Dr. Klaus Hurrelmann ist Sozialwissenschaftler und Professor an der Hertie School of Governance in Berlin. Er fordert mehr Finanzbildung an Schulen.
Warum fordern Sie Ökonomie als Pflichtfach an Schulen?
Hurrelmann: Wir leben in einer Welt, in der im Alltag praktisch keine Entscheidungen ohne wirtschaftliche Komponenten getroffen werden. Die schulischen Lehrpläne sind jedoch weitgehend für einen wirtschaftsfreien Raum konzipiert. Das muss sich ändern.
Was haben Sie festgestellt, als Sie für eine aktuelle Studie Jugendliche nach ihrer finanziellen Lebensplanung befragt haben?
Hurrelmann: Schüler lernen in unserem Bildungssystem nicht, wie man mit Geld umgeht. Als Verbraucher und Konsumenten sind sie teilweise überfordert. Auch für ihre spätere Rolle als Arbeitnehmer und Steuerzahler sind sie schlecht vorbereitet.
Häufig wird kritisiert, dass junge Leute zu wenig für die Altersvorsorge tun. Können Sie das bestätigen?
Hurrelmann: Ja, natürlich. Wer kann und will schon im Alter von 20 Jahren Rücklagen für die Rente bilden? Unser Rentensystem verlangt eine Eigeninitiative, die junge Menschen faktisch nicht umsetzen. Nach dem alten System hat die gesetzliche Rente automatisch zu einer Altersvorsorge geführt. Das hat sich geändert. Vor allem junge Leute, die später einmal von den Rentenkürzungen betroffen sein werden, wissen noch zu wenig über die private und über die betriebliche Altersvorsorge.
Was muss sich ändern, damit Jugendliche besser vorsorgen?
Hurrelmann: Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber nachbessert und Jugendlichen die Altersvorsorge erleichtert. Zum Beispiel könnte Arbeitnehmern und Auszubildenden eine betriebliche Altersvorsorge auferlegt werden. Heute ist die Vorsorge über den Betrieb keine Pflicht. So nutzen nur Personen die Entgeltumwandlung, zum Beispiel eine Direktversicherung, die sich aktiv darum kümmern.
Brauchen wir neue Produkte für junge Leute?
Hurrelmann: Bausparverträge, wie sie bisher angeboten werden, halte ich durchaus für sinnvoll. Diese können auch dann gute Erträge bringen, wenn nicht gebaut wird. Generell brauchen junge Leute aber mehr flexible Produkte für die Altersvorsorge. Die Vertragslaufzeiten sollten überschaubar sein. Angebote mit zum Beispiel zehnjährigen Laufzeiten, die bei Bedarf bis zur Rente laufen, wären wünschenswert.
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