
Jeans müssen cool sein: Schon beim Kauf sollen sie abgetragen wirken. Arbeiter in Asien, Italien oder der Türkei bearbeiten den Denim dafür. Arbeitsschutz wird dabei oft vernachlässigt. Das zeigt der CSR-Test: test hat untersucht, wie ernst Jeanshersteller ihre soziale und ökologische Verantwortung (Corporate Social Responsibility: CSR) nehmen. Fazit: Die Branche hält vieles unter Verschluss.
Größter Textilkonzern der Welt schweigt
15 Jeans – von 10 Euro bis 249 Euro – hat die Stiftung Warentest auf Haltbarkeit, Passform und Schadstoffe untersucht Test Männerjeans. Das überraschende Ergebnis: Gute Denim-Ware gibt es bereits für wenig Geld. Weitere Erkenntnis: Unter welchen Bedingungen die Jeans hergestellt werden, wollten viele Anbieter nicht verraten. Wie wichtig sind der Firma die Mitarbeiter und die Umwelt? „Auskunft verweigert“ hieß es hier bei den Anbietern Diesel, Hugo Boss, Jeans Fritz, Kuyichi und Salsa – ebenso 7 for all mankind, Lee und Wrangler, die zur VF Corporation gehören. Die VF ist nicht irgendwer, sondern das größte Textilunternehmen der Welt, dem viele weitere Marken wie etwa The North Face gehören. Am Ende bekamen die Tester keine einzige chinesische Fabrik zu Gesicht. Dabei ist China der größte Jeansproduzent der Welt.
H&M produziert in Bangladesch
Immerhin sieben Jeansanbieter öffneten ihre Fabriken, darunter H&M und Kik in Bangladesch sowie Levi’s in Pakistan. Ein wirklich starkes Engagement wird aber nirgendwo gelebt. Selbst in Italien, wo G-Star und Nudie produzieren lassen, gab es große Schwachstellen: Lieferanten werden ungenügend kontrolliert, teils fehlt es an Arbeitnehmervertretungen. Am Ende stehen H&M und Zara am besten da, obwohl auch sie nur durchschnittliches Engagement unter Beweis stellen.
Der Arbeitsschutz reicht nicht aus

Oft wird den Jeans mit Sprühpistolen der letzte Schliff gegeben. Hier trägt ein Arbeiter stellenweise Farbe auf.
Oft wird den Jeans mit Sprühpistolen der letzte Schliff gegeben. Hier trägt ein Arbeiter stellenweise Farbe auf.
Eine der kritischsten Stufen in der Produktion ist die Veredlung. Hier werden die Jeans an ihrer Oberfläche stark bearbeitet, um abgetragen auszusehen (used look). Hier kommen Bimssteine, Harz, Sand oder Chemikalien zum Einsatz. Es passiert, dass Arbeiter in Ohnmacht fallen, weil sie bei großer Hitze Chemikalien aufsprühen und die Belüftung ausgestellt wurde. Unzureichender Arbeitsschutz ist ein großes Problem der Branche. Außerdem sind viele Arbeiter unzufrieden mit ihrem Lohn, da sie davon nicht leben können. Das ergaben Interviews in den Produktionsstätten. Auch Überstunden sind außerhalb Europas weiter ein Problem. Sie liegen oft über dem Erlaubten oder werden nicht immer angemessen bezahlt.
Sandstrahlen wird weiter praktiziert

Sandstrahlen mitten in Italien: Trotz des Schutzanzugs besteht Gesundheitsgefahr. Die feinen Sandpartikel gelangen überall hin.
Auch mithilfe von Sandstrahlen können Jeansanbieter ihren Hosen ein abgetragenes Aussehen geben. Der feine Sandstaub kann aber die Lungen der Arbeiter schädigen und schlimmstenfalls zum Tod führen. Besonders in der Türkei sind seit 2004 gehäuft Erkrankungen und Todesfälle aufgetreten. Keine der 15 Jeans im Test wurde mit Sand behandelt, wie ein Experte bestätigte. Dennoch haben die Tester in mehreren Produktionsstätten gesehen, dass das Sandstrahlen weiter praktiziert wird. In der Regel erledigen das Subunternehmer, die für mehrere Auftraggeber arbeiten. H&M etwa hat sich vom Sandstrahlen losgesagt. Doch in der gleichen Fabrik in Bangladesch, wo H&M Jeans produzieren lässt, wurde es für andere Anbieter eingesetzt. Der schwedische Anbieter Nudie bekennt sich zum Sandstrahlen und glaubt, die Schutzanzüge der Arbeiter seien sicher. Kunden sollten beim Einkauf neuer Hosen daher kritisch nachhaken: Tipps.
Suche nach der grünen Jeans

Qualitätskontrolle in Bangladesch: Diese Frauen überprüfen, ob die Hosen sauber genäht wurden. Anschließend wird die Ware verpackt.
Qualitätskontrolle in Bangladesch: Diese Frauen überprüfen, ob die Hosen sauber genäht wurden. Anschließend wird die Ware verpackt.
Bei der Jeansproduktion fallen viele Mengen an Wasser an. Eine Analyse von Levi’s zeigt, dass neben dem Baumwollanbau auch die Wäscherei am Ende der Produktion betroffen ist – bis zu 42 Liter Wasser werden pro Hose verbraucht. Anbieter feilen darum an umweltfreundlicheren Waschtechniken, die den Wasser- und Chemikalienverbrauch senken. Auch recycelter Denim und Biobaumwolle sollen Jeans grüner machen. Zwei Anbieter im Test, Kuyichi und Nudie, bieten Jeans aus Biobaumwolle an. Nudie konnte das Biozertifikat Gots (Global organic textile standard) vorlegen, ließ aber auch Fragen offen. Die Kuyichi-Philosophie blieb gänzlich im Dunkeln. Die Firma schwieg zu allem. Zudem erwies sich ein Tracking Code in der Kuyichi-Jeans – er soll es möglich machen, dass Produktionsorte im Internet zurückverfolgt werden können – als nutzlos. Er funktioniert nicht. Nicht gerade glaubwürdig für einen selbsternannten Bio-Vorreiter Tracking System für Ökomode: Leere Versprechen.
CSR-Test Jeans: So testete die Stiftung Warentest
Alle projektspezifischen Kriterien zur Bewertung der Unternehmensverantwortung zum CSR-Test Jeans zum kostenlosen Download (pdf, 15 Seiten).
Hinweis: test hat gleichzeitig auch die Jeans selbst auf ihre Passform und ihr Durchhaltevermögen getestet: 15 Männerjeans im Test