
Viele Diabetiker leiden unter Nervenschäden. Sie nehmen Schmerzen durch Verletzungen oder Druckstellen etwa an den Füßen nicht mehr wahr. So entstehen teils offene Wunden, im schlimmsten Fall droht die Amputation. Britische Ärzte haben einen simplen Test entwickelt, der Diabetikern helfen soll, Nervenschädigungen selbst zu erkennen. Stiftung Warentest hat mehrere Studien ausgewertet: Sie belegen, dass der Selbsttest fast ebenso sichere Ergebnisse liefert wie die Diagnose im Krankenhaus.
Der Test funktioniert nur zu Zweit
Der Berührungstest wurde in einem Krankenhaus der britischen Stadt Ipswich entwickelt und nach seinem Herkunftsort benannt. So führen Betroffene den Selbsttest zu Hause durch: Der Diabetes-Patient schließt die Augen. Ein Verwandter, Freund oder Pflegender berührt dann für ein bis zwei Sekunden die Spitzen der ersten, dritten und fünften Zehe beider Füße des Betroffenen leicht mit der Spitze des Zeigefingers. Der Diabetiker soll bei jeder gespürten Berührung ein Signal geben, und die Hilfsperson sollte das Ergebnis jeweils schriftlich festhalten. Nimmt der Betroffene die Berührung an zwei oder mehr Stellen nicht wahr, kann das auf eine durch Diabetes verursachte Nervenschädigung (diabetische Neurophatie) hinweisen. Bestätigt ein Arzt die Diagnose, müssen die Füße entlastet und sorgfältig gepflegt werden.
Auch von Laien anwendbar
Der Ipswich-Berührungstest wurde ursprünglich zur Anwendung im Krankenhaus entwickelt. Ärzte sollten damit einfach und ohne ein spezielles Gerät prüfen können, ob die Füße ihrer Diabetes-Patienten während des Krankenhausaufenthalts speziellen Schutz brauchen. In einer Studie mit 331 durchschnittlich 60 Jahre alten Teilnehmern wurde nun untersucht, ob Diabetiker mithilfe des Berührungstests auch zu Hause zu richtigen Diagnosen kommen. Dazu führten die Studienteilnehmer den Test einmal zu Hause mit einer ungeschulten Hilfsperson durch und wurden zusätzlich, mit der gleichen Methode, durch medizinische Fachkräfte im Krankenhaus untersucht. Ergebnis: Laien können die Methode ebenso gut durchführen wie geschultes Personal. Nur bei 7 der 331 Patienten wich das Ergebnis im Heimtest von dem in der Klinik ab.
Hohe Genauigkeit trotz simpler Methode
Um die Genauigkeit des Ipswich-Tests zu prüfen, wurden die Ergebnisse zusätzlich mit denen des aufwendigeren Monofilament-Tests verglichen. Dabei handelt es sich um eine Diagnose-Methode, die mithilfe eines medizinischen Gerätes durchgeführt wird und Fachwissen voraussetzt. Die Quote richtiger Befunde im Vergleich mit den Monofilament-Tests lag recht hoch: Mehr als drei Viertel der Patienten, bei denen schon mithilfe des Monofilament-Tests eine Nervenschädigung festgestellt worden war, kamen zu Hause mit dem einfachen Berührungstest zum gleichen Ergebnis. Nur rund 5 Prozent der gesunden Füße wurden fälschlicherweise als nervengeschädigt eingestuft.
Das können Betroffene tun
Führen Sie den Ipswich-Test regelmäßig gemeinsam mit einer Hilfsperson durch. Kontrolltermine beim Arzt sollten Sie trotzdem weiterhin wahrnehmen. Um diabetischen Nervenschäden vorzubeugen, ist eine gute Blutzuckerkontrolle unerlässlich. Betroffene sollten ihre Füße zudem regelmäßig auf Blasen, Druckstellen, Rötungen, Risse, Verhornungen, Hühneraugen oder Nagelpilz untersuchen. Medizinische Fußpflege durch einen geschulten Podologen ist dabei hilfreich. Ebenfalls wichtig: Gut sitzende Schuhe. Diese sollten ausreichend Platz für die Zehen bieten, aus weichem Material sein, eine flache, wenig biegsame Sohle und keine drückenden Innennähte haben.
Tipp: Die Füße schwellen gegen Abend meist an, kaufen Sie Schuhe deshalb am besten spätnachmittags. Weitere Tipps und Fakten zu Therapie, Medikamenten und vermeidbaren Folgeerkrankungen bei Diabetes finden Sie in unserem Ratgeber Diabetes Typ 2: Wie Sie gezielt gegensteuern. Das Buch hat 208 Seiten und ist für 19,90 Euro im test.de-Shop erhältlich.