
Wieder hoffnungsvoll. Hoch dosiertes Johanniskraut kann helfen, eine depressive Phase zu überwinden. © plainpicture / DEEPOL / Kniel Synnatzschke
Etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann sind im Laufe ihres Lebens von einer Depression betroffen. Pflanzliche Arzneimittel mit Johanniskraut verheißen Hilfe auf natürliche Art. Die Stiftung Warentest hat für 18 Präparate – darunter Tabletten, Kapseln, Tee und Saft – die Studienlage gesichtet und sie im Labor auf Pflanzengifte untersucht. 10 der 18 Stimmungsaufheller mit Johanniskraut im Test sind einen Versuch wert, darunter auch rezeptfreie Mittel.
Welche Mittel bei depressiven Phasen helfen
Johanniskraut gilt seit langem als natürliches Antidepressivum
Wenn Müdigkeit, Erschöpfung, Grübeln nicht vorbeigehen und nichts mehr Freude macht, ist das oft mehr als nur ein Durchhänger. Ärzte verordnen zunehmend Antidepressiva, mehr Menschen greifen zu rezeptfreien stimmungsaufhellenden Mitteln. Besonders beliebt: pflanzliche Arzneien mit Johanniskraut. Schon der Arzt Paracelsus empfahl Johanniskraut im 16. Jahrhundert bei psychischen Erkrankungen.
Das bietet der Johanniskrautmittel-Test der Stiftung Warentest
Testergebnisse. Die Tabellen zeigen Bewertungen der Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest für 18 Mittel mit Johanniskraut im Test, darunter verschreibungspflichtige und rezeptfreie aus der Apotheke sowie frei verkäufliche Mittel etwa von Tetesept oder Kneipp. Unsere Experten prüften, ob günstige Effekte der Mittel belegt und ob Nutzen und Risiken ausreichend geklärt sind. Außerdem ist aus den Tabellen ersichtlich, ob und wie stark die 18 Johanniskrautpräparate mit Pflanzengiften aus der Gruppe der Pyrrolizidinalkaloide belastet sind.
Tipps und Hintergrund. Die Arzneimitteltester der Stiftung Warentest geben Empfehlungen zur Einnahme und Dosierung. Sie sagen, welche Nebenwirkungen möglich sind, wer Johanniskraut nicht nehmen sollte und was zu beachten ist, wenn Betroffene andere Medikamente einnehmen. Ein Arzt erklärt im Interview unter anderem, wo die Grenzen von Johanniskraut liegen.
Heftartikel. Wenn Sie das Thema freischalten, erhalten Sie Zugriff auf das PDF zum Testbericht aus test 11/2020.
18 Mittel mit Johanniskraut im Test
Die Stiftung Warentest hat untersucht, ob die Johanniskrautmittel im Test wirklich den Leidensdruck lindern können. Neben verschreibungspflichtigen und rezeptfreien Medikamenten aus der Apotheke bewerteten wir auch frei verkäufliche Mittel wie Tees, Säfte und Dragees mit Johanniskrautpulver, die zum Beispiel Drogerien oder Reformhäuser anbieten. Unsere Gutachter sichteten dafür Studien zu Wirksamkeit und Risiken. Ihr Fazit: Nicht jede der Arzneien hilft nachweislich. 10 der Präparate können unsere Gutachter aber empfehlen, sie bewerten sie mit „geeignet“: Studien belegen, dass sie alle bei leichten, einige von ihnen auch bei mittelschweren depressiven Phasen wirken.
Bildergalerie: Alle Johanniskraut-Mittel im Test
Starke Wechselwirkungen sind möglich
Ein Vorteil der Johanniskrautmittel: Nebenwirkungen treten seltener auf als bei synthetischen Antidepressiva. Übelkeit, Kopfschmerzen, Ausschlag und eine erhöhte Empfindlichkeit der Haut auf Sonnenlicht sind aber möglich. Zudem kann Johanniskraut – abhängig von Dosis und Behandlungsdauer – die Wirkung anderer Medikamente teils verstärken oder schwächen. Wer Mittel mit Johanniskraut einnehmen möchte, sollte sich unbedingt über mögliche Wechselwirkungen informieren und am besten vorher mit dem Arzt sprechen.
Im Labor auf Pflanzengifte untersucht
Wir haben alle Mittel im Labor auch auf bestimmte Pflanzengifte untersucht. Durch mitgeerntete Beikräuter, die Johanniskraut im Aussehen ähneln, können giftige Pyrrolizidinalkaloide (PA) hineingelangen. Gute Nachricht: Die Produkte im Test sind höchstens gering belastet.
Welche Mittel bei depressiven Phasen helfen
Bei Depressionen Hilfe suchen
Wichtig: Bei einer schweren Depression sind Johanniskrautpräparate nicht das Mittel der Wahl. Aber auch wer mit einer leichten depressiven Verstimmung rezeptfreie Mittel mit Johanniskraut probiert und nach etwa einem Monat weiter im Tief steckt, sollte unbedingt mit seinem Arzt sprechen. Spätestens wenn Betroffene den Alltag nur mit großer Anstrengung meistern, sollten sie Hilfe suchen – beim Hausarzt, Psychotherapeuten, Psychiater oder bei Beratungsstellen.
Weiterführende Infos der Stiftung Warentest
Auch die Stiftung Warentest bietet aktuelle Informationen zum Thema:
- Alternativen zu Johanniskraut enthält unser Buch Medikamente im Test - Depressionen & Burnout.
- Angehörige und Freunde erhalten wertvolle Hilfe im Buch Depression: Das Richtige tun.
- Test: Auch manche Online-Programme, die bei Depressionen Hilfe versprechen, sind laut einem früheren Test der Stiftung Warentest empfehlenswert.
Welche Mittel bei depressiven Phasen helfen
-
- Depression lässt sich manchmal nur mit Medikamenten behandeln. Doch nicht jeder Wirkstoff ist tatsächlich geeignet. Sind Antidepressiva ein Segen oder wirkungslos und...
-
- Erschöpft, traurig, ohne Antrieb – Depressionen lähmen. Laufen als Therapie klingt zunächst abwegig. Doch Studien zeigen: Joggen ist ein Antidepressivum. Aber auch...
-
- 28 Millionen Menschen gehen laut einer Allensbach-Umfrage in Deutschland ab und zu in eine Therme. Doch wie sieht es mit den gesundheitlichen Wirkungen aus? Was müssen...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@EinSchwabe: Eine Bewertung zu Neurapas finden Sie in unserer Datenbank Medikamente. Es wird bei vorübergehenden depressiven Verstimmungszuständen als „wenig geeignet“ eingestuft. Ausführliche Informationen finden Sie hier: https://www.test.de/medikamente/medikament/neurapas-balance-filmtabletten-n4065/ .
Titandioxid: Das Verbot gilt nur für Lebensmittel. Die Zulassungsbehörden für Medikamente befassen sich aber bereits mit dem Thema. Eine Gefährdung durch Titandioxid ist bislang nicht belegt. Der Stoff hat vielfältige Eigenschaften, die für die Herstellung insbesondere von Tabletten notwendig sind. Ausweichstoffe müssen erst sorgfältig auf Eignung und Unbedenklichkeit getestet werden. Es gibt eine Übergangsfrist insbesondere um Arzneimittelengpässe zu vermeiden. Talkum: Eine Gefährdung durch das Einnehmen von Tabletten ist nicht bekannt. Das Einatmen von größeren Mengen Talkstaub kann gefährlich sein und die Lunge schädigen. Allerdings sollte das, bei der Einnahme von Tabletten keine Rolle spielen. Eine krebsauslösende Wirkung von Talkum nach dem Einatmen wird hauptsächlich enthaltenem Asbest zugeschrieben. Nach dem Europäischen Arzneibuch muss Talkum aber frei von Asbest sein.
Guten Tag!
Ich habe zwei Fragen:
1. Wurde auch das Medikament Neurapas von der Firma Pascoe getestet und falls nein, weshalb nicht? In irgendeinem Zsh. wurde Neurapas getestet: https://www.test.de/medikamente/medikament/neurapas-balance-filmtabletten-n4065/ Aber ich weiß nicht, wo.
2. Wenn man die Inhaltsstoffe der Medikamente durchsieht, findet man bei den hier erwähnten Medikamenten aus der Apotheke immer Titandioxid als Hilfsmittel. Titandioxid wurde für Lebensmittel verboten und gilt als gesundheitsschädlich. Meistens ist auch Talkum enthalten, das krebsfördernd sein soll (jedenfalls, wenn es als Staub eingeatmet wird, deshalb ist Talkum in Pudern problematisch. Niemand kann garantieren, dass es in Tabletten problemlos ist und in Zukunft nicht weitere Gefahren von Talkum bekannt werden).
Wie bewerten Sie das Risiko durch Titandioxid?
Wie bewerten Sie das Risiko durch Talkum?
(Das in Frage 1 erwähnte Neurapas enthält zumindest kein Titandioxid, aber es enthält Talkum).
Ich bin irrtümlich davon ausgegangen das in den Drogeriekapseln auch Trockenextrakt enthalten ist, dabei ist es nur Pulver. Mein Fehler, dann macht es natürlich Sinn.
Meiner persönlichen Erfahrung nach hilft das Pulver zwar sehr ähnlich. Aber ich werde jetzt nochmal das Extrakt ausprobieren.
Das Heft von November 20 habe ich vorliegen und nochmal gelesen.
@biborinho: Wir geben sehr wohl eine Begründung, warum wir nur die apothekenpflichtigen Mittel empfehlen: Nur sie enthalten ausreichend hoch dosierte Trockenextrakte. Außerdem spielt die Zubereitung eine Rolle: Für Trockenextrakte entzieht ein Lösemittel die Wirkstoffe aus der Pflanze. Sie sind dadurch deutlich höher konzentriert als in Pulver und Saft. Saft wird aus frischem Kraut samt Blüten gepresst. Für Tee und Johanniskrautpulver (z.B. in Dragees und Kapseln enthalten) wird das Kraut getrocknet und zerkleinert.
Das alles ist nachzulesen, wenn Sie das Thema freischalten.
Ich kann mich an die Kritik der vorherigen Kommentare nur anschließen.
Es wird leider nur pauschal behauptet das die rezeptpflichtigen bzw. rezeptfreie aus der Apotheke eine nachgewiesene Wirkung haben.
Die frei verkäuflichen Tabletten aus der Drogerie oder ähnliches dagegen nicht.
Wieso nicht? Ist dort nicht der gleiche Trockenextrakt Johanniskraut drin enthalten?
Erklärungen bleiben aus, getestet wurde leider nur die Schadstoffbelastung. Ist natürlich auch sehr interessant. Aber das Hauptaugenmerk ist doch die Wirkung! Hierzu keine erklärungen oder Tests. Sehr enttäuschend, wenn man bedenkt das die Apotheke ein vielfaches des Preises verlangt bei eventuell gleicher Wirkung, da auf der Verpackung der gleiche Inhaltsstoff steht... Schade, für mich totale Enttäuschung eines sehr wichtigen Themas.