Kann ich einen Sessel, der für den Sperrmüll am Straßenrand steht, einfach mitnehmen? Wie lange muss ich im Restaurant auf die Rechnung warten, bevor ich ohne zu zahlen gehen darf? - Nicht immer ist die Grenze zwischen Recht und Unrecht klar. test.de erläutert mögliche Folgen alltäglicher Sünden und klärt verbreitete Irrtümer auf.
Bei Rot über die Ampel gehen kostet 5 Euro, wenn die Polizei zugeschaut hat. Dass dieses kleine Vergehen Geld kostet, wissen die meisten. In anderen Alltagssituationen ist die Grenze zwischen Recht und Unrecht nicht so klar. Hier weitere Antworten:
Restaurantbesuch
Im Restaurant bitte ich mehrmals den Kellner um die Rechnung. Er reagiert nicht. Kann ich nach einer halben Stunde Warten einfach gehen, ohne zu bezahlen?
Das sollten Sie besser nicht tun, denn der Wirt könnte Sie für einen Betrüger halten. Egal, wie lange Sie warten und wie oft Sie den Kellner laut auffordern, endlich die Rechnung zu bringen, Sie dürfen nicht einfach das Lokal verlassen – schließlich haben Sie Speisen und Getränke verzehrt. Gehen Sie, ohne zu bezahlen, kann der Gastwirt sich auf Paragraf 263 im Strafgesetzbuch berufen. Er geht dann davon aus, dass Sie die Zechprellerei geplant haben: Sie wussten, dass Sie nicht bezahlen können oder wollen und haben ihn getäuscht. Das ist strafbar, auch wenn Ihnen wohl nicht gleich eine fette Geldstrafe oder die Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis wegen Betrugs drohen.
Damit nicht noch mehr Zeit mit Warten auf den Kellner vergeht, gehen Sie am besten an die Theke und bezahlen da. Ist das nicht möglich, hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Adresse auf dem Tisch, mit der Bemerkung, dass der Wirt Ihnen die Rechnung zuschicken soll.
Das Geld auf dem Tisch liegen zu lassen, ist riskant. Gibt es Streit, können Sie schwer nachweisen, dass Sie es hingelegt haben.
Im Supermarkt
Ich möchte im Supermarkt Weintrauben kaufen. Kann ich einzelne Trauben probieren, bevor ich ein Kilo kaufe? Und was ist mit der Wasserflasche, aus der ich vor der Kasse trinke?
In dem Moment, in dem Sie die Trauben in den Mund stecken und essen, begehen Sie einen Diebstahl. Bis Mitte der 70er Jahre galt das noch als Mundraub. Es war schon damals strafbar. Allerdings fiel das Strafmaß für das Entwenden von „Nahrungs- und Genussmitteln in geringer Menge oder von unbedeutendem Wert zum alsbaldigen Verzehr“ geringer aus als bei einem gewöhnlichen Diebstahl.
Heute wird das Stibitzen der Trauben „Diebstahl geringwertiger Sachen“ genannt. Unter normalen Umständen wird der Ladenbesitzer darüber hinwegschauen und im schlimmsten Fall von Ihnen verlangen, dass Sie die paar Trauben bezahlen. Erlaubt ist die Probe aber nicht.
Naschen Sie das Obst von bereitgestellten Tellern, wird Ihnen natürlich nichts passieren, denn dann bietet der Eigentümer die Ware ja extra zu diesem Zweck an.
Überkommt Sie im Markt plötzlich der Durst und Sie trinken noch vor der Kasse aus einer Wasserflasche, wird Sie niemand belangen, sofern Sie die Flasche nachher zum Abkassieren aufs Band stellen. Ein Dieb wären Sie, wenn Sie die Flasche an der Kasse nicht vorzeigten.
Ich stehe an der Kasse und lege die Einkäufe aufs Band. Mein Dreijähriger greift flink zum Schokoriegel, der neben ihm in Augenhöhe platziert ist. Er reißt ihn auf, bevor ich es verhindern kann. Muss ich den Riegel bezahlen?
Nein, Sie sind nicht verpflichtet, den Schokoriegel zu bezahlen. Sie haften zwar, wenn Sie Ihre Aufsichtspflicht verletzen. Allerdings ist es kaum möglich, das Kind die ganze Zeit an der Hand zu halten. Kinder unter sieben Jahren sind aber auch nicht selbst „deliktfähig“. Für den Schaden gibt es damit rechtlich keinen Schuldigen, der verantwortlich gemacht werden kann.
Hinzu kommt noch, dass den Betreiber des Supermarkts eine nicht unwesentliche Mitschuld trifft. Er hat schließlich die Ware ganz bewusst so aufgestellt, dass Kinder sie sehen und zugreifen.
Sie sind verpflichtet, Ihrem Kind zu erklären, dass es im Supermarkt nicht alles aufreißen und essen darf. Tut es das in einem Moment der Unaufmerksamkeit dann doch, ist Ihnen das aber nicht vorzuwerfen und Sie müssen nicht dafür aufkommen.
Finderlohn
Ich will nachts noch Geld am Bankautomaten holen und finde vor der Filiale meiner Bank eine herrenlose Geldbörse mit 500 Euro. Wenn ich das Geld abgebe, bekomme ich doch mindestens 10 Prozent Finderlohn?
Leider nicht, eine 10-Prozent-Regelung gibt es zwar in Österreich, aber nicht in Deutschland. Wie viel Finderlohn Sie bekommen, hängt vom Wert des Gefundenen und vom Fundort ab. Mehr als 5 Prozent werden es nicht. Ist der Fund mehr als 10 Euro wert, müssen Sie ihn im Fundbüro abgeben oder der Polizei melden.
Bis 500 Euro bekommen Sie 5 Prozent des Wertes, also 25 Euro, darüber sind es nur noch 3 Prozent. Hätten Sie also zwei 500- Euro-Scheine gefunden, bekämen Sie 40 Euro, 25 Euro für die ersten und 15 Euro für weitere 500 Euro. Holt der Verlierer den Fund innerhalb von sechs Monaten nicht ab, dürfen Sie das Geld sogar behalten.
Hätten Sie das Geld in einem Stadtbus oder beim Bürgeramt gefunden, steht Ihnen ab 50 Euro nur der halbe Finderlohn zu. Der 500-Euro-Fund bringt Ihnen dann gerade mal 12,50 Euro. Wird das Geld nicht abgeholt, geht es in diesem Fall an die Stadt.
Melden Sie einen Fund nicht, ist das strafbar. Im Strafgesetzbuch stehen darauf eine Geldstrafe und eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Sperrmüll
Im Nachbardorf steht Sperrmüll vor den Türen und soll abgeholt werden. Ich entdecke einen Sessel und nehme ihn mit. Meinen alten könnte ich doch einfach stattdessen dazustellen, oder?
Nein, nehmen Sie Sachen vom Sperrmüll anderer Leuten einfach mit, kann das als Diebstahl oder Unterschlagung geahndet werden. Denn sobald der alte Besitzer den Müll auf den Gehsteig stellt, geht dieser in das Eigentum der Kommune über. Holt ihn dann eine Firma zur Verwertung und Beseitigung in eigener Verantwortung ab, wird sie die Eigentümerin. Nehmen Sie also einfach etwas mit, droht Ihnen eine Strafe.
Schon das Durchsuchen des Sperrmülls kann als Ordnungswidrigkeit mit bis zu 5 000 Euro Geldstrafe verfolgt werden. Auch das Rausstellen des alten Sessels auf die Straße, ohne den Abtransport zu organisieren, kann Sie einiges kosten. Denn werden Sie auf frischer Tat ertappt, gibt es vom Ordnungsamt ein Verwarngeld.
Beobachtet Sie ein aufmerksamer Nachbar bei der Tat und informiert das Ordnungsamt, kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Sie eingeleitet werden. Fällig werden dann Bußgeld und Verfahrenskosten. Das Bußgeld richtet sich nach der Sache, die Sie stehengelassen haben. Es kann bis zu 50 000 Euro betragen.
Unfall
Nachts auf glatter Straße komme ich von der Straße ab und streife einen Baum. Da es keine Leitplanke ist, kann ich doch weiterfahren, beim Baum wächst sich das doch aus?
So geht es nicht! Sie begehen Unfallflucht, wenn Sie weiterfahren. Fahren Sie gegen einen Baum und ist der Schaden größer als 50 Euro, müssen Sie unbedingt „eine angemessene Zeit“ auf den Baumbesitzer warten oder auf die Polizei, damit diese den Unfall aufnehmen kann.
Was „angemessen“ bedeutet – vor allem in der Nacht – ist rechtlich nicht geklärt. Die Wartezeit hängt vom Ausmaß des Schadens ab. Da Sie das kaum einschätzen können, sollten Sie sicherheitshalber auch bei einer nur leichten Beschädigung mindestens 30 Minuten warten.
Kommt niemand vorbei, um die Personalien aufzunehmen, müssen Sie bei der Polizei anrufen und Ihre Anschrift, Ihren Aufenthaltsort, das Kennzeichen und den Fahrzeugstandort mitteilen. Warten Sie nicht, drohen Ihnen eine empfindliche Geldstrafe und bis zu sieben Punkte im Verkehrsstrafregister. Sie können auch Ihre Fahrerlaubnis verlieren.
Wenn Sie einfach wegfahren, zahlt Ihr Kfz-Haftpflichtversicherer den Schaden nicht, denn Sie haben vorsätzlich Ihre Aufklärungspflicht verletzt. Ähnlich verhält es sich mit der Kaskoversicherung. Sie werden auf dem Schaden an Ihrem Wagen in diesem Fall sitzenbleiben.
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