

Gleich mehrere Behörden warnen: Salpetersäure-haltige Kalk- und Rostlöser wie das türkische Por Çöz sind gefährlich. Die Giftinformationszentren melden 134 Fälle zum Teil schwerer Verätzungen von Augen, Haut und Atemwegen.
Vor allem in türkischen Geschäften
Der Kalk- und Rostlöser ist bundesweit vor allem in türkischen Geschäften und Supermärkten zu haben. Er wird in einer blauen Flasche mit gelben Deckel und 900 Millilitern Inhalt angeboten. Laut Verbraucherschutzministerium Baden-Württemberg enthält er 23 Prozent Salpetersäure. Die Chemikalie ist giftig und ätzend.
Schon gut zwei Gramm lebensgefährlich
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nennt Details: Möglich sind Verätzungen dritten Grades, Nekrosenbildung, Schock, Ödeme, Luftnot und Hämolyse. Schon weniger als ein halbes Gramm Salpetersäure - das entspricht gut zwei Gramm des Reinigers - können tödlich sein. Besonders gefährlich: Zuweilen sei Reiniger mit hoher Salpetersäure-Konzentration nicht kindersicher verschlossen und falsch gekennzeichnet, berichtet das BfR.
test.de empfiehlt: Verwenden Sie den Kalk- und Rostlöser nicht, sondern bringen ihn zur nächsten Sammelstelle für giftige Abfälle.
[Update 15.10.2010] Nach Darstellung der Behörden hat der Importeur den Verschluss geändert und die Kindersicherung verbessert. Auch die Sicherheitshinweise und Produktinformationen seien inzwischen nicht mehr zu beanstanden. Das Umweltbundesamt prüft allerdings, ob es den Reiniger ganz aus dem Verkehr zieht. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.
[Update 29.10.2010] Das Umweltbundesamt hat Por Çöz verboten.
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Die Argumente der Behörden erscheinen mir
etwas sehr überzogen und es drängt sich
mir als Fachmann doch der Verdacht auf,
dass es in Wirklichkeit um ganz andere Dinge
als Verbraucherschutz geht, die aktuell gerade
bei den EU-Antiterrorgremien beraten werden.
Bei richtiger Kennzeichnung als verdünnte
Salpetersäure schon im Untertitel der Verpackung
nebst Hinweis, dass das Mittel auf keinen Fall für
Kupfer oder Messing angewendet werden darf,
besteht bei nicht zu grossflächigem Reinigen
eigentlich keine Gefahr für die Gesundheit.
Aber bereits der Hinweis auf eine geplante 3%-Grenze
der EU zeigt, worum es in Wahrheit geht.
Deutsche Behörden sind durch unzutreffende Vorhaltungen
eines Lobbyisten im Rahmen einer TV-Sendung zu Terrorismus
vor längerer Zeit in Panik geraten.
Deshalb strebte man EU-weite Verbote für hunderte Stoffe an.
Die EU plant auf Druck der dt. Behörden 2006-2008 für
Salpetersäure ab lächerlichen 3% eine Erlaubnispflicht
für Besitz und Erwerb. Das i
@menschmeier und Till Wollheim:
Es geht an der Realität vorbei, hier Verbraucher zu beschimpfen.
Nur wer ausreichend informiert ist, kann entscheiden, ob er Handschuhe (oder mehr) tragen will.
Wenn aber auf der Verpackung überhaupt nichts über die Gefahren steht - woher soll man das denn wissen? Niemand ist Hellseher und kaum jemand schickt einen Reiniger erstmal zur Analyse, weil er dem Hersteller misstraut.
Und wenn es tatsächlich so ist, dass dieses Produkt 2003 schon beanstandet wurde, 2010 aber immer noch nicht die erforderlichen Hinweise enthält, dann müssen sich die zuständigen Behörden fragen (lassen), warum noch kein Verkaufsstopp verhängt wurde.
Das baden-württ. Verbraucherschutzministerium hat in seiner Warnung von 2003 auch auf eine Abbildung der Gebrauchsanleitung des Mittels verwiesen: <http://www.mlr.baden-wuerttemberg.de/style_img/artikel_img/17474/image001.jpg>. In der deutschsprachigen Anleitung steht dort zwar in roter Schrift: "Vor Kindern fern halten", doch über die stark ätzende Wirkung und daß es sich um 23-prozentige Salpetersäure (!) handelt, ist NICHTS zu lesen. - Sollte dies bei den heutzutage vertriebenen Behältern immer noch der Fall sein, so sind doch Unfälle im Alltagsgebrauch praktisch schon vorprogrammiert!
Die lesenswerte Warnung des baden-württ. Verbraucherschutzministeriums datiert schon aus dem Jahre 2003: <http://www.mlr.baden-wuerttemberg.de/Vorsicht_vor_dem_Gebrauch_des_Reinigungsmittels_der_Marke_Por_oez_Rust_Dissolvant/17430.html>. Es wäre sehr bedenklich, wenn das Produkt immer noch ohne - auf dem Produkt angebrachten (!) - auffälligen Warnhinweis vertrieben werden sollte.
23,7 % der Unfälle wurden durch Einatmen verursacht, also nicht nur durch "dumme Kunden" (Till_Wollheim), die sich so "dusselig anstellen" (menschmeier), daß z.B. ihre Kleinkinder das Putzmittel trinken (59,1 %).
"Fahrlässige Untätigkeit" (anonymel) liegt auch nicht vor: Das BfR hat von 1999 - 2010 Fälle gesammelt, also erst über ein Jahrzehnt kommt die hohe Zahl von 134 zustande. In der lesenswerten Quelle steht weiteres, s. rechte Spalte dieser Seite, unten: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Homepage, "Zu Risiken Salpetersäure-haltiger Reinigungsmittel" (86 kB PDF-Datei), S.5/ 6.