
Dorit W. ärgert sich wie viele Leser über die Tücken der neuen Fondsbesteuerung. © Thorsten Joachim
Die neue Investmentfondsbesteuerung sorgt bei vielen Lesern für Ärger. Grund ist die nicht nur für Laien verwirrende Regelung zu Teilfreistellungen und dem Umgang mit neu aufgelaufenen Verlusten. Die Steuerexperten der Stiftung Warentest erklären, wie Banken rechnen müssen – und womit Anleger rechnen müssen.
Verwirrende Investmentsteuerreform
So wie Dorit W. ging es vielen Lesern, die ihre Fondsabrechnung in den Händen halten: Bei der Umstellung auf die neue Fondsbesteuerung wurden die Anteile am 31. Dezember 2017 fiktiv ver- und wieder gekauft und der bis dahin steuerpflichtige Gewinn festgestellt. Bei W. waren es bei einem Fonds 787,83 Euro, die aber erst bei einem späteren Verkauf berücksichtigt werden. Als der Fonds 2018 schlecht lief, verkaufte sie ihre Anteile und machte einen Verlust von 701,88 Euro. Ein Gewinn von 787,83 Euro bis 2017 und 2018 ein Verlust von 701,88 Euro – der steuerpflichtige Gewinn beträgt 85,95 Euro, dachte Weber. Ihre Wertpapierabrechnung zeigte aber 296,54 Euro an. Der Berater konnte nicht weiterhelfen.
Neue Verluste unterliegen Teilfreistellungen, alte Gewinne nicht
Das neue Recht sieht vor, dass bei Aktienfonds zunächst eine Teilfreistellung von 30 Prozent erfolgt und erst dann der übrig bleibende Betrag der Besteuerung unterworfen wird. Das gilt für Gewinne und Verluste. Für das Finanzamt zählt daher nicht der für Frau Weber maßgebliche Verlust von 701,88 Euro, sondern 30 Prozent weniger, also 491,29 Euro. Die Differenz zwischen bis Ende 2017 aufgelaufenem Gewinn (787,83 Euro) und anrechenbarem Verlust (491,29 Euro) liegt bei 296,54 Euro. Durch den Wechsel vom alten auf das neue System kommt es in diesem Fall also dazu, dass die Gewinne nicht einer Teilfreistellung unterliegen, die Verluste schon. Wenn man so will, ist das Problem, dass das Aktienjahr 2017 so gut gelaufen ist. Wäre am 31. Dezember 2017 bei dem fiktiven Verkauf kein Gewinn, sondern ein Verlust festgestellt worden, sähe die Rechnung nämlich anders aus. Der alte Verlust würde ebenso wenig der Teilfreistellung unterliegen wie der alte Gewinn und könnte in voller Höhe gegengerechnet werden.
Auch Fondsverschmelzung kann steuerliche Folgen haben
Manche Anleger müssen sogar Steuern zahlen, obwohl sie ihre Fonds unangetastet im Depot ließen. So hat die Fondsgesellschaft Amundi 2018 viele ihrer börsennotierten Indexfonds (ETF) von französischen in luxemburgische ETF umgewandelt. Steuerlich handelt es sich hierbei um einen Verkauf und Neukauf des Fonds, Anleger mussten also bisher aufgelaufene Kursgewinne versteuern (siehe Meldung Amundi wandelt Fonds um – das müssen Anleger beachten). Kleiner Trost: Werden die Fonds später einmal tatsächlich verkauft, ist dieser Teil an Steuern schon bezahlt.
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@MiWastill: Die steuerschädliche Fondsverschmelzung wird ja wie ein Verkauf und Kauf der Fondsanteile behandelt. Daraus folgt, dass für die Bestimmung des Wertzuwachses beim Verkauf der Anteile zum Beispiel in 30 Jahren der Kaufpreis zum Zeitpunkt der Fondsverschmelzung zu Grunde gelegt wird (und nicht der ursprüngliche Kaufpreis von vor der Verschmelzung).
Auf jeden Fall sollten Sie alle Unterlagen zum Fondskauf sowie die Unterlagen zur Besteuerung der Erträge aufbewahren. Zwar ist Ihre Banken dazu verpflichtet, die Anschaffungspreise zu speichern und beim Depotwechsel der neuen Bank mitzuteilen. Aber macht die Bank hier einen Fehler, sollten Sie sich nicht die Möglichkeit nehmen, dem Finanzamt anhand der Unterlagen nachzuweisen, welchen Anschaffungspreis Sie bezahlt haben und welche Erträge bereits versteuert wurden. (maa)
Hallo,
ich finde den Artikel gut. Um es einen Tick deutlicher zu machen, könnte man den ersten Satz im zweiten Absatz noch folgendermaßen anpassen: "Das neue Recht sieht ab 01.01.2018 vor, dass ..."
Darüber hinaus hätte ich folgende Frage zu "Fondsverschmelzungen":
Im Artikel heißt es "Werden die Fonds später einmal tatsächlich verkauft, ist dieser Teil an Steuern schon bezahlt."
Angenommen, dass ich die Fonds noch ca. 20 Jahre in meinem Depot halte und erst dann verkaufe, weiß dann die Finanzverwaltung noch, dass ich diesen Teil an Steuern schon gezahlt habe? Soweit ich weiß, werden Unterlagen zu einer Steuererklärung von der Finanzverwaltung nicht unbedingt länger als 10 Jahre aufbewahrt. Natürlich haben Daten im Zeitalter der Digitalisierung theoretisch kein Ablaufdatum mehr. Meines Wissens nach gab es zumindest bis Mitte Februar 2019 dazu aber noch keine interne Lösung seitens der Finanzverwaltung. Sollte ich dann besser selber die Informationen so lange vorhalten?