
Kaminofen. Zurzeit wollen besonders viele Menschen damit gern die Heizung in ihrem Haus entlasten und Energiekosten sparen. © Getty Images / Westend61 / Vasily Pindyurin
Das Interesse an Kaminöfen ist aktuell groß. Die seit 2022 geltenden neuen Aufstellregeln für Schornsteine verhindern den Einbau aber manchmal. Das Wichtigste in Kürze.
Schornsteine für neue Kaminöfen
Wer bisher noch keine Feuerungsanlage für feste Brennstoffe in seinem Haus hatte und sich nun einen Kamin- oder Pelletofen anschaffen will, muss die seit 2022 geltenden neuen Ableitbedingungen für Abgase der ersten Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV Paragraf 19 Absatz 1) beachten.
40 Zentimeter über Dachfirst
Die neuen Regeln sehen vor, dass die Austrittsöffnung des Schornsteins firstnah verlaufen und den Dachfirst um mindestens 40 Zentimeter überragen muss. Der mit dem Abbrennen von zum Beispiel Holz verbundene Feinstaub soll so über die Luft abtransportiert werden, ohne Umwelt und Nachbarn zu belasten (siehe Meldung Kaminöfen: So brennt das Feuer sauberer).
Meterlange Riesenschornsteine
Die neuen Aufstellregeln können zu meterlangen Schornsteinen führen, wenn eine firstnahe Anordnung nicht möglich ist. Die Schornsteine werden höher, je weiter entfernt vom Dachfirst sie auf der Dachschräge angebracht sind. „Die neuen Ableitbedingungen für Schornsteine machen einen Kamin um 30 bis 50 Prozent teurer als bisher“, schätzt Robby Stude, Kaminbauer aus Mühlhausen in Thüringen. Das Problem trifft vor allem Eigentümer von Immobilien, die keinen Schornstein haben, der innerhalb des Hauses hoch zum Dachfirst führt.
Die neuen Schornstein-Regeln im Detail
Regeln für einen firstnahen Schornstein auf einem Satteldach ab einer Dachneigung von 20 Grad:
- Die Mündung des Schornsteins muss jeweils mindestens 40 Zentimeter über dem Dachfirst liegen.
- Bei Flachdächern wird die Schornsteinhöhe auf Basis einer fiktiven Dachneigung von 20 Grad berechnet.

Maße für firstnahe Schornsteine auf Satteldächern ab 20 Grad Dachneigung nach den Regeln ab 2022. © Stiftung Warentest / René Reichelt
Firstferne Schornsteine nach VDI-Vorschrift
Zwar lässt die erste Bundesimmissionsschutzverordnung aktuell auch noch firstferne Schornsteine zu – wenn die Höhe der Schornsteinmündung nach der VDI-Vorschrift (VDI 3781 Blatt 4) bestimmt wird. So sind dann zum Beispiel firstferne Schornsteine entlang einer Traufwand noch denkbar. Kaminbauer Stude: „Viele Kunden wollen das aber nicht, weil solche Riesenschornsteine teuer und hässlich sind.“
Alte Kaminöfen von neuen Regeln nicht betroffen
Für Kaminöfen, die mit festen Brennstoffen wie Holz oder Pellets betrieben werden und schon vor 2022 errichtet und genutzt wurden, gilt Bestandschutz. Die Abgase dieser Öfen dürfen noch nach den alten, weniger strengen Regeln abgeleitet werden. Diese stehen in der ersten Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV Paragraf 19 Absatz 2). Danach gilt für die Höhe des Schornsteins:
- Dachneigung bis 20 Grad: Die Austrittsöffnung des Schornsteins muss den First um mindestens 40 Zentimeter überragen oder von der Dachfläche mindestens einen Meter entfernt sein.
- Dachneigung mehr als 20 Grad: Die Austrittsöffnung des Schornsteins muss den First um mindestens 40 Zentimeter überragen oder einen horizontalen Abstand von der Dachfläche von mindestens 2,30 Metern haben.
Zudem sind gewisse Abstände etwa zu Fenstern oder Türen der Umgebung einzuhalten.
Nach diesen Regeln für bereits existierende Kaminöfen sind zum Beispiel auf Steildächern kürzere Schornsteine mit der Schornsteinmündung unterhalb des Firsts möglich.
Modernisierung. Die alten, weniger strengen Schornstein-Regeln gelten auch für Immobilieneigentümer, die ihren alten vor 2022 betriebenen Kaminofen für feste Brennstoffe nun gegen einen neuen austauschen. Und auch, wenn eine alte Gas- oder Ölheizung durch zum Beispiel einen Pelletofen ersetzt wird (Pelletöfen im Test).
Ausnahmen: Neue Kaminöfen, alte Regeln
Besitzer von vor 2022 errichteten Immobilien dürfen einen neuen Kaminofen samt Schornstein ausnahmsweise ebenfalls nach den alten, weniger strengen Vorschriften errichten, wenn die neuen Regeln mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sind. Was unverhältnismäßig ist, steht nicht im Gesetz. Aber die Gesetzesbegründung nennt ein Beispiel (siehe unten: Fall 1). Experten, die wir befragt haben, nennen noch zwei weitere (Fälle 2 und 3):
- Fall 1: Heizung zu schwach. Von einem unverhältnismäßig hohen Aufwand ist dann auszugehen, wenn die Zentralheizung im Haus nicht genügend Wärme liefert, dieser Mangel durch einen Kaminofen kompensiert werden soll und der Ofen nirgends nach den neuen Regeln aufgestellt werden kann.
- Fall 2: Einsatz abgasarmer Kaminöfen. Corinna Kodim, Geschäftsführerin Energie, Umwelt, Technik beim Zentralverband Haus & Grund Deutschland vermutet, dass auch bei sehr immissionsarmen Kaminöfen der Schornstein noch nach den alten Regeln aufgestellt werden darf. Als emissionsarm gelten zum Beispiel Öfen mit dem Siegel „Blauer Engel“. Derzeit haben fünf Kaminöfen dieses Umweltzeichen vom Umweltbundesamt verliehen bekommen.
- Fall 3: Alleinstehendes Haus. Steht ein Haus weit entfernt von allen Nachbargebäuden und ist somit eine Gefährdung oder Belästigung der Nachbarn ausgeschlossen, wird der Bau des Schornsteins nach den alten Regeln eventuell auch erlaubt.
Wenn die Kosten unverhältnismäßig hoch sind
Ob auch hohe Kosten für einen Schornsteinbau nach den neuen Regeln Grund für eine Ausnahme sind, bleibt abzuwarten. Nico Märker, Leiter der Geschäftsstelle Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) in Wiesbaden, teilt auf Anfrage von Stiftung Warentest mit, technischer und – damit verbunden – wirtschaftlicher Aufwand könnten eine mögliche Unverhältnismäßigkeit im Einzelfall darstellen.
Aber ab wann sind die Mehrkosten, die durch Riesenschornsteine entstehen, so hoch, dass Immobilieneigentümer doch einen kürzeren Schornstein nach den alten Regeln bauen dürfen? Darüber kann man trefflich streiten. Gerichtsurteile zu dieser Frage liegen nicht vor. Die Stiftung Warentest hat mit einem Bezirksschornsteinfeger aus Niedersachsen gesprochen: In den oben dargestellten Fällen kann er sich eine Erlaubnis zum Schornsteinbau nach den alten Regeln vorstellen, Mehrkosten beim Schornsteinbau sieht er hingegen eher nicht als Grund für eine Ausnahme.
Erst mal mit dem Schornsteinfeger reden
Corinna Kodim von Haus & Grund weist darauf hin, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Schornsteinfeger im Einzelfall über die Frage der Unverhältnismäßigkeit entscheiden darf. Immobilieneigentümer, die diesen Ausnahmetatbestand in Anspruch nehmen möchten, müssen also nicht zwingend einen Antrag bei einer Behörde stellen. So steht es explizit in der Gesetzesbegründung zur ersten Bundesimmissionsschutzverordnung: Der Ausnahmetatbestand des Paragraf 19 kann „nach Beratung durch und in Absprache mit“ dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger „in Anspruch genommen werden“ (Bundesrats-Drucksache 607/21, Seite 16).
Aber: Besteht der Schornsteinfeger nach dem Gespräch mit dem Hauseigentümer auf einer Schornsteinhöhe gemäß den neuen Regeln, weil er keinen „unverhältnismäßig hohen Aufwand“ sieht, und bleibt der Immobilienbesitzer bei seiner Auffassung, dass bei ihm ein unverhältnismäßiger Aufwand vorliegt, bleibt ihm nur der Widerspruch bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde.
Tipp: Über die Internetseite schornsteinfeger.de finden Sie den für Sie zuständigen Bezirksschornsteinfeger.
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- Mehr Auswahl und sinkende Preise – das war die Hoffnung vieler Immobilienbesitzer, als vor sechs Jahren der freie Wettbewerb unter den Schornsteinfegern eingeführt...
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- Das umstrittene Heizungsgesetz ist beschlossen. test.de bietet einen Überblick, was im Gebäudeenergiegesetz steht und was das für Verbraucher heißt.
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- Auch wer mit nicht leitungsgebundener Energie aus Heizöl, Pellets oder Flüssiggas heizt, zahlt inzwischen deutlich mehr. Er kann jetzt Hilfe beantragen.
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Die Bundesregierung beschloss bereits vor fast einem Jahr, das Gebäudeenergiegesetz so zu ändern, das bereits in 11 Monaten (01.01.2024) jede in Alt- und Neubauten neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent oder mehr mit erneuerbaren Energien betrieben werden muß. Über 90% der neuen Heizungen werden daher ab 01.01.2024 Wärmepumpen-, Solarthermie- oder "Biomasseheizungen" (= Pellets, Scheitholz etc) sein!
Sehr ärgerlich für sich entscheiden müssende Haushalte daher, dass Stiftung Warentest Wärmepumpen noch nie testete.
Solarthermie-Anlagen (2009) sowie Biomasseheizungen (2011) wurden auch seit über einem Jahrzehnt nicht mehr getestet. Die Testartikel und Testübersichten sind auch nicht mal mehr bei Test.de gelistet.
@Merrill: Vielen Dank für die Testanregung, die wir gerne an das zuständige Untersuchungsteam und an unser Planungsgremium weitergeleiten. Wie schnell diese Anregung realisierbar ist, können wir derzeit nicht sagen, denn unser Test- und Terminplan ist bereits jetzt bis an die Grenze der Kapazitäten gefüllt. Aber Ihr Testwunsch ist registriert.
Seit 2011 (!) wurden Kaminöfen nicht mehr getestet. Dabei boomen diese seit Jahren, beginnend mit Corona laut Verbandsangaben, verschärft seit Energiepreisexplosion in 2022. Aktuell gibt es davon rd. 12 Mio Stück in Deutschland, nach 11,2 Mio Ende 2020 (PM Umweltbundesamt vom 02.02.2021).
Ende nächsten Jahres muß jedoch ein Großteil stillgelegt oder ersetzt werden. Denn dann gelten verschärfte Feinstaub-Grenzwerte der BImSchV für Kleinfeuerungsanlagen (Kaminöfen, Kachelöfen und Heizkamine), die zwischen 01.01.1995 und 21.03.2010 in Betrieb gingen und die festen Brennstoffen (= Holz, Pellets, Hackschnitzel oder Kohle) heizen.
Die Nachfrage nach neuen Kaminöfen wird also noch zunehmen.