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Wird eine Police fällig oder gekündigt, fallen Steuern und Sozialbeiträge an. Wie viel müssen Versicherte abgeben?
Viele Menschen sorgen mit einer Kapitallebensversicherung fürs Alter vor: Etwa 90 Millionen Verträge werden zurzeit bespart oder sind beitragsfrei gestellt. Gerade ältere Verträge mit bis zu 4 Prozent garantierten Zinsen (siehe Tabelle Lukrative Altverträge) sollten Versicherungsnehmer weiterführen oder bis zur Fälligkeit ruhen lassen.
Tabelle: Lukrative Altverträge
Alte Verträge lohnen sich durch den Garaniezins.
Vertragsabschluss |
Garantiezins1 |
Vor Juli 1986 |
3,00 |
Ab Juli 1986 |
3,50 |
Ab Juli 1994 |
4,00 |
Ab Juli 2000 |
3,25 |
Ab Januar 2004 |
2,75 |
Ab Januar 2007 |
2,25 |
Ab Januar 2012 |
1,75 |
Seit Januar 2015 |
1,25 |
- 1
- Die Garantieverzinsung wird nicht auf den gesamten Beitrag gewährt, sondern nur auf den Sparanteil (gezahlter Beitrag minus Kosten der Versicherung für Verwaltung, Vertrieb und Todesfallschutz der Police).
Ob die Auszahlung steuerpflichtig ist, hängt davon ab, ob der Sparer den Vertrag vor 2005 abgeschlossen hat und ob er eine einmalige Summe oder Rente bekommt.
Verträge vor 2005 sind privilegiert
Erlebt der Versicherungsnehmer den Vertragsablauf, müssen Kunden mit Altverträgen oft weder mit Finanzamt noch Sozialkassen teilen: Die Leistung bleibt steuerfrei, wenn der Vertrag bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurde und in einer Summe ausgezahlt wird. Weitere Voraussetzungen:
- Bis zu Auszahlung, Verkauf oder vorzeitiger Kündigung hatte die Police eine Laufzeit von mindestens zwölf Jahren und
- mindestens fünf Jahre lang wurden Beiträge eingezahlt.
- Bei nach dem 31. März 1996 abgeschlossenen Verträgen (bei Direktversicherungen über den Arbeitgeber nach dem 31. Dezember 1996) muss der Todesfallschutz außerdem mindestens 60 Prozent der Beitragssumme über die gesamte Laufzeit betragen haben.
Sonderfall: Vermietete Immobilien
Steuern können bei Altverträgen fällig werden, wenn der Sparer die Police zur Tilgung oder Sicherung eines Darlehens eingesetzt hat, das der Finanzierung vermieteter Immobilien diente. Sind die zur Sicherung des Darlehens verwendeten Ansprüche aus der Lebensversicherung höher als die Anschaffungskosten der Immobilie, ist eine „steuerschädliche Verwendung“ gegeben. Die führt in vollem Umfang zur Steuerpflicht der in der Versicherung angesparten Zinserträge (Bundesfinanzhof, Az. VIII R 19/04).
Auszahlung als Monatsrente
Wird eine Altpolice mit Abschluss vor 2005 als monatliche Rente ausgezahlt, muss der „Ertragsanteil“ versteuert werden – genauso wie bei neueren Verträgen. Die Höhe dieses Ertragsanteils richtet sich nach dem Alter bei Rentenbeginn.
Beispiel: Bei Beginn der Rente mit dem 60. Lebensjahr gelten 22 Prozent der Auszahlung als steuerpflichtiger Ertragsanteil.
Tabelle: Rente teilweise steuerpflichtig
So wird der steuerpflichtige Anteil einer als Rente ausgezahlten Lebensversicherung ermittelt.
Rentenbeginn mit dem … Lebensjahr |
59 |
60/61 |
62 |
63 |
64 |
65 / 66 |
67 |
68 |
Ertragsanteil (Prozent) |
23 |
22 |
21 |
20 |
19 |
18 |
17 |
16 |
Steuerpflichtig bei einer Rente von 1 500 Euro monatlich1 |
345 Euro |
330 Euro |
315 Euro |
300 Euro |
285 Euro |
270 Euro |
255 Euro |
240 Euro |
- 1
- Ob das Finanzamt auf den steuerpflichtigen Teil der Rente tatsächlich Steuern erhebt, hängt von weiteren individuellen Faktoren ab, wie Höhe des Gesamteinkommens, abzugsfähige Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen.
Das Einkommen müssen Versicherungsnehmer über ihre Steuererklärung in der Anlage R angeben. Wie hoch die Einkommensteuer darauf ist, hängt von den Einkommens- und Lebensverhältnissen ab.
Tipp: Geben Sie die Rentenzahlungen unbedingt in Ihrer Steuererklärung an. Seit 2005 melden die Versicherungsunternehmen alle Rentenauszahlungen online an die Finanzämter.
Verträge nach 2005 steuerpflichtig
Anfang 2005 wurden für Neuverträge Steuerprivilegien gekippt. Lässt sich ein Kunde das Kapital auszahlen, muss er auf die Erträge aus Lebensversicherungen nun 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer zahlen – nach Abzug des Sparerpauschbetrags von 801 Euro für Ledige und 1 602 Euro für Paare. Allerdings zahlt sich hier Geduld für Sparer aus, denn unter zwei Bedingungen greift eine ermäßigte Besteuerung:
- Der Vertrag muss eine Mindestlaufzeit von zwölf Jahren aufweisen und
- die Auszahlung darf erst nach dem 60. Geburtstag des Versicherungsnehmers erfolgen, bei Vertragsabschluss ab 2012 erst ab dem 62. Lebensjahr.
Frühestens Anfang 2017 können also Kunden mit Neuverträgen ab 2005 steuerbegünstigt die Auszahlung behalten. Werden die Voraussetzungen erfüllt, sind nur 50 Prozent der Erträge steuerpflichtig, dann aber mit dem individuellen Steuersatz .
Da der Spitzensteuersatz bei maximal 45 Prozent liegt, zahlen Versicherungssparer im schlechtesten Fall 45 Prozent auf die Hälfte ihrer Erträge, maximal 22,5 Prozent auf den Gesamtertrag. Bei niedrigerem Gesamteinkommen verringert sich die Steuerbelastung auf die Auszahlung.
Die ermäßigte Besteuerung gilt auch für fondsgebundene Lebensversicherungsverträge, bei denen die Versicherungsgesellschaft die Beiträge während der Laufzeit in Fonds investiert hat.
Welcher Betrag bei Fälligkeit der Police steuerpflichtig ist, ermittelt der Versicherer anhand der Formel „Auszahlungen minus geleistete Beiträge“.
Kunden müssen selbst handeln
Auf die steuerpflichtigen Erträge behalten die Versicherungsgesellschaften 25 Prozent Steuern plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer ein. Über den Steuerabzug erteilen sie eine Steuerbescheinigung.
Unterliegt die Police aber nur einer ermäßigten Besteuerung, schulden Versicherungssparer dem Finanzamt viel weniger Steuern. Sie müssen in diesem Fall selbst aktiv werden und sich den zu viel bezahlten Anteil über ihre Steuererklärung zurückholen. Dafür müssen sie die Anlage KAP ausfüllen und die Steuerbescheinigung der Versicherungsgesellschaft über die bereits vorgenommenen Steuerabzüge im Original beim Finanzamt vorlegen.
Tipp: Machen Sie sich eine Kopie der Bescheinigung. Dann sind Sie auf der sicheren Seite, falls die Originale auf dem Postweg verloren gehen sollten.
Werbungskosten nicht abziehbar
Neben dem Sparerpauschbetrag erkennt das Finanzamt im Zusammenhang mit Versicherungserträgen keine weiteren Werbungskosten an. Erlittene Verluste, etwa aus einer fondsgebundenen Lebensversicherung, lassen sich aber mit anderen Einkünften steuersparend verrechnen.
Sozialabgaben
Wenn privat Krankenversicherte eine Lebensversicherung ausgezahlt bekommen, fallen keine Sozialbeiträge an. Auch gesetzlich Krankenversicherte müssen oft nichts an die Kranken- und Pflegekasse zahlen.
Im Nachteil sind aber gesetzlich versicherte Rentner, die anders als die meisten im Alter nicht pflicht-, sondern freiwillig versichert sind. Sie zahlen volle Beiträge auf Auszahlungen aus Lebensversicherungen, unabhängig davon, ob die Police in einer Summe oder als Rente ausgezahlt wird.
Zudem müssen alle gesetzlich Versicherten zahlen, wenn die Police über den Arbeitgeber als Direktversicherung abgeschlossen wurde. Dann sind seit Anfang 2004 volle Beiträge zur Kranken- und Pflegekasse fällig.
Die Forderung wird verteilt: Versicherte zahlen zehn Jahre lang jeden Monat auf 1/120 der beitragspflichtigen Auszahlung den Beitragssatz ihrer Krankenkasse plus Zusatzbeiträge. Steigt in den zehn Jahren der Beitragssatz, fallen automatisch höhere Beiträge auf die Lebensversicherung an.
Beispiel: Bei 120 000 Euro Auszahlungssumme beträgt der Krankenkassenbeitrag momentan 18 840 Euro (geschätzt 15,7 Prozent). Monatlich zahlen Versicherte also 157 Euro (1/120 von 18 840 Euro). Dazu kommen 23,50 Euro (2,35 Prozent) für die Pflegeversicherung, Kinderlose zahlen dafür 26 Euro (2,6 Prozent).
Private Einzahlung in Betriebsrente
Wechsel des Arbeitgebers gehören heute zum modernen Berufsleben. Doch was passiert in solchen Fällen mit der bis dahin angesparten Betriebsrente?
Fallen die seit 2004 zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegekasse selbst dann an, wenn der Vertrag privat weitergeführt wird?
Hier entschied das Bundesverfassungsgericht zugunsten der Betriebsrentner (Az. 1 BvR 1660/08). Wer seine über den früheren Arbeitgeber abgeschlossene Direktversicherung privat weiterführt, zahlt unter bestimmten Voraussetzungen keine Sozialbeiträge auf den privat eingezahlten Teil:
- Der Arbeitgeber hat die Direktversicherung abgeschlossen.
- Das Beschäftigungsverhältnis bei diesem Arbeitgeber endete schon vor der Rente, entweder durch einen Jobwechsel oder eine Pleite der Firma.
- Die Direktversicherung wird als private Renten- oder Lebensversicherung weiterbezahlt.
- Anstelle des Arbeitgebers ist der private Zahler jetzt als Versicherungsnehmer eingetragen.
Unterliegt eine Police der ermäßigten Besteuerung, holen Kunden sich Steuern zurück.
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