
Nestlé macht mit seinem Nespresso den besten Kaffee im Test. Doch die Konkurrenz zieht nach. Auch andere Anbieter verkaufen aromatischen Kaffee in Kapseln, darunter Lavazza und Senseo.
Sechs Gramm Kaffeemehl, verschweißt in einem blau schimmernden Aludöschen – die Kapsel Vivalto Lungo von Nespresso ähnelt einer Praline. „Eine schöne Röstnote und eine zarte blumige Note“ verspricht die Verpackung. Das Döschen gehört zu den „Grand Crus“ der Nespresso-Welt. Was übersetzt „große Gewächse“ bedeutet, ist sonst eher Attribut edler Weine.
Nespresso-Kapseln gibt es nicht im Supermarkt. Kunden besuchen spezielle Boutiquen oder den Nespresso-Club im Internet. Exklusivität, Luxus, Genuss – so vermarktet Nestlé seit den 90er Jahren die Nespresso-Kapseln. Durch sie entstand ein Markt, auf dem sich jetzt viele Anbieter tummeln und kleine Kaffeeportionen teuer verkaufen. Ist der Kapselkaffee so edel, wie er daherkommt?
Die Besten

Sensorische Prüfung. Eine von acht Prüfpersonen, die den Kaffee verkosten.
Sensorisch überzeugen fast alle geprüften Produkte. Eine braunmelierte, stabile Schaumkrone, deutliche Röstnoten, ein kräftiges Aroma charakterisieren den Kaffee, der auch Lungo, Crema oder nur Kaffee heißt. Sieger unter den 14 marktbedeutenden Produkten im Test ist Vivalto Lungo von Nespresso, sensorisch sogar ein sehr guter Kaffee. 37 Cent kostet die Kapsel. Sechs weitere Produkte erreichen auch ein gutes Gesamturteil, darunter die Kapseln von Aldi Süd für nur 17 Cent pro Stück. Teils schneiden die dazugehörigen Maschinen aber nur befriedigend ab.
Die Mittelmäßigen
Der einzige Kaffee, der Nespresso geschmacklich das Wasser reichen kann, ist Cafèt Lungo von Netto Marken-Discount. Sensorisch ist er ebenfalls sehr gut, enttäuscht aber – ebenso wie der zweite Kaffee dieses Anbieters im Test – durch viel Acrylamid. Der Schadstoff entsteht beim Kaffeerösten und ist möglicherweise krebserregend.
Der Caffè Crema von Tchibo Cafissimo liegt aus anderem Grund hinten: Er schmeckte nur mittelmäßig. Auch die Kapseln von Aldi (Nord) und Lidl schneiden insgesamt nur befriedigend ab. Sie funktionierten – anders als ausgelobt – in den Nespresso-Maschinen nicht problemlos. Bei sechs Produkten drückt der übertriebene Verpackungsaufwand auf die Benotung.
Die Systemfrage
Wer Kaffeekapseln kauft, kann nicht frei wählen. Sie müssen zur Maschine passen, die zuhause oder im Büro steht oder angeschafft werden soll (Test Kapselkaffeemaschinen, test 11/2015). Am wenigsten Wahlfreiheit lassen Kapseln, die nur für ein Maschinensystem bestimmt sind, etwa Cafissimo und Tassimo.
Eine enge Kapsel-Maschinen-Abhängigkeit bestand ursprünglich auch beim Nespresso-System. Das ist vorbei: 2013 verlor Nestlé vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf im Streit um den Patentschutz für die Nespresso-Kapseln. Die Richter sahen die erfinderische Leistung fürs Nespresso-System nur bei der Technik der Maschinen, nicht aber bei den Kapseln.
Seither dürfen Nachahmer ihre Kapseln beispielsweise als „kompatibel mit dem Nespresso-System“ ausloben. Das hat den Markt befeuert. Vor allem Discounter und traditionelle Kaffeefirmen bieten kompatible Kapseln an. Im Test sind sechs vertreten. Sie haben ein ähnliches Format wie das Original. Die Döschen bestehen aber überwiegend aus Kunststoff statt Aluminium, enthalten anderen Kaffee und kosten weniger. Das macht Verbraucher flexibler. Außerdem gibt es viele Maschinen, die fürs Nespresso-System lizensiert sind – so auch die besten im Test von Kapselmaschinen.
Die Passform
Im Labor probierten wir, wie die sieben Kapselprodukte für Nespresso-Maschinen in unterschiedlichen Geräten funktionieren. Wir nutzten je eine Maschine von De’Longhi und Krups. In beiden bereiteten die Kapseln von Aldi (Nord) und Lidl häufig Probleme: Sie verformten sich oder wurden nicht richtig angestochen. Teils tröpfelte der Kaffee nur aus der Maschine. Das führt zur Abwertung des Gesamturteils.
Die gebrühten Kaffeemengen
Aus den Kapseln, die kompatibel fürs Nespresso-System sein sollen, produzieren die beiden Maschinen im Test unterschiedliche Kaffeemengen. Mit dem Gerät von De’Longhi wichen die gemessenen Kaffeemengen wenig von dem ab, was die Verpackungen versprechen. Anders mit dem Gerät von Krups: Wenn der Kaffee damit in Werkseinstellung zubereitet wurde, flossen im Durchschnitt 24 Prozent weniger in die Tasse als auf der Packung versprochen.
Die Prüfer stellten auch fest: Der gleiche Kaffee kann aus verschiedenen Maschinen unterschiedlich schmecken. Die Krups macht einen eher kräftigeren Kaffee. Mit der De’Longhi ist die Chance auf eine feste, langanhaltende Crema größer.
Die Schadstoffbelastung

Acrylamidmessung. Das Gerät zieht die Proben automatisch ein und analysiert sie.
Alle Kaffees im Test enthalten Schadstoffe, allerdings keine besorgniserregenden Gehalte. Viel Acrylamid wiesen wir sowohl im Cafèt Lungo als auch im Crema Classico von Netto Marken-Discount nach. Die Gehalte entsprechen etwa 70 Prozent des EU-Richtwerts für Acrylamid. Die Substanz entsteht zwangsläufig beim Kaffeerösten, aber nicht zwingend in dieser Größenordnung. Andere Produkte sind deutlich geringer belastet. Acrylamid hat sich im Tierversuch als krebserregend und erbgut- verändernd erwiesen und gilt für den Menschen als möglicherweise krebserregend.
Den niedrigsten Acrylamidgehalt, nur ein Drittel des Richtwerts, hatte Tchibo Cafissimo. Aber bei Furan, einem anderen Schadstoff, ist der Tchibo-Kaffee nicht besser als die anderen. Die Aromakomponente Furan bildet sich ebenfalls im Röstprozess. Je aromatischer der Kaffee, desto mehr Furan. Das Problem: Es gilt als möglicherweise krebserregend für Menschen; das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht derzeit aber kein akutes Risiko.
Beim Brühen geht Furan in den Aufguss über – bei der Zubereitung mit geschlossenen Systemen wie Kaffeevollautomaten oder Kapselmaschinen mehr als bei „normalen“ Kaffeemaschinen oder Handaufguss. Je offener das System, desto mehr dampft ab vom flüchtigen Furan. Kühlt der Kaffee ab, entweicht Furan ebenfalls.
Weitere Schadstoffe wie Blei, Kupfer, Nickel, Mineralöle und das Schimmelpilzgift Ochratoxin A wiesen wir höchstens in Spuren nach. Weichmacher aus Kunststoff fanden wir nicht, Aluminium dagegen im Kaffeemehl jeder Kapsel, aber nur sehr wenig. Zudem gehen davon maximal 4 Prozent ins Getränk über. Das ist unkritisch: Eine 60 Kilogramm schwere Frau könnte pro Woche etwa 20 000 Tassen trinken, bevor sie das empfohlene Limit überschreitet.
Der Verpackungsaufwand
Kaffeekapseln sind sehr spezielle Konstrukte. Mindestens zwei Materialschichten umhüllen jede Portion Kaffee: erst die Kunststoff- oder Aluminiumkapsel, dann eine Schachtel oder ein Beutel. Die nicht versiegelten Kapseln von DE Senseo, Jacobs Momente und Lidl sind sogar dreifach verpackt. Während andere Kapseln unter Schutzgas abgefüllt sind und erstmals von den Maschinen durchstoßen werden, haben diese drei von vornherein Löcher. Zusätzliche Folienbeutel schützen ihr Aroma. Das bedeutet: noch mehr Müll.