, bei Bolsius ein Drittel und bei Steinhart ein Viertel. KCB und Vollmar wollten die zertifizierten Mengen nicht benennen. Einige Produzenten verwenden für verschiedene Chargen unterschiedliche Rohstoffqualitäten.
Die Hersteller können RSPO-zerifiziertes Palmöl über verschiedene Handelssysteme beziehen, die sich im Anspruch unterscheiden. Erst wenige Anbieter nutzen die strenge Variante „Segregation“: Das Öl kommt nur aus zertifizierten Plantagen. Ikea teilte mit, nur segregiertes Palmöl zu nutzen, Müller zu 70 Prozent, Gies zu 9 Prozent. Die meistgenutzten Wege sind „Book & Claim“ und „Massenbilanz“ (Palmöl).
Egal ob fossile, pflanzliche oder tierische Rohstoffe – Voraussetzung für sauberes Verbrennen ist ihre Reinheit. Kritische Lösungsmittel oder andere Schadstoffe können die Kerzen verunreinigen. Meist rußen sie dann stark. Nicht so die Kerzen im Test. Sie rußen so gut wie gar nicht. Auch andere Untersuchungen zeigen, dass Kerzen auf dem deutschen Markt von hoher Reinheit sind. Wir haben neben dem Rußen auch geprüft, ob die Stumpen Nickel als Rückstand aus der Fertigung enthalten.
Geringe Gehalte an Nickel gefunden
Nickel kann Kontaktallergien auslösen. Bei Kerzen liegt das Problem aber anders. Das Metall kann beim Brennen in die Atemluft gelangen und Lungenkrebs erzeugen. Bei den Kerzen im Test muss sich niemand sorgen: Keine reißt den Grenzwert von 0,5 Milligramm Nickel pro Kilogramm Kerze, der auf EU-Ebene diskutiert wird. Am nächsten dran ist Wiedemann mit 0,34 Milligramm.* Alle anderen enthalten weniger als 0,1 Milligramm. Gut für alle, die ihren Adventskranz mal nach Wichernscher Tradition – mit in diesem Jahr 28 Kerzen – schmücken wollen.
* Passage korrigiert am 23. Dezember 2016
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Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung
Bei manufactum erhält man in der Weihnachtszeit seit Jahren rote Bienenwachskerzen im 4er Pack als Adventskranzkerzen (Preis ca. 25€).
Aber sie können gern weiterhin nur ihre Billigprodukte beurteile.
@karsten.burger: Der Fokus unserer Untersuchung lag auf Brandsicherheit. Aber auch Schadstoffe, die die Gesundheit belasten können sind für uns natürlich relevant. Die von Ihnen zitierte BfR-Veröffentlichung stammt aus dem Jahr 2013. Im Vorfeld unserer Untersuchung haben wir mit einem Fachbeirat das Prüfprogramm diskutiert. Nach Experteneinschätzung war Bleibelastung bei Kerzen kein Thema mehr. Da wir keine Duftkerzen prüfen wollten, war auch die Thematik der allergenen Duftstoffe in Kerzen nicht relevant. Allerdings ist Nickel immer noch ein Problem bei der Kerzenherstellung, daher haben wir Nickel in der Kerzenmasse und im Docht analysiert und in dem Artikel im test 12/2016 einen Hinweis auf die geringen Nickelfunde veröffentlicht. (spl)
Hallo, haben Sie Dochte mit Bleidraht gefunden? Wird das in Deutschland verkauft? In anderen Ländern ist es wohl häufig.
Siehe www.bfr.bund.de/cm/343/blei-nickel-und-allergene-duftstoffe-in-kerzen-sollten-begrenzt-werden.pdf
@helmut_berlin: Bienenwachskerzen haben einen sehr geringen Marktanteil von weniger als 1 Prozent. Sie passten außerdem nicht in unsere Marktauswahl, da wir rote Stumpenkerzen geprüft haben. Bienenwachskerzen sind eine umweltschonende Alternative zu Paraffinkerzen, weil sie aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Bienenwachs ist aber ein vergleichsweise seltener Rohstoff, daher sind die Kerzen auch vergleichsweise teuer. Hinweis: Nur wenn die Kerze aus reinem Bienenwachs ohne weitere Beimischung anderer Stoffe besteht, darf sie als „Bienenwachskerze“ bezeichnet werden. (Se)